Text: Gabriela Mischkale mit Materialien des Staatsarchivs Luzern
Mit dem Kauf der Villa Senar von der Erbengemeinschaft Rachmaninoff 2022 übernahm der Kanton Luzern auch das Hausarchiv. Es umfasst Fotos, Korrespondenzen, Partituren und Bibliotheksbestände. Rund 600 Bilder sind jetzt digitalisiert und online zu sehen.
Ein junger Mann schaut am Betrachtenden vorbei aus einer schwarz-weissen Fotografie: schmales, glattes Gesicht mit vollen Lippen, die Wangen leicht hohl, die Haare frisiert mit leichter Welle. Die Augen ruhen auf etwas in der Ferne – sanft und still, die Hände leicht verschränkt auf einem flauschig aussehenden, nicht zu identifizierenden Objekt. Die Jahre haben dem Bild Kontrast abverlangt, so scheint es, als beginnt der Körper mit dem Hintergrund zu verschwimmen. 131 Jahre ist das Foto alt und zeigt Sergei Rachmaninoff mit 19 im Jahr 1892.
Puzzleteile aus dem Familienleben Rachmaninoffs von1873 bis 2015
Rund 600 Fotos aus dem Privatnachlass der Familie Rachmaninoff sind seit wenigen Monaten öffentlich zu sehen. Darunter eine Reihe von Bildern, die das Grundstück in Weggis, den Hausbau oder glückliche Momente im Leben der Familie Rachmaninoff festhalten. Wie die Serge Rachmaninoff Foundation auf ihrer Website schreibt, habe Rachmaninoff auf der Halbinsel Hertenstein bei Weggis für einige Jahre seine zweite Heimat gefunden.
Der Fundus umfasst über 600 Fotografien, die zwischen ca. 1873 und ca. 2015 entstanden sind. Die Mehrheit davon liegt im Zeitraum des Erwerbs der Liegenschaft Villa Senar in Hertenstein 1930 bis zum Tod von Rachmaninoffs Enkel Alexandre Rachmaninoff Conus 2012, dem letzten Bewohner des Hauses.
Für eigene Recherche oder auch aus purer Neugierde auf die Vergangenheit können alle interessierten Personen jederzeit im digitalen Bildbestand Villa Senar – Familie Rachmaninoff stöbern.
Detailliertes Spurenlesen und Recherchieren
Rund ein Jahr habe die archivarische Sicherung und Aufbereitung gedauert, so Staatsarchivar Jürg Schmutz. Es handle sich zwar um einen privaten Nachlass, doch viele Unterlagen dokumentierten Ereignisse, die mit der Region verbunden seien und so unser Wissen über die Geschichte und die Kultur des Kantons Luzern bereichern, so Schmutz.
Besondere Sorgfalt beim Katalogisieren gelte der Recherche und der Einordnung von Zeit, Ort, den abgebildeten Personen sowie des Fotografen bzw. der Fotografin, erklärt Schmutz, wobei trotz grossem Rechercheaufwand noch manches offengeblieben sei. Die Bilder sind thematisch und chronologisch geordnet oder können in der Bildübersicht des digitalen Archivkatalogs recherchiert werden.
Staatsarchiv erstellt digitale Kopien aus dem Nachlass - Nutzungsrechte sind zu klären
Die Bilder sind in verschiedenen Ansichten im Archivkatalog kostenfrei einsehbar. Interessenten können unter Angabe der Signatur hoch aufgelöste Digitalisate bestellen. Bei einer etwaigen kommerziellen Weiternutzung ist allerdings Vorsicht geboten, denn die digitale Kopie aus dem Staatsarchiv beinhaltet keine Nutzungslizenz: Für jede Publikation der Bilder, sei es im Druck oder online, ist zu überprüfen, ob noch Urheberrechtsansprüche bestehen, denn diese können bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, d.h. des Fotografen, geltend gemacht werden. Wo die Fotografen oder Studios ermittelt werden konnten, hat das Staatsarchiv diese bei den jeweiligen Bildern angegeben.
Auftrag und Aufgaben des Staatsarchivs
Die Übernahme und Sicherung von Beständen, auch nichtstaatlicher Herkunft, die für die Geschichte des Kantons Luzern von Bedeutung sind, gehören zum gesetzlichen Auftrag des Staatsarchivs. Solche Bestände können Unternehmens-, Verbands- oder Parteiarchive, aber auch Nachlässe von bedeutenden Personen aus Kultur, Politik oder Wirtschaft sein.
Der (Teil-)Nachlass von Sergej Rachmaninoff (andere Teile befinden sich in den USA) gehört sicher in diese Kategorie, schuf doch Rachmaninoff in Hertenstein einige seiner Werke und machte die Villa Senar zu einem gesellschaftlichen und kulturellen Treffpunkt. Der Nachlass Rachmaninoffs in der Villa Senar umfasst zahlreiche Korrespondenzen, teilweise in russischer Sprache, die derzeit von einem Musikwissenschaftler gesichtet werden, Partituren, Bibliotheksbestände, Schallplatten und weitere Unterlagen, die nach der Erschliessung im Staatsarchiv Luzern zugänglich gemacht werden sollen.
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