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«Wenn alle still sind, weil etwas Magisches passiert» – Die Kraft des Musicals «Wie im Himmel»

Text: Esther Bucher, Lehrperson für Musik und Medienbeauftragte der Kantonsschule Schüpfheim und Gabriela Mischkale, Blog-Redaktion

Bilder: Thomas Krähenbühl und Svenja Wigger, Video: Samuel Schnider

 

Der Verein Musical Plus präsentiert mit «Wie im Himmel» eine weitere Schweizer Premiere. Das Musical stellt das Publikum vor neue Erfahrungen. Und es fordert auch die jungen talentierten Schauspielerinnen und Musiker der Kantonsschule Schüpfheim/ Gymnasium Plus heraus. Regisseur Silvio Wey erklärt, warum dieses Stück eine besondere Herausforderung für die Jugendlichen darstellt.

Seit 2012 unterstützt Musical Plus junge Talente aus dem Entlebuch. Der Verein kooperiert eng mit der Kantonsschule Schüpfheim / Gymnasium Plus und ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, ihre Begabung unter professionellen Bedingungen weiterzuentwickeln und wertvolle Bühnenerfahrung zu sammeln. Mit ihrer siebten gemeinsamen Produktion «Wie im Himmel» präsentieren sie eine weitere Schweizer Premiere.

 

Die Produktion von Musical Plus «Wie im Himmer» basiert auf dem schwedischen Film «As it is in Heaven». Der Regisseur Silvio Wey, der bei allen bisherigen Musicals dabei war, beschreibt das Stück als die emotionalste Inszenierung bisher. Die Musical-Hall Moosmättli in Schüpfheim wurde eigens für diese Aufführung umgestaltet, um den Zuschauerinnen und Zuschauern ein besonderes Klang- und Bühnenerlebnis zu bieten. Die Premiere findet am 13. März statt, und aufgrund der grossen Nachfrage wird eine Zusatzvorstellung angeboten. Tickets: 2025: Wie im Himmel - Musical Plus

 

Emily Wigger an der Violine besucht die 3. Talentklasse Musik des Gymnasiums Plus in Schüpfheim.
Emily Wigger an der Violine besucht die 3. Talentklasse Musik des Gymnasiums Plus in Schüpfheim.

Eine besondere Rolle bei dieser Produktion spielt das Zusammenwirken von erfahrenen Musikstudenten des Zentralschweizer Jugendsinfonieorchesters und jungen Musiktalenten der Kantonsschule Schüpfheim / Gymnasiums Plus

 

Etwa 20 Musizierende aus dem Orchester besuchen das Gymnasium Plus. Emily Wigger, Konzertmeisterin und Schülerin der Talentklasse Musik des Gymnasiums Plus, beschreibt diese Zusammenarbeit als spannend und inspirierend. Erfahrene Musikerinnen und Musiker aus Jazz und Klassik arbeiten hier gemeinsam mit Nachwuchstalenten, was einen wertvollen Austausch ermöglicht. Die Zusammenarbeit hilft, die Fähigkeiten aller Beteiligten weiterzuentwickeln und ihre Leidenschaft zur Musik auf eine neue Ebene zu heben.

 

David Engel-Duss, Musiklehrer und musikalischer Leiter des Musicals, schätzt diese Zusammenarbeit sehr. Auch Esther Bucher, die den Chor einstudiert hat, ist intensiv in die Produktion involviert. Das Einstudieren des Chors bedeutet, dass sie die Sängerinnen und Sänger auf die Aufführung vorbereitet hat – von der musikalischen Probenarbeit über das Erlernen von Melodien und Harmonien bis hin zur Interpretation und emotionalen Gestaltung. Der Chor spielt in diesem Musical eine zentrale Rolle und trägt wesentlich zur emotionalen Wirkung des Stücks bei.

 

Rektor Thomas Berset betont die Bedeutung einer gezielten Talentförderung. «Gute Rahmenbedingungen helfen jungen Leuten. Pädagogische Angebote sowie eine klare Struktur fördern die Entwicklung und den Ausbau ihrer Talente». Auch die Kunst- und Design-Talente des Gymnasiums Plus sind beteiligt – unter der Leitung von Roger Schnyder gestalten sie Flyer, Programmheft und das Logo des Musicals.

Flurina Plattner, Gesang
Flurina Plattner hofft die starken Emotionen in der Rolle als Gabriella auch in anderen Rollen abrufen können.
Lino Tatz spielt die Hauptrolle des Dirigenten Daniel Daréus.
Lino Tatz spielt die Hauptrolle des Dirigenten Daniel Daréus. Bild: lenomusic.com

Für die beiden Gesangstalente Flurina Plattner und Lino Tatz ist die Arbeit am Musical ebenfalls ein prägendes Erlebnis. Flurina spielt Gabriella, eine Frau, die unter häuslicher Gewalt leidet und durch die Kraft der Musik den Mut findet, sich zu befreien. «Gabriella ist ruhig und liebenswürdig, hat aber viele Ängste. Der Chor gibt ihr die Kraft, ihren Mann zu verlassen», erklärt Flurina, die ihre Rolle mit viel Einfühlungsvermögen verkörpert.


