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viamia: berufliche Standortbestimmung für Personen ab 40

Interview: Sandra Kilchmann, Kommunikation DBW

Die nationale Initiative viamia bietet Personen über 40 eine kostenlose berufliche Standortbestimmung. In einer persönlichen Beratung wird die berufliche Situation analysiert, Bedürfnisse und Ziele werden definiert – so können die Chancen für die berufliche Weiterentwicklung erfasst und weiterverfolgt werden. Im Interview erklärt Berufs- und Laufbahnberaterin Anja Kamm, wie viamia in Luzern funktioniert.

viamia ist eine Initiative von Bund und Kantonen und bietet Personen über 40 eine kostenlose berufliche Standortbestimmung. Ziel von viamia ist es, die Berufschancen von erfahrenen Arbeitskräften zu erhöhen und aktuelle, branchenspezifische Trends im Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Teilnehmen kann jede Person, welche keinen Anspruch auf vergleichbare Angebote von ALV, IV oder Sozialhilfe hat. Finanziert wird die Initiative mit 80 Prozent vom Bund und 20 Prozent vom Kanton Luzern.

Arbeitsmarktfähigkeit erfragen

viamia
Anja Kamm ist Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin im Beratungs- und Informationszentrum für Bildung und Beruf – BIZ in Luzern.

Anja Kamm, welches sind die konkreten Anliegen bei den Standortbestimmungen im Rahmen von viamia?

Anja Kamm*: Es sind primär drei Themenbereiche, weshalb eine viamia Beratung in Anspruch genommen wird. Zum einen sind es Existenzängste, die Personen plagen. Sie fragen sich, ob sie die aktuelle Tätigkeit noch bis zur Pension nachgehen können oder ob sie aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters durch jüngere Arbeitnehmende ersetzt werden. Sie möchten also die Frage klären, ob sie noch arbeitsmarktfähig sind.  

Dann sind es Personen, welche eine Fremdeinschätzung über sich als Arbeitnehmerin, Arbeitnehmer erhalten möchten. Sie möchten erfahren, wie wir ihre berufliche Situation für den Arbeitsmarkt einschätzen.  

Die dritte Gruppe sind Personen, bei welchen sich die Interessen und Werte verändert haben. Sie möchten sich beruflich in einem anderen Bereich engagieren, als sie es im Moment tun. Sie möchten wissen, wie eine berufliche Veränderung aussehen könnte und ob die Neuausrichtung sinnvoll ist. 

viamia ist das Angebot des BIZ für eine kostenlose Standortbestimmung für über 40-Jährige. Wie sieht die Altersstruktur der Kundschaft aus?

Meine Kundinnen und Kunden sind zur Hälfte zwischen 40 und 45 Jahre alt und 50 bis 63 Jahre alt.  

 

63 Jahre? Das ist doch kurz vor Pension?

Ja, aber es gibt Personen, die noch im Pensionsalter erwerbstätig sein möchten. Ihr Ziel der Standortbestimmung ist die Klärung von entsprechenden Möglichkeiten.  Über 60-Jährige sind aber klar die Ausnahme.

 

Wem würden Sie eine viamia Beratung empfehlen? 

Die viamia-Beratung steht allen Personen offen, die sich mit der eigenen Laufbahn, dem heutigen und künftigen Arbeitsmarkt auseinandersetzten möchten. Sie können sich über generelle und spezifische Trends, Chancen und Erwartungen im Arbeitsmarkt informieren . 

Online buchen, persönliche Besprechung

Wie läuft ein viamia Termin ab?

Die Kundin, der Kunde bucht auf unserer Webseite viamia.lu.ch einen Telefontermin und kann auch gleich Dokumente, wie beispielsweise den Lebenslauf (CV), hochladen. Am Telefon klären wir den Auftrag und vereinbaren einen Beratungstermin. Danach füllt die Kundin, der Kunde einen Fragebogen aus. Mit diesen beiden Dokumenten bereite ich mich auf den Besprechungstermin vor. 

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Das Beratungsgespräch: Viele Fragen an die Kundin, damit ein möglichst präzises Gesamtbild entsteht.

Wichtig ist, die Kunden als Profis in ihrem Fachbereich anzuerkennen. Wir machen eine Arbeitsmarktrecherche im Berufsfeld oder im Wunsch-Berufsfeld – wenn es eine Neuausrichtung geben soll – um den konkreten Markt zu analysieren.

Warum braucht es eine Arbeitsmarktrecherche?

Wir kennen nicht alle Arbeitsbereiche und –märkte gleich gut. Es gibt elf verschiedene Branchen, denen unterschiedlich viele Fachbereiche zugeordnet sind. Zudem verändert sich der Markt stetig. Wir haben ein Basiswissen zu gewissen Berufen. Wenn aber ein Maschinenmechaniker zur Beratung kommt, muss ich mich in diesen Markt vertiefen.

 

Wie geht’s dann weiter? Ich nehme an, der Beratungstermin steht an?

Genau. Wir führen gemeinsam ein Fachgespräch über den bisherigen beruflichen Werdegang, die Laufbahn und den Arbeitsmarkt. Ich stelle viele Fragen, bringe meine Aussensicht hinein oder benenne, was mir auffällt. Zusammen werden mögliche Handlungsfelder erarbeitet.

