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10 Tipps für gendersensiblen MINT-Unterricht

2017 und 2019 fanden zwei kantonale Weiterbildungen in MINT-Förderung für Lehrpersonen statt. Unter den Begleitunterlagen befindet sich auch eine Handreichung mit zehn praktischen Tipps für Lehrerinnen und Lehrer, die an einem geschlechtergerechten Fachunterricht interessiert sind.

10 Tipps für einen gendergerechten MINT-Unterricht
10 Tipps für einen guten MINT-Unterricht für Mädchen und Jungen. Download am Ende des Beitrags (Herausgeberin: Dienststelle Gymnasialbildung, Kanton Luzern, März 2019)

1.  Männer und Frauen ansprechen: Um wirklich alle

Lernenden gleichermassen anzusprechen und keine Stereotypen zu zementieren, verwenden Lehrpersonen  sowohl mündlich als auch schriftlich die männliche und weibliche Form und verzichten bewusst auf das generische Maskulinum. Denn unser Gehirn arbeitet sehr präzise und bildet bspw. beim Begriff «Informatiker» männliche Informatiker ab, ausser wir ergänzen die weiblichen Informatikerinnen mittels aktiver Denkarbeit.

 

2. Fachsprache gezielt einsetzen: Um den Eindruck, MINT-Fächer seien lediglich etwas für Hochbegabte, bewusst zu vermeiden, um damit insbesondere Mädchen nicht abzuschrecken, kann im Unterricht vermehrt Alltags- von Fachsprache bewusst unterschieden werden. Schülerinnen und Schüler bekommen ein Gespür für die Anwendung von Fachsprache und gehen präziser damit um.

 

3. Auf die Bildsprache kommt es an: Bilder fallen uns als Erstes ins Auge und bleiben besonders gut in Erinnerung. Zudem erwecken sie den Eindruck, die Realität zu zeigen und transportieren deshalb auch auf besondere Weise Stereotype.

Deshalb sollen die für den Unterricht gewählten Bilder Frauen und Männer gleichermassen, gleichwertig und in vergleichbarer Position zeigen. Denn Naturwissenschaftler sind nicht zwingend nur männlich und Frauen nicht dafür da, das Reagenzglas dem Chemiker zu reichen - also nur in der Rolle der Assistenz gezeigt zu werden. Geschlechtsstereotype Bilder in Lehrmitteln sind wann immer passend zu diskutieren.

Nicht zuletzt darauf achten, nicht nur reine Technikbilder - Anlagen, Fabrikgebäude oder technische Einrichtungen - zu zeigen, sondern Technik im Kontext des Alltags und als Lösung für gesellschaftliche Probleme abzubilden.

 

4. Vielfältige Rollenvorbilder anbieten: Es ist notwendig, Frauen in den MINT-Fächern sichtbar zu machen und zu würdigen. Nur so haben Schülerinnen Rollenvorbilder, mit denen sie sich identifizieren können. Hierzu können bspw. erfolgreiche Studentinnen, Forscherinnen und Unternehmerinnern portraitiert werden. Je näher diese den Schülerinnen sind, desto mehr taugen sie zum Vorbild.

 

5. Schülerinnen und Schülern gleichermassen Raum bieten: Lehrpersonen tun gut daran, Mädchen und Jungen im Unterricht verbal und nonverbal dieselbe Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und ihnen bei Wortmeldungen ähnlich viel Raum zu geben. Denn gemäss Studien interagieren Lehrpersonen häufiger und länger mit Schülern als mit Schülerinnen.

6. Mit positiven Erwartungen anspornen: Lehrpersonen, die allen Lernenden gute Leistungen zutrauen und an beide Geschlechter gleich hohe Erwartungen stellen, haben nachweislich einen guten Effekt auf die Motivation in der Klasse. Diese positive Erwartungshaltung bewirkt, dass sich die Schülerinnen und Schüler unbewusst dem Bild anpassen, welches sich die Lehrpersonen von ihnen macht. Eine positive Erwartungshaltung zeigt sich im Unterricht in ermutigenden Rückmeldungen, Aufmerksamkeit, einem angenehmen Unterrichtsklima und angemessenen Prüfungen und Noten.

 

7. Mit Feedback motivieren: Authentische ermutigende Rückmeldungen und Lob haben nachweislich einen positiven Effekt auf Interesse, Motivation und Leistung der Lernenden. Damit Rückmeldungen motivierend sind, sollten gute Leistungen vor allem auf Begabung und Intelligenz zurückgeführt werden, und nicht etwa rein auf Fleiss oder Glück.

 

8. Positives Lernklima schaffen: Ein lernförderliches Unterrichtsklima, das sich durch Respekt, Gerechtigkeit und Fürsorge auszeichnet, ist zentrales Kennzeichen eines guten Unterrichts generell und eines gendergerechten Unterrichts spezifisch. Dazu gehört auch, Fehler als Lernmöglichkeit anstatt als Scheitern zu betrachten und eine kooperative, wohlwollende Lernumgebung zu schaffen.

 

9. Vielfältig prüfen und fair bewerten: Gelten Prüfungen und deren Bewertung für Schülerinnen und Schüler als transparent, nachvollziehbar und fair, erhöht dies das Vertrauen in die eigene Begabung und wirkt sich so positiv auf die Leistungen aus. Nebst schriftlichen Prüfungen wird empfohlen auch Arbeiten, Protokolle, Lerntagebücher und Präsentationen zu bewerten sowie  Leistungen auch in mündlicher Form zu prüfen. Unterschiedliche Beurteilungsformen kommen so den vielfältigen Kompetenzen der Lernenden entgegen.

 

10. Unterricht variieren und einbetten: Methodenvielfalt und das Einsetzen unterschiedlicher Unterrichtstechniken, Sozialformen und Medien wird den Interessen und Lerntypen von Mädchen und Jungen gerecht. Dabei ist wichtig, über das Aneignen von Fakten hinaus auch die Anwendung und sozialen Auswirkungen eines MINT-Themas zu beleuchten. Gemäss Studien ist es insbesondere für Mädchen zentral, Lerninhalte in grössere Zusammenhänge einzubetten und deren Zweck zu klären. Überdies legt die Forschung nahe, gelegentlich monoedukative Unterrichtssequenzen zu erproben. Wenn Mädchen unter sich lernen, steigen Motivation, Leistung und Selbstvertrauen.

 

Mehr zu MINT & Gender auf der Website der Luzerner Gymnasialbildung

Guter MINT-Unterricht: 10 Tipps (PDF)

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