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Seitenwechsel: Von der Schulstube an die Werkbank

Text: Urs Berset

Fotos: Dossier Seitenwechsel / Trisa

Ein Seitenwechsel kann interessante Einblicke in eine andere (Berufs-)Welt vermitteln. Gerade für Lehrpersonen, die ihre Schülerinnen und Schüler bei der Berufswahl unterstützen, ist ein eigenes Praktikum in der Privatwirtschaft hilfreich und spannend. Sekundarlehrer Urs Berset war «Schnupperlehrling» in der Zahnbürstenfabrik Trisa und berichtet hier von seinen Erfahrungen.

Seitenwechsel, Berufspraktikum Lehrpersonen
Statt im Schulzimmer an der Werkbank: Präzise Arbeit an der Fräs-Maschine

Im Kanton Luzern dürfen 30 Lehrer pro Jahr eine Langzeitweiterbildung machen, wobei ein Teil ein Betriebspraktikum in der Privatwirtschaft ist. Dies tut uns Lehrpersonen besonders gut, leben wir ja etwas in einem Glashaus und so kommen wir auf gute Art in den Kontakt mit Menschen & Lehrlingen & Lehrmeistern im Berufsalltag. Für die Firma Trisa entschied ich mich, gerade weil ich in Geuensee auch die TRISA-Post bekomme und dies mein Interesse für den für mich vorbildlich geführten, sich in Familienbesitz befindlichen Betrieb geweckt hat. Als Klassenlehrperson bereite ich meine Schüler auf die Berufswahl vor, und deshalb fand ich in der Trisa auch eine Firma, die viele Lehrstellen in verschiedensten Berufen anbietet und auch das Lehrlingswesen vorbildlich organisiert hat.

Abläufe und Organisation kennenlernen

So wurde mir ein dreiwöchiges Programm angeboten, in welchem ich als „Schnupperlehrling“ die Berufe Polymechaniker, Produktionsmechaniker, Konstrukteur und die für mich und auch meine Schüler unbekannten Berufe Kunststofftechnologe und Logistiker kennenlernen durfte. Mein Ziel war auch, Einblicke in die Tätigkeiten, die Organisation und die Abläufe der Firma zu bekommen und dabei viele Gespräche führen zu können.

 

Nun, jeder Tag war aufs Neue ausserordentlich spannend, so lernte ich z.B. Werkstücke auf wenige 100stel mm genau zu fräsen, dies konventionell und auch mit der CNC-Maschine und lernte mit dem Solidworks-Programm der Konstrukteure zu arbeiten. Ich bekam Einblicke in laufende Automatisierungsprojekte oder durfte bei einer spannenden Versuchsreihe im Bereich Kunststoff dabei sein. Ich kenne nun den Aufbau und die Wartung der Spritzgussmaschinen etwas und sah die grosse Bedeutung der Informatik in der Logistik.

Konstruktives Teamwork

Zahnbürsten Trisa
Teil des Tagwerks - Zahnbürsten für den Export.

Sehr vieles ist mir besonders positiv aufgefallen! Läuft man durch die Gänge, wird man überall freundlich gegrüsst, die Mitarbeiter sind motiviert an der Arbeit. Oft sah ich Grüppchen an einem Stehtisch, die zusammen ein Problem besprechen, nach kurzer Zeit gingen sie wieder an die Arbeit. Ich sah oft, wie die Mitarbeiter einander geduldig Wissen weitergeben. Dieses konstruktive Teamwork hat mich beeindruckt! Die Lehrlinge im 1. Lehrjahr, mit denen ich näher zu tun hatte, haben schon sehr grosses Fachwissen und Können.

 

Die Produktionsmaschinen, immer mehr automatisiert, sind mehr als Maschinen. Mitarbeiter sagten mir, sie seien wie Organismen, jede habe ihre Eigenheiten, auf hohem Niveau werden sie gewartet und weiterentwickelt. Ganz am Schluss war ich in der Logistik, am Schluss der Produktionskette, wo die fertigen Produkte ihre kürzere oder längere Reise antreten. Dass die Trisa pro Tag ca. 1 Mio. Zahnbürstchen hier im Hochlohnland Schweiz zu 95% für den Export in gegen 80 Länder produziert, darunter auch Nepal und Äthiopien, beeindruckte mich sehr!

Führungsstile, flache Hierarchien

Daneben gab es auch ganz spannende Gespräche über Führungsstile, Mitarbeitermotivation und die oft gehörten „flachen Hierarchien“. Beeindruckt hat mich, als ich sah, wie der Chef Adrian Pfenniger sich selber einen Kaffee aus dem Automaten holte. Ein älterer Mitarbeiter sagte mir, die Trisa sei noch eine der wenigen „Perlen“ von Firmen in der Schweiz, ähnlich wie die Firma Victorinox. Man spüre, dass man hier mehr als einfach eine Nummer sei wie bei seinem Arbeitgeber vorher. Mitdenken würde belohnt und die Angestellten sind am Erfolg beteiligt, dürfen sogar im Verwaltungsrat Einsitz nehmen.

 

In diesen drei Wochen habe ich ganz viele interessante Tätigkeiten gesehen und hilfsbereite Menschen kenngelernt, mit denen ich auch private, lustige und spannende Erlebnisse austauschen konnte. Ich möchte ich mich ganz herzlich bei allen Lehrlingen, Lehrmeistern und Mitarbeitern bedanken, die mir mit viel Geduld so viel Neues gezeigt haben und wünsche allen Angestellten und den Firmeninhabern alles Gute für die Zukunft.

Persönlicher Gewinn

Aufgrund meiner intensiven Kontakte zu Lehrlingen und Lehrmeistern konnte ich neu den Job „Beauftragter für Berufswahl“ an unserer Sek in Beromünster übernehmen und kann meine Schülerinnen und Schüler in der Berufswahl noch besser begleiten und beraten. Die doch recht grosse Gestaltungsfreiheit in meinem Beruf als Lehrperson schätze ich nun noch mehr, als Mitarbeiter einer Firma ist man ja oft einfach «Auftragsausführer». Gerne können sich interessierte Lehrpersonen auch bei mir melden für weitere Auskünfte zum Berufspraktikum. 

 

Zum Autor: Urs Berset ist Klassenlehrer an der Sekundarschule Beromünster und hat eine Langzeitweiterbildung mit einem dreiwöchigen Betriebspraktikum in der Privatwirtschaft absolviert.

Dieser Bericht ist Teil der Dokumentation zur Langzeitweiterbildung von Urs Berset und erschien in einer ausführlicheren Fassung im TRISA-Magazin. 

Berufspraktikum Langzeitweiterbildung
Neue Erfahrung: Hubstapler-Fahren

 

Die Langzeitweiterbildung «Seitenwechsel» ermöglicht Lehrpersonen der Volksschule sowie Fachpersonen der Schuldienste aus der ganzen Zentralschweiz, während neun Wochen den Blick in andere schulische oder ausserschulische Lebenswelten zu richten. Die Weiterbildung wird zum grössten Teil vom Kanton finanziert und von der PH angeboten.

Alle weiteren Infos auf der PH-Webseite

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