Interview: Vera Bergen
Nach 21 Jahren steht Dr. Karin Pauleweit, Leiterin der Dienststelle Hochschulbildung und Kultur, vor ihrem letzten Arbeitstag beim Kanton Luzern. Während ihrer Zeit beim Bildungs- und Kulturdepartement war sie unter anderem beim Aufbau der Universität Luzern, der Gründung der Pädagogischen Hochschule Luzern oder bei der Unterschutzstellung und Sanierung der Zentral- und Hochschulbibliothek mit dabei. Kurz vor der Pension gibt sie einen seltenen Einblick in ihre Tätigkeit beim Kanton Luzern.
Karin Pauleweit, Sie sind kurz vor der Jahrtausendwende aus Berlin in die Schweiz gekommen. Wie haben Sie die Anfangszeit in Erinnerung?
Aus Berlin bin ich 1999 zunächst an die ETH Zürich gegangen und habe dort als Abteilungsleiterin in der ETH-Bibliothek gearbeitet. Mein erstes Erlebnis, das mir geblieben ist, war eine Sitzung, in der ich Protokoll führen musste. Ein junger Kollege aus Bern hat im tiefsten Berndeutsch eine Präsentation gemacht – und ich habe rein gar nichts verstanden. Das Protokoll habe ich mir dann aus dem Kontext zusammengereimt. Irgendwie hat es geklappt. Als ich 2002 nach Luzern zum BKD kam, war das dann schon längst kein Problem mehr. Und die Hellebarden, vor denen mich die Zürcher Kollegen eindringlich gewarnt hatten, haben die Zentralschweizer zum Glück auch nicht aus dem Schrank geholt.
Sie haben 21 Jahre für den Kanton Luzern gearbeitet. Das spricht für den Kanton als Arbeitgeber. Inwiefern ist diese Aussage zutreffend?
Geplant waren die 20 Jahre natürlich nicht. Aber was mich gleich für den Kanton Luzern eingenommen hat, war die Dynamik, die ich hier spürte. Es gab so viele Projekte, soviel Entwicklung! Es wurde einfach nie langweilig. Natürlich gab es auch schwierige Zeiten, aber da war auch die gute Stimmung im BKD und wirklich nette Kolleginnen und Kollegen – da hatte ich vorher schon ganz Anderes erlebt. Und was ich auch noch schätze, ist, dass es hier weniger hierarchisch-formell zugeht. Die Wege sind kurz, die Kontakte unkompliziert.
«Geplant waren die 20 Jahre natürlich nicht. Aber was mich gleich für den Kanton Luzern eingenommen hat, war die Dynamik, die ich hier spürte».
Während 15 Jahren haben Sie die Dienststelle Hochschulbildung und Kultur DHK geleitet. Welche Veränderungen - von denen es in dieser Zeit viele gab - waren für Sie besonders prägend?
Ich habe ja zuerst «nur» den Bereich Hochschulen geleitet, welche mit ihrer stürmischen Entwicklung schon mal sehr spannend waren. Die Kultur kam dann später dazu. Das hat mir zusätzliche Themen und Herausforderungen gebracht, was ich als grossen Gewinn empfunden habe. Und nicht vergessen möchte ich den Kultusbereich, der zwar vom Aufwand her nicht sehr gross ist, den ich aber aus gesellschaftlicher und kultureller Perspektive sehr wichtig finde und der mir einige sehr bereichernde Kontakte ermöglicht hat.
Sie haben viele grosse Projekte miterlebt. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Das neue Gebäude für Universität und Pädagogische Hochschule Luzern, neue Fakultäten an der Uni, der aktuell entstehende neue Campus für die Hochschule Luzern HSLU und die Pädagogische Hochschule in Horw, die kooperative Speicherbibliothek, die Sanierung Zentral- und Hochschulbibliothek, Sparmassnahmen an den Museen... Welche Projekte machen Sie rückblickend besonders stolz?
