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Swiss Sports History: Sport- und Schweizer Geschichte aus einer Hand

Das neue digitale Portal Swiss Sports History vermittelt Schulen aller Stufen einen lebendigen Zugang zur Schweizer Sportgeschichte. Dabei werden auch gesellschaftliche Themen aufgearbeitet. Ein Einblick in eine spannende (Sport-) Geschichtsstunde an der Kanti Musegg.

Montagnachmittag, kurz nach 15 Uhr in der Kantonsschule Musegg in Luzern: Lehrer Jörg Portmann begrüsst die Schülerinnen und Schüler zum Ergänzungsfach Sport. Zu dieser relativ späten Schulstunde haben Kantonsschüler üblicherweise schon Tonnen von Fakten aufgesaugt und haben weniger Lust, noch mehr Schulstoff zu verarbeiten. Die Schülerinnen und Schüler wirken jedoch präsent und sind während der Lektion sehr diskutierfreudig. Wie das? Es wird Schweizer Sportgeschichte behandelt und diskutiert!

Swiss Sports History
Eishockey um 1920 in St. Moritz - beliebt bei englischen Touristen und auch bei Frauen

Wenn man ‘Sportgeschichte’ liest und hört, denkt man vielleicht spontan an Ereignisse wie den ersten Sieg Roger Federers 2003 in Wimbledon oder den Medaillenregen des Schweizer Skiteams

an der Weltmeisterschaft von 1987 in Crans-Montana. Geschichte(n) also, die regelmässig in den Medien erinnert, gefeiert oder gar mystifiziert werden.

 

Sportgeschichte bietet aber mehr als grosse Siege und bittere Niederlagen: Wussten Sie zum Beispiel, dass bis 1970 Frauen in der Schweiz für eine eigene Fussballliga kämpfen mussten? Oder: Welche Widerstände erlebte die erste Generation Schweizer Snowboarder? Warum ist Homosexualität insbesondere im Sport ein Tabuthema? Sportgeschichte bildet immer gesellschaftliche Einstellungen in Bezug auf Geschlecht, Herkunft und soziale Schicht ab. Sportgeschichte ist also ein ideales Vehikel, um solche gesellschaftlichen Vorstellungen zu diskutieren.

Kulturelles Sporterbe erhalten

Das neue digitale Portal Swiss Sports History vermittelt an Schulen jeglicher Stufen und Leistungsniveaus solche Sportgeschichte(n). Das Portal steht unter Federführung der  Universitäten Luzern und Zürich und arbeitet mit der Pädagogischen Hochschule Luzern zusammen. Nebst der Vermittlung setzt sich das Portal auch für die Bewahrung, Erforschung und Vernetzung der Schweizer Sportgeschichte ein. Kurzum: Das kulturelle Erbe des Schweizer Sports soll erhalten bleiben, denn obwohl der Sport in der Schweiz einen wichtigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Faktor darstellt, wurde dessen Geschichte bis anhin eher stiefmütterlich behandelt. 

 

Für Schulen bietet Swiss Sports History vorgefertigte Lektionen an: Diese beinhalten einen Oral-History-Teil, der aus einem Schulbesuch oder einem Videointerviews einer ausgewählten Zeitzeugin oder eines ausgewählten Zeitzeugen besteht. Zusätzlich werden digitale Aufgabensets und Factsheets geliefert, welche die Lehrperson und die Klasse zur Vorbereitung oder während einer Lektion nutzen können.

Frauenfussball und Migrationshintergrund

Lehrer Jörg Portmann hat sich für die Arbeit mit Videointerviews und Factsheets entschieden: In den Videos erzählt Fussballpionierin Ursula Moser, wie sie Ende der 1960er-Jahre mit Kolleginnen zusammen den Damenfussballclub Zürich gründete und sich von vielen Männern blöde Sprüche anhören musste. Teilweise seien gar ältere Herren zu den Spielen gekommen, «um sich das Spektakel mal anzuschauen».

 

Im zweiten Video berichtet Leichtathletik-Europameister Kariem Hussein von seinen Erlebnissen. Als Sohn eines Ägypters und einer Schweizerin erlebte er trotz Migrationshintergrund keine Hindernisse in seiner Sportlerkarriere, höchstens am Zoll werde er hin und wieder argwöhnisch begutachtet. Hussein erlebte den Sport positiv, im Sinne eines wichtigen Integrationsfaktors.

Swiss Sports History
Die Musegg-Kantiklasse schaut sich das Videointerview mit Kariem Hussein an

Interview mit Ursula Moser im Schweizer Fernsehen im Jahre 1968. Der Reporter sorgt sich väterlich um die fussballspielenden Mädchen.

Ausschnitt aus dem Videointerview mit Kariem Hussein


Es waren diese persönlichen Geschichten, welche Jörg Portmann überzeugt haben: «Mit dem Angebot von Swiss Sports History kann ich abstrakte Themen wie Gleichberechtigung oder Fairness im Sport viel besser an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler heranbringen. Vor der Lektion mit den Videos habe ich die Geschichte der Olympischen Spiele behandelt, für die Schülerinnen und Schüler war dieses Thema aber eher zu abstrakt, weil hier die Personalisierung nicht im Zentrum stand.»

 

Die Personalisierung und der Gegenwartsbezug wurden auch von den Schülerinnen und Schülern in der anschliessenden Feedbackrunde als positiv eingeschätzt. Dies sei eine gute Ergänzung zum regulären und manchmal textlastigen Geschichtsunterricht. Einige erwähnten auch, wie Sportgeschichte geradezu auffordere, selber aktiv zu werden und die positiven Kräfte des Sports für Gleichberechtigung und Integration zu nutzen.

Ideale Brücke in die Gegenwart

Eine Brücke von der Vergangenheit zur Gegenwart zu schlagen, stellt eine der anspruchsvollsten Künste im Vermitteln von Geschichte dar – Sportgeschichte scheint dafür ein ideales Vehikel zu sein. Mit der erwähnten Personalisierung sollte man es zwar grundsätzlich nicht übertreiben, allzu lange war Geschichtsunterricht eine Geschichte der ‘grossen Männer’. Die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen von Swiss Sports History machen jedoch ‘Geschichte von unten’, erzählen Geschichten aus dem Alltag, wie sie die ‘kleinen Leute’ jeden Tag erleb(t)en. Erlebnisse, die den Schülerinnen und Schüler der Kanti Musegg hoffentlich für immer bleiben werden.

Swiss Sports History
Skifahren anno dazumal - ein Stück Schweizer (Sport-)Identität: Einheimische Skifahrer bei Punt Muragl 1903, Bild: Sportmuseum Schweiz

Link zum Portal Swiss Sports History

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