Interview: Vera Bergen
Bilder: Bildungs- und Kulturdepartement
Wissen Sie, welches Departement des Kantons Luzern sich an der Bahnhofstrasse 18 befindet? Der Eingang liegt etwas versteckt, beziehungsweise fällt er - ob all der Schönheit des Hauses - kaum auf. Hier befindet sich das Bildungs- und Kulturdepartement BKD. Was läuft hinter der schönen Fassade? Wer arbeitet dort? Hier geben wir einen Einblick hinter die Kulissen und stellen eine zentrale Abteilung des BKD vor. Beim Rechtsdienst laufen viele Fäden zusammen. Leiterin Judith Lischer gibt uns Einblick in die tägliche Arbeit von ihr und ihrem Team.

Judith Lischer, seit Mai 2021 leiten Sie den Rechtsdienst des Luzerner Bildungs- und Kulturdepartements BKD. Die Aufgaben von Ihnen und ihrem Team sind sehr vielfältig. Jedoch können sich Aussenstehende wohl kaum etwas unter Ihrer Stellenbeschreibung vorstellen. Könnten Sie einige Beispiele nennen, worin Ihre Arbeit besteht?
Eine wichtige Aufgabe unseres Rechtsdienstes ist das Beschwerdewesen. So können Eltern gegen die Anordnung einer Disziplinarmassnahme der Schule gegenüber ihrem Kind (z.B. eines befristeten Schulausschlusses), Beschwerde erheben. Oder für ein Kind wird die Einteilung in eine Sonderschule angeordnet, und die Eltern sind nicht einverstanden, dass ihr Kind separiert geschult wird. Auch gegen Entscheide einer Hochschule - zum Beispiel bei einer nicht bestandenen Prüfung, die zum Ausschluss von der Hochschule führt - kann bei uns Beschwerde erhoben werden. Viel abstrakter ist hingegen die Arbeit bei der Rechtsetzung. Ein aktuelles Beispiel ist die Schaffung der zwei neuen Fakultäten der Universität Luzern. Dazu war eine Änderung des Universitätsgesetzes notwendig und wir waren dafür zuständig, diese neuen Bestimmungen des Gesetzes auszuformulieren.
Die Aufgaben des BKD-Rechtsdienst
Der Rechtsdienst ist zentrale Anlaufstelle für alle Rechtsfragen des Bildungs- & Kulturdepartements. Zu den Aufgaben gehören unter anderem:
- Rechtliche Beratung & Unterstützung der Departementsleitung & der Dienststellen.
- Behandlung von Beschwerden im Zuständigkeitsbereich des Departements.
- Erarbeitung und Unterstützung von Rechtsetzungsprojekten (Reglemente, Verordnungen, Gesetze).
- Vorbereitung von Vernehmlassungsantworten.
- Beratung von kantonalen Schulen, Eltern und Lernenden.
Wenn Sie sich mit Beschwerdeführern und -führerinnen treffen, kommen Sie in Kontakt mit Menschen, mit dem «Aussen». Ist das oft der Fall?
Das Bildungsrecht ist «sehr nah am Menschen», es stehen Menschen dahinter, Lernende, deren Eltern, Studierende oder Lehrpersonen. Gerade im Beschwerdeverfahren muss man sich bewusst sein, dass bestimmte Entscheide, etwa die Anordnung einer separativen Sonderschulung für ein Kind oder einen Jugendlichen und dessen Eltern eine sehr einschneidende Massnahme darstellt.