 

Und das war’s? 

Ja, manchmal reicht dies und die Kundin, der Kunde gehen die weiteren Schritte selber an oder entscheiden, dass keine Veränderung angezeigt ist. Aber es ist meistens so, dass es Anschlusstermine gibt, um die definierten Handlungsfelder weiterzubearbeiten. Das können Auseinandersetzungen mit geeigneten Suchstrategien sein, aber auch mit weiteren Themen einer Laufbahnberatung, wie mit den Interessen, ihrer Persönlichkeit und den eigenen Werten, um mögliche Neuausrichtungen anzugehen. 

«Hohe Selbstmotivation für lebenslanges Lernen»

Das viamia Angebot stösst offenbar auf positive Resonanz bei der Kundschaft.  

Ja. Das ist so. viamia startete nach einer Pilotphase anfangs Jahr in allen Kantonen und wird weiterhin mit gezielten Werbemassnahmen sichtbar gemacht. Zudem ist das Thema «Lebenslanges Lernen» seit mehreren Jahren in aller Munde. Dies löst bei vielen Berufstätigen Fragen und Anliegen aus –viamia ist das passende Angebot dazu. Ich denke, die Leute haben auf ein solches Angebot gewartet. Weiter stelle ich fest, dass die Selbstmotivation sehr hoch ist. Die Kundinnen und Kunden haben Lust sich mit ihrer Berufssituation auseinanderzusetzen. Das ist das A und O für eine erfolgreiche Laufbahngestaltung.

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Erfolgreiche Laufbahngestaltung beginnt mit der persönlichen Auseinandersetzung rund um die eigene Berufssituation.

Können Sie konkrete Beispiele nennen von einer gelungenen viamia-Beratung?

Fangen wir mit den kleinen Veränderungen an: Eine Kundin entscheidet sich nun doch, ein LinkedIn Profil zu erstellen, weil dort viele Informationen zum Arbeitsmarkt zu finden sind und man sich auch präsentieren kann. Oder ein Kunde passt seine Suchstrategie für einen neuen Job an und hat plötzlich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt: die Erfolgschancen erhöhen sich durch die neu gewonnene Klarheit.  

Dann gibt es Personen, die motiviert werden können, einen Kurs zu belegen, weil gewisse Kompetenzen noch fehlen, jedoch in Zukunft wichtig sein werden.  Beispielsweise im Bereich ICT-Kenntnisse für die voranschreitende Digitalisierung. Oder sie entscheiden sich, nun doch den Vorbereitungskurs anzugehen, um eine Berufsprüfung abzulegen.  

Aber: In der viamia-Beratung kann sich auch zeigen, dass die momentane berufliche Situation passend ist. Die vertiefte Auseinandersetzung mit der eigenen Laufbahn schärft bisherige diffuse Gedanken und Ideen. Diese zu klären, hilft weiter. Oft ist es nach der viamia Beratung so, dass die Kundinnen und Kunden einen Entscheid fällen können. Beispielswiese auch: Ich bleibe bei meinem Job. 


*Anja Kamm (Jg. 1979) ist Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin im Beratungs- und Informationszentrum für Bildung und Beruf – BIZ in Luzern. Sie berät auch Kundinnen und Kunden, die sich für eine viamia Beratung angemeldet haben. Nach der Berufslehre zur Geomatikerin absolvierte Anja Kamm die Berufsmaturität Gesundheit und Soziales und schloss mit dem Bachelor in Sozialer Arbeit ab. Sie war im Bereich der Arbeitsintegration und bei der Wirtschaftlichen Sozialhilfe tätig. Nach ihrem Master als Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin startete sie als Berufsberaterin im BIZ Luzern.

 

Hinweis: Sie müssen nicht warten bis Sie 40 sind, um im BIZ  kostenlos eine Standortbestimmung machen zu können. Das BIZ Luzern bietet alle Beratungen (Berufs-, Studienwahl und Laufbahnberatung) kostenlos an.

 

Weiterführende Links: 

- Standortbestimmung / viamia Luzern

- viamia: Initiative von Bund und Kantone  

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Kommentare: 2
  • #1

    Manuel Sigrist (Freitag, 22 März 2024 11:30)

    Guten Tag
    Ich möchte mit 50ig aus medizinischen Gründen (starke Daumenarthrose) noch eine Umschulung vom Physiotherapeuten zum Transportsanitäter starten. Nun ist meine Frage -> da ich als Familienvater während der Ausbildung nur wenig verdienen würde, ob die Berufsbildung hilft ein Stipendium zu kriegen oder einen Umschulungszahlung? Gibt es da eventuell Möglichkeiten?

    Mit freundlichen Grüssen
    Manuel Sigrist

  • #2

    Blogredaktion (Freitag, 22 März 2024 14:41)

    Gerne verweisen wir Sie auf die Fachstelle Stipendien
    (Link: https://beruf.lu.ch/Beratung_und_Unterstuetzung/Finanzielle_Unterstuetzung/Fachstelle_Stipendien).
    Sie werden auf deren Website einerseits erste Informationen dazu finden, ob Sie beitragsberechtigt sein könnten, aber auch Angaben, wann die Fachstelle Stipendien Ihre Fragen vor Ort oder telefonisch beantworten kann.