Text: Kulturförderung Luzern
Vier Autorinnen und ein Autor haben für ihre noch unveröffentlichten Texte die Ehrung der Zentralschweizer Literaturförderung 2019/2020 und Preisgelder in Höhe von 50 000 Franken erhalten. Alle Preisträger sind auf einer bevorstehenden Lesetourne durch die Zentralschweiz zu sehen.
An der elften Ausgabe der Zentralschweizer Literaturförderung hat die Jury unter den 52 anonym eingegangenen Text fünf ausgezeichnet. Je 15 000 Franken erhalten Theres Roth-Hunkeler (Baar) und Mariann Bühler (Basel/früher LU); mit einem Werkbeitrag von 7 500 Franken werden die Texte von Heinz Stalder (Kriens) und Karin Mairitsch (Luzern) gefördert, Dolores Linggi (Goldau) wird mit 5000 Franken ausgezeichnet. Zudem organisiert das Literaturhaus der Zentralschweiz für die Preisträgerinnen und den Preisträger eine Lesetourne durch die Zentralschweiz.
Die Literaturförderung wird alle zwei Jahre von den sechs Zentralschweizer Kantonen gemeinsam ausgezeichnet. Die Preisfeier findet im April/Mai 2020 statt. Eine Lesetournee der Ausgezeichneten wird im Herbst 2020 im Literaturhaus Zentralschweiz «Lit.z» Stans durchgeführt.
Mariann Bühler: «Romanprojekt»
Mariann Bühler (geb. 1982, wohnhaft in Basel, früher Malters) beschreibt in ihrem Romanprojekt drei Figuren im Umbruch. Alois, Doro und Elisabeth haben eines gemeinsam: sie stehen alle vor einem Neuanfang in ihrem Leben. Alois bricht aus dem getakteten Alltag eines Bauernhofes aus, er weiss nicht, wohin ihn die Auszeit führen wird. Doro sucht Zuflucht im Ferienhaus ihrer Familie und Elisabeth muss ihre Rolle als Bäckersfrau nach dem Tod ihres Ehemannes neu überlegen. Es geht um drei Menschen, deren Geschichten geprägt sind von den Fragen des Woher und Wohin und deren Wege sich kurz und wie zufällig überschneiden. Die Autorin überzeugt durch ihre prägnante, knappe aber sehr sorgfältige Sprache und durch einen Erzählstil, der klare Bilder entstehen lässt, so die Jury in der Medienmitteilung über die Preisvergabe.
Heinz Stalder: «Uno Due Tre»
Im Text «Uno Due Tre» von Heinz Stalder (geb. 1939, wohnhaft in Kriens) betreten Leser und Leserin mit den Kinderaugen eines Knaben unter der Küchenbank eine faktisch längst vergangene Welt der 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts. Der Leser blickt in eine rüde, ländliche Welt, geprägt von seelischer Engnis, unbefriedigten Glücksvorstellungen und der Flucht in manisches, rückwärtsgewandtes Erzählen von längst Vergangenem.
Mit erfahrenem Handwerk und plastischer sprachlicher Prägnanz zeichnet der Autor wortgewaltig das berührende Porträt eines Bauernehepaars, das zwischen zwanghafter gegenseitiger Kränkung, gewalttätigem Verletzen der Hoftiere und schwadronierendem Fabulieren des Bauern ausweglos durch die Nöte des kargen Alltags stolpert. Einzig in seiner ungebremsten, wiederkehrenden und idealisierenden Suada auf seinen Vater, der bei der Bourbaki-Internierung dabei gewesen sein soll, scheint der seelisch verletzte Bauer etwas von der Grösse zu finden, die er weder geistig noch erotisch seiner ihn geringschätzenden Frau bieten kann. Eine kantige und bildhafte Sprache, die sich nicht scheut, die über die Zeit hinausweisenden menschlichen Abgründe zu benennen, macht diesen Text in seiner gestalterischen Verdichtung zu einem beeindruckenden sprachlichen Werk, urteilt die Jury.
Karin Mairitsch: «Schweiz-weh»
Karin Mairitsch (geb. 1968, wohnhaft in Luzern) erzählt uns in ihrem Manuskript «Schweiz-weh» die Geschichte von fünf Menschen, deren Leben geheimnisvoll miteinander verwoben sind und deren geschlechtliche und nationale Identität ins Wanken gerät. Da ist der Österreicher Jonathan, der sich von der Schweizerin Hélène getrennt hat, und da gibt es einen Toten am Strand, dessen Identität sich als Deutscharmenier herausstellt und der mit Jonathan in Verbindung gebracht wird. Mairitschs Manuskript ist dicht und mit gekonnten dramatischen Vor- und Rückgriffen geschrieben.
Wettbewerb und Jury
Alle zwei Jahre schreiben die sechs Kantone der Zentralschweiz einen gemeinsamen Literaturwettbewerb aus. Die Vergabe von Förderbeiträgen fand 2019/2020 zum elften Mal statt.
Die Ausschreibung richtet sich an Autorinnen und Autoren, die deutschsprachige Texte aus erster Hand schreiben; die Texte müssen zum Zeitpunkt des Juryentscheides noch unveröffentlicht sein. Für Theatertexte gilt eine eigenständige Ausschreibung, die alle vier Jahre ausgetragen wird. Im Frühjahr 2020 findet sie wieder statt (weitere Infos unter Kultur Luzern>Ausschreibungen>Theatertextförderung)
Der Jury der Zentralschweizer Literaturförderung 2019/2020 gehören an Judith Kaufmann (Leiterin Jury und Verlegerin), Martin R. Dean (Autor), Daniela Koch (Verlegerin), Hanspeter Müller-Drossaart (Autor/Schauspieler) und Britta Spichiger (Fachredaktion Literatur SRF).
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