Welche Ihrer Aufgaben nimmt am meisten Zeit in Anspruch?
Sehr aufwendig sind grössere Gesetzgebungsprojekte. Allerdings haben wir teilweise auch sehr komplexe Beschwerdefälle, umso mehr, als dass sich immer mehr Beschwerdeführende anwaltlich vertreten lassen. Bei sogenannten Laienbeschwerde führen wir in den meisten Fällen ein persönliches Gespräch mit den Beschwerdeführenden und erläutern mündlich die Rechtslage. So lassen sich die Verfahren oft ohne den Erlass eines formellen Entscheides erledigen. Hingegen sind bei Beschwerdeverfahren, in denen Anwältinnen oder Anwälte involviert sind, die Verfahren viel aufwendiger. Ich persönlich finde diese Tendenz des vermehrten Beizugs einer anwaltlichen Vertretung, vor allem im Bereich der Volksschule, etwa wenn es um Disziplinarmassnahmen oder Anfechtung von Noten geht, nicht gut, da es darauf hindeutet, dass ein gestörtes Vertrauensverhältnis zur Schule vorliegt, was für alle Beteiligten sehr belastend sein kann.
Was fasziniert Sie an dieser Arbeit?
Die Vielfältigkeit des Aufgabengebietes im Bereich Bildung und Kultur. Zudem reizt mich die Kombination von klassischen juristischen Tätigkeiten, also der Anwendung von juristischem Fachwissen und dem persönlichen Kontakt mit Menschen - sei es mit den Mitarbeitenden der Dienststellen, Schulen oder aber den Beschwerdeführenden, wo oft vernetztes Denken gefragt ist.
Bevor man eine neue Stelle antritt, macht man sich ja immer viel Gedanken. Was war das Überraschendste, das Sie im BKD angetroffen haben?
Ich habe mir meine Tätigkeit viel starrer und mit «langen Dienstwegen» vorgestellt. Ich war positiv überrascht, wie schnell und effizient viele Abläufe funktionieren und wie kooperativ und unkompliziert sowohl die interne Zusammenarbeit als auch die Kommunikation mit den anderen Departementen funktioniert.
Inwiefern gibt es repetitive Abläufe oder ähnelt im Bildungs- und Kulturbereich kein Fall dem anderen?
Es gibt viele repetitive Abläufe und Fristen, die in formellen Verfahren, sei es bei der Rechtsetzung oder bei Beschwerdeverfahren vorgegeben sind. Jedoch muss ich auch sagen, dass es immer wieder neue Rechtsfragen gibt, die einer vertieften Abklärung bedürfen und auf die wir nicht immer eine klare und eindeutige Antwort finden. Man muss sich immer wieder im Klaren sein, dass Gesetze nicht jede mögliche Konstellation voraussehen und entsprechend eine Regelung enthalten.

Welche Themen beschäftigten Sie 2022 zusätzlich?
Es gab ausserordentlich viele Beschwerdefälle in diesem Jahr. Ausserdem hat uns Covid bis zum Frühling stark beansprucht. Sowohl bei Beschwerdeverfahren (etwa gegen die Maskentragepflicht) oder auch bei der Gesetzgebung. Kaum hatte der Bundesrat eine Verordnung geändert, mussten wir als Kanton nachziehen und umsetzen.
Inwiefern haben Sie dieses Jahr auch Absurdes oder Spezielles erlebt?
Dass ein Beschwerdeführer barfuss an ein Akteneinsichtsgespräch erscheint, oder ein Schulleiter seine Stellungnahme in einem Beschwerdeverfahren persönlich, verschwitzt von einer langen Velofahrt, vorbeibringt, ist speziell, zeigt aber auch, dass wir als sehr nahbar wahrgenommen werden.
Die Luzernerin Judith Lischer (Jahrgang 1969) leitet seit 1. Mai 2021 den BKD-Rechtsdienst. Judith Lischer bringt breite Erfahrung als Juristin, aber auch im Bildungsbereich mit: Nach der Matura an der Kantonsschule Reussbühl studierte sie Rechtswissenschaften an der Universität Freiburg und war als Studentin als Stellvertreterin an Gemeindeschulen tätig. Ihr Berufsweg führte Judith Lischer nach dem Lizentiat für acht Jahre als Lehrerin für Wirtschaft und Recht sowie als Prorektorin an die Schweizerschule in Rom. Von 2009 bis 2012 arbeitete sie als juristische Mitarbeiterin im Volksschulamt des Kantons Zürich und in der Direktion des Innern im Kanton Zug.
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