Interview: Vera Bergen
Bilder: «SwissSkills» / Vera Stocker
Es ist alles etwas anders als geplant. Denn die Berufsweltmeisterschaft «WorldSkills» findet nicht in Shanghai, sondern in insgesamt 15 Ländern statt. Aber das spielt jetzt so kurz davor keine Rolle mehr. Für die 37 jungen Berufsleute des Schweizer Nationalteams geht es jetzt nur noch darum, dass die Abläufe klar sind und die Handgriffe sitzen. Denn für sie gilt es nun ernst: Sie treten in den nächsten zwei Monaten an der dezentralen «WorldSkills» Competition 2022 an und kämpfen um den Weltmeister-Titel in ihrem Beruf. Für die gelernte Bäckerin und Konditorin Vera Stocker wird es sogar ein Heimspiel. Sie tritt in ihrer Heimat Luzern an.
Vera Stocker, wir erreichen Sie in einer stressigen Zeit. Ihr Einsatz an den «WorldSkills» steht kurz bevor. Sie treten vom 12. bis 17. Oktober 2022 in Luzern an. Wie sehen Ihre Tage so kurz vor dem grossen Wettkampf aus?
Jetzt so kurz vor den «WorldSkills» sind es lange Tage. Ich bin daran meine Produkte immer weiter zu verbessern. Dazu kommen Probe-Durchläufe. Es geht darum, die Produkte in der vorgegebenen Zeit zu schaffen. Nebenbei muss ich auch meine Rezepte aktuell halten und die Rezeptdokumentation auf Englisch mit den Fotos fertig machen.
Eigentlich wäre alles etwas anders gedacht gewesen, denn die «WorldSkills» hätten in Shanghai und schon vor einiger Zeit stattfinden sollen. Inwiefern ist es für Sie positiv oder negativ, dass es jetzt wegen Corona anders gekommen ist?
Als ich erfahren habe, dass ich an die «WorldSkills» kann, war es schon klar, dass sie verschoben werden. Ich musste mich also nicht umstellen. Dass die «WorldSkills» nun in Luzern sind, ist natürlich zum einen schade, weil ich nicht nach Shanghai reisen kann und das Nationalteam nicht vereint vor Ort ist. Auf der anderen Seite ist es auch positiv, weil die Prüfung bei meinem Arbeitgeber stattfindet und ich die Umgebung schon kenne. So kann ich mich besser auf die Prüfung konzentrieren.
Nehmen Sie uns bitte mit in die Zeit seit den «SwissSkills». Was hat sich verändert? Woran haben Sie gearbeitet?
Nach den «SwissSkills» 2020 habe ich nicht direkt mit den «WorldSkills»-Vorbereitungen begonnen. Denn ich habe Anfang August 2021 mit meiner Arbeit bei Bäckerei- und Konditorei-Fachschule Richemont begonnen und habe nur schon durch die tägliche Arbeit viel dazugelernt. Im Dezember 2021 habe ich dann in Frankreich an einem zweiwöchigen Kurs teilgenommen, um die französische Bäckerskunst genauer kennenzulernen und neue Ideen zu sammeln. Anfang 2022 habe ich dann begonnen, verschiedene Produkte zu üben: Vom Brioche bis zum Sauerteigbrot. Denn wir wissen erst etwa drei Monate vor den Berufsweltmeisterschaften, was wir tatsächlich machen müssen. Anfang August 2022 ging ich an einen Trainingswettkampf in Dänemark und direkt danach habe ich dann begonnen, meine Produkte für die «WorldSkills» zu entwickeln.
Wie unterscheiden sich Ihre Tage aktuell von einem normalen Arbeitstag?
Seitdem ich die genauen Vorgaben erhalten habe, arbeite ich täglich an diesen Produkten weiter. Es ist nicht üblich, dass ich parallel so viele Produkte entwickle. Natürlich sind auch die Mengen kleiner als in der normalen Produktion.
Wie sehr träumen Sie aktuell schon von Teig und Backen und Ihrer Arbeit?
Es ist schon sehr schwer an etwas anderes zu denken, es ist immer präsent. Ich muss mich wirklich mit etwas anderem, wie zum Beispiel Sport ablenken, um zwischendurch den Kopf wieder frei zu kriegen.
Was würde Ihnen einen Sieg an den «WorldSkills» in Ihrem Beruf bedeuten?
Es würde mir sehr, sehr viel bedeuten, weil es eine sehr schöne aber auch sehr intensive Vorbereitungszeit ist und ich alles dafür gebe, in meiner Passion zu den Besten zu gehören.
Wie geht es nach den «WorldSkills» für Sie weiter?
Nach den «WorldSkills» arbeite ich weiter bei der Richemont Fachschule und werde mir dann überlegen, was meine nächsten Ziele sind.
Nachtrag 17. Oktober 2022: Herzliche Gratulation an Vera Stocker zur Bronzemedaille im Bereich Bäckerei-Konditorei an den «WorldSkills»!
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