Text: Vera Bergen
Gute Grundkompetenzen in Lesen, Schreiben, Rechnen und im Umgang mit Technologie sind in der Arbeitswelt von morgen unerlässlich. Hier setzen die LernLounges an – ein Pilotprojekt des Kantons Luzerns.
Bei vielen Schülerinnen und Schülern ist es der Küchentisch. Dort erledigen sie am liebsten ihre Hausaufgaben, umgeben von heimeligen Geräuschen und mit der Möglichkeit bei den Eltern nachzufragen, wenn etwas nicht klar ist. Der «Küchentisch» von Erwachsenen die ihre Grundkompetenzen verbessern möchten, sind die LernLounges in Luzern und Sursee. In einer ruhigen und wohnlichen Umgebung – einer Lounge – werden Erwachsene beim Lesen, Schreiben, Rechnen oder dem Bedienen eines Computers oder Smartphones unterstützt. Gemeinden ohne fixe LernLounge vor Ort, können dank dem mobilen Angebot ebenfalls profitieren. Sie können das LernLounge-Mobil inklusive Fachpersonen kostenlos mieten und die Angebote zur Förderung von Grundkompetenzen beispielweise in Bibliotheken oder Gemeindezentren anzubieten.
Für alle offen
Bei den LernLounges in Luzern und Sursee handelt es sich um ein sogenanntes Walk-in-Angebot. Das heisst, während den Öffnungszeiten stehen die Türen allen Erwachsenen aus dem Kanton Luzern ohne Anmeldung offen. Wer nur die Computer nutzen will, kann innerhalb der Öffnungszeiten jederzeit vorbeigehen. Wer Hilfe bei Bewerbungen oder generell bei Lesen- und Schreiben oder digitalen Fragen braucht, wird jeweils am Nachmittag von Fachpersonen unterstützt. Die Nutzung der Computer kostet einen Franken pro Tag, die weiteren Angebote sind für Besucher und Besucherinnen kostenfrei. Eine Besucherin der LernLounge in Luzern, betont: «Die LernLounge ist eine hilfreiche Anlaufstelle, zu der ich mit vielen Fragen kommen kann. Zudem haben die Fachpersonen auch immer ein offenes Ohr für mich».
Mehr Chancen in einem sich wandelnden (Berufs)Alltag
Mit der zunehmenden Digitalisierung und Verschriftlichung diverser Bereiche steigen die Herausforderungen im Beruf und Alltag. In der Schweiz haben 400'000 Erwachsene Schwierigkeiten, Rechenaufgaben zu lösen, beispielsweise um Preise zu vergleichen, 800'000 haben Schwierigkeiten beim Leseverständnis oder Schreiben, zum Beispiel von Briefen oder Protokollen. Hier setzen die LernLounges an. Sie sollen Lern- und Lebensfreude wecken und durch Förderung der Grundkompetenzen Zugang zur Arbeitswelt und zum gesellschaftlichen Leben ermöglichen, was Arbeitsmarktfähigkeit und Chancengerechtigkeit fördert.
«Loungig» lernen
Wie es der Name schon sagt, sind die LernLounges «loungig» oder eben gemütlich und bequem eingerichtet. Bei einem spontanen Besuch im Dezember betont ein Besucher: «In der LernLounge ist es angenehmer und gemütlicher zum Arbeiten, als bei anderen kostenlosen Computer-Stellen». Die Nachfrage nach diesen PC-Arbeitsplätzen ist an diesem Donnerstag-Nachmittag gross. Seit längerem sitzen zwei Männer an einem Computer in der Ecke. Sie helfen sich gegenseitig. Wenn sie nicht mehr weiterkommen, fragen sie die Fachperson vor Ort. Ein weiterer Mann erscheint. Er braucht Unterstützung bei einer Bewerbung. Danach sagt er: «Ich war schon bei diversen Stellen, aber hier habe ich die grösste Hilfe beim Erstellen meiner Bewerbungsunterlagen erhalten». Kurz nach ihm erscheinen eine Frau und ein Mann gemeinsam. Sie interessieren sich für den Digi-Treff, der jeden Donnerstag-Abend stattfindet. Nach dem Digi-Treff, wo Interessierte ihre Fragen zur Computerbenutzung und Smartphone stellen können, fällt das Feedback der Besucherin positiv aus: «Danke, dass du mich motiviert hast, selbständig etwas am PC zu schreiben. Ich habe mich sehr gefreut, als ich bemerkt habe, dass ich mehr kann als ich dachte». Eine andere Frau ergänzt: «Mir hat die LernLounge wirklich geholfen. Ich habe das Angebot bereits meinem Umfeld empfohlen. Ich fühle mich hier sehr wohl und trinke auch mal einen Kaffee», sagt sie mit einem Lächeln.
