Text: Vera Bergen
Eine kurze Internet-Recherche zeigt: An Schulen gibt das Thema Kleidervorschriften seit Jahren zu reden und in der gesamten Schweiz drehen sich die Diskussionen um dieselben Themen: Um Spaghetti-Tops und Trainerhosen-Style, um Kopftücher und kurze Hosen. Was ist noch okay und was ist bereits zu viel? Und dürfen Luzerner Schulen überhaupt Kleidervorschriften erlassen?
Gerade erst war es an einer Schule im Kanton Baselland wieder Thema. Den Jugendlichen war vorgeschrieben worden, dass sie in «angemessener» Kleidung erscheinen müssen. Doch der Kanton hat die Schule zurückgepfiffen. Denn Kleidervorschriften an Schulen sind rechtlich gesehen ein Minenfeld und nur sehr begrenzt zulässig. Denn nicht die Schulen, sondern die Eltern sind nach Artikel 302 des Zivilgesetzbuches dafür verantwortlich, ihr Kind «entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen». Unter diesen Artikel fällt auch die Kleidung, die Kinder und Jugendliche tragen. Kommt dazu, dass die Kleidung Teil des individuellen Ausdrucks ist, welcher unter den Schutz der persönlichen Freiheit in der Bundesverfassung fällt (Artikel 10 Abs. 2 BV). Das heisst zuerst sind es die Eltern, danach die Jugendlichen selbst, die über ihre Kleidung entscheiden.
Trotzdem wurden an den Luzerner Berufsbildungszentren Gesundheit & Soziales BBZG sowie Bau & Gewerbe BBZB kürzlich Plakate mit sogenannten «Dresscode-No-Gos» aufgehängt.
Vorschriften versus Hinweise
Wegen dieses Bildes ist die Frage aufgetaucht, warum das zuständige Bildungs- und Kulturdepartements des Kantons Luzern nicht – wie kürzlich in Baselland – einschreitet. Die Antwort ist einfach, denn bei diesen «Dresscode-No-Gos» handelt es sich nicht um Vorschriften, sondern um Kleidungshinweise. Es geht darum, den Schülerinnen und Schülern im Sinne einer Sensibilisierungskampagne bewusst zu machen, dass die Schule kein Ort der Freizeit ist, sondern ein Arbeitsort. Für die Lernenden – vor allem diejenigen, welche bald auf Lehrstellensuche gehen oder bereits in einem Unternehmen tätig sind – ist es wichtig zu wissen, dass sie mit ihrem Äusseren immer auch Eindrücke hinterlassen. Dies wird an den Schulen - allen voran den Berufsbildungszentren - in verschiedenen Unterrichtsformen thematisiert.
Am Standort Hauswirtschaft des Berufsbildungszentrums Natur und Ernährung BBZN in Sursee gibt es zudem einen Kleiderknigge, der besagt, dass «das Tragen von Trainingsanzügen» nicht erwünscht ist. Um die künftigen Fachmänner und Fachfrauen Hauswirtschaft möglichst gut auf das Arbeitsleben vorzubereiten, wird dort der Berufsschulalltag sogar mit einem Arbeitstag gleichgestellt. Aus diesem Grund tragen die künftigen Fachmänner und Fachfrauen Hauswirtschaft zu 90 Prozent einheitliche Arbeitskleidung. Ausnahmen sind jedoch möglich, zum Beispiel aus kulturellen oder gesundheitlichen Gründen. So trägt am BBZN in Sursee eine Schülerin mit starker Neurodermitis eine Trainerhose. Wobei wir wieder beim Ursprung der aktuellen Sensibilisierungskampagne sind: Denn das grundsätzliche - modische - Tragen einer Trainerhose sorgt an vielen Schulen für Probleme.
Die graue Trainerhose
Mit dem Aufkommen der «grauen Trainerhose» war es für die Schulen problematisch, dass Sport und Unterricht im Schulzimmer kleidungstechnisch nicht mehr unterscheidbar waren. Es gab Schülerinnen und Schüler, die in den Trainerhosen schliefen, sie unter der Arbeitskleidung trugen, den Unterricht und den Sport darin absolvierten. Dies hatte zur Folge, dass man dies auch roch, heisst es aus diversen Schulen. Es ging bei dieser Sensibilisierungskampagne an den Berufsbildungszentren also auch darum, die Lernenden aus hygienischen Gründen darauf hinzuweisen, was an der Schule möglich ist und was nicht.
Es gibt trotzdem Kleidervorschriften
Es steht also fest, dass grundsätzlich die Eltern und die Kinder und Jugendlichen selbst über ihre Kleidung entscheiden dürfen. Die Problematik von zu kurzen Röcken und schlabbrigen Trainerhosen an Schulen kann nicht mit dem Gesetz geregelt werden. Darum setzen immer mehr Schulen auf Lösungen mit Mitspracherecht. Diese «Kleidervorschriften» werden gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern erarbeitet und sind deshalb auch gut akzeptiert.
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