Lino Tatz übernimmt die Hauptrolle des Dirigenten Daniel Daréus. «Die grösste Herausforderung ist für mich das Schauspiel selber. Die Emotionen muss ich in meiner Rolle zwar etwas unterdrücken, trotzdem aber sehr offen spielen». Für Lino ist das Musical eine musikalische Bereicherung und gleichzeitig eine wertvolle Erfahrung für seine eigenen Kompositionen.


Verein Musical Plus und Kantonsschule Schüpfheim / Gymnasium Plus

Seit 2012 bietet Musical Plus jungen Talenten aus dem Entlebuch und der Kantonsschule Schüpfheim Bühnen. Der Verein ist für semiprofessionelle Musicals bekannt. «Die Schöne und das Biest» (2012), «Cats» (2014), «West Side Story» (2016), «Hair» (2018), «Das Phantom der Oper» (2020) und «Made in Dagenham» (2023) waren ausverkauft und in den Medien.

 

2023 erhielt der Verein den Kulturpreis der Region Luzern West. Musical Plus und die Kanti arbeiten eng zusammen, obwohl der Verein unabhängig ist. Gemeinsam fördern sie Talente in Gesang, Tanz, Kunst und Literatur.


«Wie im Himmel» an der Kanti Schüpfheim: Silvio Wey gibt Einblicke in die Produktion

Der Verein Musical Plus schafft es erneut, eine Schweizer Erstaufführung im Entlebuch umzusetzen und thematisch auch gesellschaftsrelevante und sozialkritische Themen anzugehen. Silvio Wey, Ehemaliger der Kantonsschule Schüpfheim sowie ausgebildeter Musiker und Schauspieler, erzählt wie es zur Wahl gerade dieses Musicals gekommen ist. 

Silvio Wey hat die künstlerische Leitung für die siebente Musical-Produktion «Wie im Himmel»
Silvio Wey hat die künstlerische Leitung für die siebente Musical-Produktion «Wie im Himmel»

Wie kam die Entscheidung zustande gerade das Musical «Wie im Himmel» zu inszenieren?

Silvio Wey: Wir hatten das Glück, die Rechte für eine Erstaufführung in der Schweiz zu erhalten. Und wir sind immer auf der Suche nach Musicals, die möglichst viele Schülerinnen und Schüler einbinden, sie fordern und fördern. Wie im Himmel ist ein starkes Ensemble-Stück mit vielen Hauptrollen, das genau diese Möglichkeit bietet. 

Die Schülerinnen und Schüler sind sowohl solistisch als auch im Chorgesang sehr gefordert, denn das Stück ist musikalisch anspruchsvoll. Auch schauspielerisch verlangt es viel, da es eine Filmadaption ist und die Figuren sehr dreidimensional gezeichnet sind. Sie haben grosse emotionale Tiefe und erfordern viel Authentizität – genau das hat uns an diesem Stück besonders gereizt.

Zudem ist Wie im Himmel ein sehr symphonisches Werk, das ein grosses Orchester benötigt. Durch die Zusammenarbeit mit dem Zentralschweizer Jugendsinfonieorchester ist das für alle Beteiligten eine einmalige und grossartige Erfahrung.

2025 - Wie im Himmel - Dirigent David Engel-Duss leitet die Orchester-Probe im Südpol.
Dirigent David Engel-Duss leitet die Orchester-Probe im Südpol.

Welche Botschaften möchten Sie den darstellenden Schülerinnen und Schülern vermitteln? Haben Sie die Themen Selbstfindung bzw. Gemeinschaft besonders thematisiert?

Silvio Wey: Einerseits, unabhängig vom Stück, haben wir immer das Motto Team over Talent. Das heisst Teamwork steht bei uns im Mittelpunkt. Es geht nicht darum, welche Rolle jemand spielt – ob es eine grosse Hauptrolle, eine Ensemblerolle oder eine Position hinter den Kulissen ist. Entscheidend ist, dass alle zusammenarbeiten. Das ist unsere zentrale Philosophie und dass, was wir den Schülerinnen und Schülern im Arbeitsprozess vermitteln wollen: Es geht nur gemeinsam, wenn alle an einem Strang ziehen.

 

Gerade für Jugendliche, die im Alltag oft auf sich allein gestellt sind, sei es durch Prüfungen oder persönliche Herausforderungen, ist diese Erfahrung besonders wertvoll. In diesem Projekt können sie Teamarbeit in einer ganz besonderen Weise erleben – als etwas, das verbindet und eine grosse Wirkung hat. Das ist auf der Prozessebene ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit.

 

Die Themen Selbstfindung und Gemeinschaft ziehen sich auch durch die Handlung des Stücks und spiegeln sich im Probenprozess wider. Die Schülerinnen und Schüler machen eine Erfahrung, die genau um diese Themen kreist. Das ist das Wunderschöne daran.