Es war und ist eine grosse Freude, dass das ZHB-Gebäude heute so schön saniert im Sempacherpark steht. Und ein bisschen stolz bin ich auch, wenn ich in Büron die Speicherbibliothek besuche. Sie ist bis heute ein Vorzeigeprojekt, das auch international beachtet wird. Bei der Universität finde ich es besonders spannend, dass es gelungen ist, den Joint Master Medizin zusammen mit Zürich aufzubauen. Ich weiss noch, dass ich damals in der Projektphase zu einer Untersuchung beim Arzt war, der sich vor lauter Begeisterung für das Projekt beinahe nicht für meine Untersuchung interessierte. Und schwierig, aber letztlich erfolgreich war auch die Auflösung des PHZ-Konkordats. Wenn ich heute sehe, wie gut die PH Luzern unterwegs ist, hat sich dieser heikle Schritt gelohnt.
«Beim Aufbau des Joint Masters Medizin an der Universität Luzern war ich zu einer Untersuchung beim Arzt, der sich vor lauter Begeisterung für das Projekt beinahe nicht für meine Untersuchung interessierte».
Welche Projekte würden Sie rückblickend gerne anders machen?
Das Museumsprojekt hat sich über lange Zeit hingezogen und sich dabei immer wieder im Zickzack bewegt. Da hätte ich mir rückblickend gewünscht, dass die Phase der Unsicherheit vor allem für das Museumsteam nicht so lange dauert. Aber nun sind wir an einem guten Punkt. Der Zusammenschluss wird immer mehr sichtbar und das neue Konzept hat viel Potential. Fehlt nur noch die Klarheit über den definitiven Standort.
Die Leitungsposition bei der DHK umfasst ein breites Spektrum – von Archäologie über die ZHB bis zu den Hochschulen. Was haben Sie während Ihrer Tätigkeit alles gelernt?
Unglaublich viel. Ich komme ursprünglich aus dem Bibliothekswesen und von den Hochschulen. Sehr bereichernd fand ich zum Beispiel die fachlichen und formalen Einblicke in die Denkmalpflege und die Archäologie. Auch im Kultusbereich habe ich – vor allem über die historischen Hintergründe – vieles gelernt. Und die Kulturförderung und der Museumsbereich öffnen nochmal ihre ganz eigenen fachlichen Welten. Es ist sehr bereichernd, mit all den Fachexperten zusammen Probleme zu lösen und Projekte voran zu bringen.
Sie leben in Zürich, pendeln jeden Tag nach Luzern. Wie erleben Sie aus «Zürcher Sicht» persönlich die Kulturstadt Luzern?
Zürich war für mich in den letzten 20 Jahren eigentlich nur «Schlafstadt». Meine kulturellen Aktivitäten habe ich vor allem in Luzern ausgelebt. Ich erlebe Luzern im Vergleich viel lebensfroher, bodenständiger und «barocker» als Zürich, das doch steriler und yuppie-hafter daherkommt.
Sie gehörten lange Zeit zu den prozentual gesehen wenigen Frauen in Führungsposition. Warum lohnt es sich, den Frauenanteil zu erhöhen?
Weil divers zusammengesetzte Gruppen nun mal erwiesenermassen bessere Ergebnisse bringen. Und irgendwie verbessert sich auch die Stimmung. Und überhaupt sollte das doch heute ganz normal sein.
Die DHK wird auf den Zeitpunkt Ihrer Pensionierung umstrukturiert in die Dienststelle Kultur und die Fachstelle Hochschulbildung. Was verspricht man sich von dieser neuen Gliederung?
Eigentlich dürfen Sie das nicht mich fragen. Ich denke aber, es geht vor allem um eine erleichterte Fokussierung der Themen.
Das bietet dann auch Potential für die Organisation und die strategische Entwicklung der neuen Dienststelle Kultur.
Was für Tipps geben Sie Ihrem Nachfolger Marco Castellaneta (Kultur) und Ihrer Nachfolgerin Regula Bürgi (Hochschulen) mit auf den Weg?
Ich werde jetzt nicht in Oberlehrer-Manier gut gemeinte Tipps geben – ich wünsche beiden viel Erfolg und hoffe, sie geniessen die spannenden Themen und die Zusammenarbeit mit all den engagierten Kolleginnen und Kollegen.
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