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Dayana Pfammatter: Pionierin der Jodelszene

Interview: Vera Bergen / Bilder: Dayana Pfammatter Gurten

Seit sechs Jahren bietet die Hochschule Luzern Musik am Institut für Volksmusik ein Studium mit Hauptfach Jodeln an. Dayana Pfammatter Gurten hat als schweizweit erste den besonderen Studiengang mit dem Master of Arts in Instrumental- und Vokalpädagogik im Hauptfach Jodeln abgeschlossen. Die Walliserin über die Popularität des Jodelns, den Walliser Jutz und das Jodeln in Jeans.


Für eilige Leserinnen und Leser: 

  • Dayana Pfammatter Gurten ist die erste Schweizerin mit einem Master-Diplom im Jodeln.
  • Ihr Studium an der Hochschule Luzern Musik bestand aus dem Bachelor of Arts in Music, Profil Klassik, Schwerpunkt Volksmusik mit dem Hauptfach Jodeln sowie einem Master in Musikpädagogik im Hauptfach Jodeln. 
  • Inzwischen gibt die Walliserin selbst Unterricht: privat, in Chören und an Musikschulen.

Dayana Pfammatter Gurten, Sie haben als erste Schweizerin einen Master of Arts in Musikpädagogik mit Hauptfach Jodeln abgeschlossen. Herzliche Gratulation. Wie fühlt es sich an, Pionierin zu sein?  

Es ist ein gutes und schönes Gefühl Pionierin sein zu dürfen. Dennoch ist es auch ein Zufall, dass ich die Erste bin, welche das Privileg hatte ein Musikstudium mit dem Hauptfach Jodeln zu absolvieren. Es ist ein Musikstudium wie das eines Pianisten oder einer SaxophonistinStatt Piano oder Saxofon zu spielen, jodle ich einfach lieber. 

Sie kommen aus einer jodelbegeisterten Familie in Mund VS. Inwiefern wurde Ihnen Ihre Leidenschaft fürs Jodeln schon ins Baby-Bett gelegt?

Ich denke, dass ich meine Leidenschaft schon dank meiner Familie gefunden habe. Die Eltern, Verwandten oder das Umfeld in unserem Dorf haben mich stark geprägt. Am Jodeln faszinieren mich die Vielseitigkeit und Flexibilität bei der Anwendung der Registerwechsel zwischen Brust- und Kopfstimme. Es ist eine besonders archaische, geerdete Singweise, um meine Stimme zum Ausdruck zu bringen.

 

In der Schweiz jodeln laut lebendige-traditionen.ch etwa 20`000 Menschen. Für die meisten ist es ein Hobby. Wieso wollten Sie das Jodeln zum Beruf machen?

Meine Absicht war es nicht «nur» das Jodeln zum Beruf zu machen. Bei diesem einzigartigen Studiengang an der HSLU Musik wollte ich das Diplom zur Musikpädagogin anstreben. Schon zu Beginn des Studiums war es für mich klar, dass ich nach den drei Jahren Bachelor und dem Aneignen von fundiertem Musikwissen einen Master in Musikpädagogik absolvieren möchte, damit ich mit meinem Diplom an Musikschulen unterrichten kann.  

Als Musikpädagogin unterricht Dayana Pfammatter Gurten an Musikschulen.
Als Musikpädagogin unterricht Dayana Pfammatter Gurten unter anderem an der Allgemeinen Musikschule Oberwallis.

Wie muss man sich das Jodeln als Beruf vorstellen?

Als Musikpädagogin gebe ich Unterricht an Musikschulen. In meinem eigenen kleinen Geschäft Klangwärch biete ich Privatlektionen an für Einzelpersonen oder Gruppenunterricht. Zu meinem Berufsleben gehören auch immer wieder Konzerte, Projekte oder kleine Auftritte dazu. Ich gebe sehr gerne Jodelworkshop oder biete speziell Kurse beispielsweise in Kombination mit der Stimme, dem Körper und dem Atem an. Ein Jodeln im Einklang mit der Walliser Bergwelt oder Kurse mit der Kombination von Yoga und Jodeln dürfen auch nicht fehlen. 