 

Natürlich wurden diese Aspekte auch in der Szenenarbeit immer wieder thematisiert, sowohl in grossen Gruppenszenen als auch in kleineren Momenten. Diese Themen sind die Essenz des Stücks – es geht darum, welchen Platz man in einer Gemeinschaft einnimmt und wie sich eine Person entwickelt.

Im Stück werden viele Perspektiven beleuchtet, etwa dass alle über etwas reden, aber es der betreffenden Person nicht sagen, oder dass jemand unbedingt dazugehören will. Es gibt viele verschiedene Facetten von Gemeinschaft, die in der Geschichte eine Rolle spielen.

 

Proben mit Choreographin Yvonne Barthel
Proben mit Choreographin Yvonne Barthel

Gab es Herausforderungen bei der Adaption des Stückes für die Kanti Schüpfheim? Haben Sie das Stück an die Lebenswirklichkeit der Lernenden angepasst? 

Silvio Wey: Durch das Casting und die Besetzung sind wir sehr gut aufgestellt, sodass wir keine grossen Anpassungen an Liedern oder Texten vornehmen mussten – und auch nicht sollten. Rechtlich ist das ohnehin nicht erlaubt, aber es gibt auch keinen Bedarf. Die Texte wurden aus einem bestimmten Grund so geschrieben, und wir haben die Talente, um sie genau so umzusetzen.

 

Eine besondere Herausforderung der Inszenierung ist die filmische Erzählweise. Der Film arbeitet mit schnellen Schnitten und häufig wechselnden Locations, was auf der Bühne natürlich nicht in dieser Form umsetzbar ist. Das verlangt viel Flexibilität von allen Beteiligten.

 

Unser Inszenierungskonzept ist bewusst minimalistisch gehalten. Während wir bei Made in Dagenham ein sehr ausgeklügeltes und grosses Bühnenbild hatten, arbeiten wir hier mit Weite und Leere. Die Bühne ist komplett offen, mit einer grossen Holzfläche und einem Wolken-Backdrop (Anm. d. Red.: Vorhang), der verschieden beleuchtet werden kann. Es gibt nur minimale Requisiten wie Stühle, Tische und Bänke – damit Platz bleibt für die Menschen und ihre Geschichten. 

 

Diese Reduktion war nicht unbedingt eine Herausforderung, sondern eher unsere Antwort darauf, wie wir mit der filmischen Struktur des Stücks umgehen. Unsere Talente sind hervorragend vorbereitet, sodass wir keine Songs adaptieren mussten – sie können das Material so umsetzen, wie es auch professionelle Ensembles tun würden.

 

Proben Darsteller "Wie im Himmel"
Der Weg bis zur Aufführung ist lang: Die Mitwirkenden proben seit August.

Gab es besondere Momente oder Entwicklungen, die Sie während der Probenarbeit berührt oder überrascht haben?

Silvio Wey: Die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler vom Casting bis zu den Bühnenproben ist beeindruckend. Alle machen eine riesige Entwicklung durch – sei es in ihrer Bühnenpräsenz, im Teamwork, in ihrer Energie oder in ihren Fähigkeiten.

 

Besonders in den Szenenproben gab es viele starke Momente. Es sind diese Durchbrüche, wenn plötzlich alle still sind, weil etwas Magisches passiert. Wenn die Darstellenden im Moment sind, ihre Figur wirklich verkörpern und sich mit der Geschichte verbinden. Dann entsteht eine unglaubliche Wahrheit, die berührt und unter die Haut geht.

 

Diese Gänsehautmomente häufen sich immer mehr – ein gutes Zeichen dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind für die Aufführungen.

 

Der Ankündigungstext auf der Website beschreibt «Wie im Himmel» als die bisher emotionalste Produktion. Was hat das Publikum zu erwarten?

Silvio Wey: Das Publikum kann sich auf einen Abend voller Emotionen freuen, der es von höchsten Höhen bis in tiefste Tiefen mitnimmt. Es ist eine Geschichte, die man nicht nur miterlebt, sondern mitfühlt.

 

Das Stück spielt nicht in einer Fantasiewelt, sondern in einer dörflichen Gemeinschaft – etwas, womit sich viele identifizieren können, gerade auch in einer kleineren Stadt wie Schüpfheim. Die Themen sind urmenschlich.

 

Man wird lachen, man wird weinen. Schon in den Proben gab es Momente, in denen allein ein gesungener Satz Gänsehaut verursacht hat. Und das alles erst mit Playback, ohne Chor. Wenn dann noch die volle Inszenierung dazu kommt, wird es ein einzigartiges Erlebnis.

 

Diese jungen Talente – sei es im Orchester oder auf der Bühne – werden mit ihrer Energie das Publikum mitnehmen, die Geschichte erzählen und berühren. Es wird nicht nur eine Inszenierung mit authentischen Figuren und ihren Geschichten, sondern auch ein Abend voller wunderschöner Songs und eindrucksvoller Orchesterklänge. Ein einmaliges Erlebnis, das man nicht verpassen sollte.

 


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