Angebot wird rege genutzt
Nicht nur der Eindruck vor Ort zeigt, dass die Nachfrage nach einem Angebot wie den LernLounges gross ist, sondern auch die Nutzungszahlen. Seit der Eröffnung Anfang September bis Ende 2023 haben fast 500 Personen die Computer der LernLounges genutzt, und über 160 Personen wurden beim Lesen, Schreiben oder Bewerben unterstützt. Jeden Monat erscheinen zudem neue Besucher und Besucherinnen in der LernLounge, die das Angebot kennenlernen möchten. «Neben der Lese- und Schreibbegleitung sowie der Bewerbungsbegleitung helfen wir in den LernLounges auch bei alltäglichen Herausforderungen, wie dem Ausfüllen von Formularen oder dem Billettkauf am Handy», sagt Sara Meier, Fachperson Integrationsprojekte bei der Caritas Luzern. Dabei erfolgt die Unterstützung immer nach dem Prinzip «Hilfe zur Selbsthilfe»: «Die Beraterin hat mit mir zusammen eine Anleitung erstellt. Somit waren für mich die nächsten Schritte klar und ich konnte selbständig weiterarbeiten», erklärt ein Besucher. Frau B. aus Emmenbrücke ergänzt: «Ich bin 2017 aus Polen in die Schweiz gekommen. Aktuell muss ich mich neu bewerben, das ist eine grosse Herausforderung für mich. Das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum RAV Luzern hat mir die LernLounge empfohlen. Die Fachpersonen haben mir nicht nur mit der RAV-Anmeldung geholfen, sondern auch beim Schreiben von Briefen ans Steueramt und bei der Anmeldung meiner Kinder. Damit verbessere ich das Schreiben und Verstehen der deutschen Sprache. Der Besuch der LernLounge war sehr entlastend für mich und ich bin dankbar für die Unterstützung, die ich hier gefunden habe».
LernLounges - ein Pilotprojekt
Initiiert und finanziert wird das Pilotprojekt von der Luzerner Dienststelle Berufs- und Weiterbildung DBW und dem Bund. Die Caritas Luzern und das Schweizerische Arbeiterhilfswerk SAH Zentralschweiz betreiben die LernLounges im Auftrag des Kantons Luzern. «Das Pilotprojekt dauert bis Ende 2024. Wenn die Nachfrage vorhanden ist und die Luzerner Regierung zustimmt, wird es 2025 bis 2028 weitergeführt, sagt Patricia Buser, Leiterin des Ressorts Weiterbildung bei der DBW. Sie hat die LernLounges - nach dem Vorbild der Kantone Zürich und Thurgau – auch in Luzern umgesetzt. «Lesen, Schreiben, Rechnen und der Umgang mit Computer und Smartphone sind heutzutage zentral, um sich in der immer stärker digitalisierten Welt zurechtzufinden, sagt Patricia Buser. «Zudem begrüssen auch die Sozialdienste niederschwellige Angebote vor Ort, weil die Hürde vorbeizugehen bei einem kostenlosen Walk-in-Angebot, wie den LernLounges, viel kleiner ist, als bei einem Kurs für den man sich anmelden muss», so Patricia Buser weiter.
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