 

Seit ihrem Master-Abschluss arbeitet Dayana Pfammatter Gurten als Musikpädagogin, Jodelchorleiterin, Kursleiterin für Jodelstimmbildung oder Jodelworkshops und als Atem-Tonus-Ton Lehrperson.
Seit ihrem Master-Abschluss arbeitet Dayana Pfammatter Gurten als Musikpädagogin, Jodelchorleiterin, Kursleiterin für Jodelstimmbildung oder Jodelworkshops und als Atem-Tonus-Ton Lehrperson.

Sie unterrichten an einer Musikschule und geben Jodel-Workshops:  Was für Tipps geben Sie Menschen, die mit dem Jodeln beginnen wollen?

Sie sollen einfach Freude und Neugier am Jodeln mitbringen. Es ist eine Entdeckungsreise für die Stimme. Menschen, welche bereits einen Zugang zum Singen haben, sind sicher im Vorteil. Doch ich mache immer wieder die schöne Erfahrung, dass auch Menschen, welchen der Zugang zur Singstimme schwieriger fällt, mit dem Jodeln einiges entdecken und aus sich herausholen können. 

 

Es gibt Unterschiede zwischen den «Jutz», je nachdem aus welcher Region der Jodler oder die Jodlerin kommt. Was macht den «Walliser Jutz» aus?

 

Der Walliser Naturjütz widerspiegelt durch die grösseren Intervalle die vielen 4000er Berge in seiner Naturjodelmelodie. Doch leider hat der Naturjodel im Wallis keine bestehende Tradition, wie sie in anderen Kantonen der Schweiz gelebt und seit Jahren weitergegeben wird. 

Noch in den 1990er-Jahren war der Aufschrei in der Volksmusikszene gross, als Christine Lauterburg ihren Jodel mit technoiden Klängen mischte. Inwiefern hat sich das verändert?

Ich denke, dass auch die zeitgenössische Volksmusik in unserer Kultur einen grossen Platz einnimmt und in der heutigen Zeit für weniger Aufschrei sorgt als in den 1990er Jahren. In 30 Jahren sieht dies wieder anders aus… die Musik verändert sich mit der Zeit.

 

Inwiefern werden heutzutage in der Jodelszene auch moderne Formen / Vermischungen von Jodeln und anderen Musikgenres akzeptiert?

Ich denke, dass die Leute in der heutigen Zeit für solche Vermischungen und neuere Formen generell offener geworden sind. Jeder Mensch muss sich da seine eigene Meinung bilden und spüren, wofür sein Herz schlägt oder was ihm gefällt oder eben nicht. Geschmäcker sind bekanntlich sehr verschieden und das ist auch gut so. Mein Herz schlägt für den traditionellen Jodel- und Naturjodelgesang.

 

Ist Jodeln (noch) zeitgemäss?

Jodeln ist sehr aktuell und boomt. Vielleicht hat es etwas mit unserer schnelllebigen und hektischen Zeit zu tun. Die Leute kommen gerne zu den Wurzeln, zur Ruhe oder zu sich selbst zurück. Mit den erdigen obertonreichen Klängen und der Naturverbundenheit des Jodelgesangs trifft man, meiner Meinung nach, den Nerv der Zeit. 

Dayana Pfammatter Gurten jodelt seit ihrer Kindheit. Vor der Ausbildung an der Hochschule Luzern Musik hat sie Pharma-Assistentin gelernt.
Dayana Pfammatter Gurten jodelt seit ihrer Kindheit. Vor der Ausbildung an der Hochschule Luzern Musik arbeitete sie als Pharma-Assistentin.

Wie wichtig ist die Tracht im Zusammenhang mit Jodeln, oder anders gefragt, kann man auch in Jeans jodeln?

Wenn man als Verbandsmitglied an einem Jodlerfest auftritt, ist es Ehrensache und Stolz die Tracht tragen zu dürfen. Die Tracht verrät meine Herkunft. Als stolze Walliserin trage ich sehr gerne meine Walliser Sonntagstracht. Wenn ich im Sommer auf der Alp jodle, jodle ich auch mit Wanderhosen, Jeanshosen oder im Pyjama. Das spielt eigentlich keine Rolle. Das Tenue wird jeweils dem Anlass angepasst.  



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