Text: Lea Gnos, Leiterin Berufsmaturität, Dienststelle Berufs- und Weiterbildung
Die Interdisziplinäre Projektarbeit IDPA wird Ende der Ausbildungszeit der Berufsmaturität erstellt und ist massgebend für den Erwerb wichtiger Studierkompetenzen. Die Ausarbeitung der IDPA erfolgt projektartig, einzeln oder im Team und zeichnet sich aus durch einen hohen Anteil an Selbstständigkeit von der Einarbeitung in das Thema bis zur Präsentation. Zwei Beispiele besonderes gelungener Arbeiten stellen wir hier vor.
«Wie kaum ein anderes Element des BM-Unterrichts bereitet die IDPA die Berufsmaturandinnen und Berufsmaturanden auf ein Studium an der Fachhochschule vor,» sagt Prof. Dr. Urs Rieder, Vizedirektor und Leiter Bereich Ausbildung der Hochschule Luzern – Technik & Architektur. Die BM-Absolvierenden üben mit der Erarbeitung der IDPA eine lange Reihe von wichtigen Kompetenzen: So lernen sie unter anderem, eine geeignete Fragestellung zu entwickeln, deren Beantwortung der Zweck der Arbeit ist, Quellen und Texte zu bearbeiten und die Resultate nach wissenschaftlichen Standards umzusetzen. Schliesslich gehört auch Teamarbeit dazu und die Einhaltung der geplanten Fristen und Meilensteine während der Erarbeitung.
Die HSLU Technik & Architektur überreicht jedes Jahr einen Preis für die beste technisch-naturwissenschaftliche Arbeit. Der Preis umfasst neben einem Preisgeld auch die Einladung an die Prämierten, ihre Arbeit an der Hochschule Luzern persönlich vorzustellen. Dieses Jahr überreichte Urs Rieder den Preis an Jonas Ettlin, Aline Mathis, Angela Lackner-Teufer und Livia Schmid für ihre Arbeit «Symbiose zwischen Imker und Biene».
«Theorie und praktischer Nutzen»
Dass sie mit ihrer Arbeit am Ende einen Preis gewinnen würden, hätte das Vierer-Team nie gedacht. Sie haben in mehr als 20 Interviews mit Imkernden versucht herauszufinden, was sich am Bienenkasten (sog. Bienenbeutesystem) für Imkernde und Bienen verbessern lässt und einen Prototypen gebaut. Das Thema als Idee eingebracht hatte Jonas Ettlin, der schon länger den Traum vom Imkern gehegt hatte. Seine drei Kolleginnen hatte er rasch von dem Thema überzeugt. «Uns war es von Beginn weg wichtig, dass wir nebst der theoretischen Arbeit auch einen praktischen Nutzen schaffen können.» erzählt Jonas Ettlin. In der ersten Phase sind dann viele Ideen zusammengekommen, was sie im Rahmen der Arbeit alles machen wollten.
Unsere Lehrerin, Frau Greub, hat uns geholfen, die Fragen abzustecken, die wir realistischerweise beantworten konnten. Ohne ihre geduldige Unterstützung nicht nur in dieser ersten Phase, sondern während des gesamten Prozesses hätten wir das nie geschafft!»
41 online-Arbeitsmeeting
Nebst der guten Betreuung haben sie sich im Team ideal ergänzt. Die Vier haben sich jeden Mittwochabend um 20 Uhr auf Teams getroffen und den Stand der laufenden Arbeiten besprochen. Angela Lackner-Teufer berichtet: «Wir haben an 41 Projektteam-Meetings während insgesamt 34 Stunden Besprechungszeit virtuell die Köpfe zusammengesteckt, haben besprochen, wer wo steht und Inhalte oder Vorgehensweisen diskutiert. Für jedes Thema war jemand von uns hauptverantwortlich und die anderen haben Inputs eingebracht und weitergeholfen, wenn man mal den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen hat. So konnten wir unsere Stärken voll ausspielen.» Und Aline Mathis ergänzt: «Wenn man sieht, dass die anderen Teammitglieder sich Mühe geben, spornt das schon zu Höchstleistungen an.»
«s’Waisevogte»: Die Familiengeschichte im eigenen Buch
Etwas anders verhielt es sich bei Lena Estermann. Sie hat ihre Projektarbeit - wie es an der Fachklasse Grafik üblich ist - im Alleingang gemacht. Als Thema hat sie sich das Aufschreiben und Darstellen ihrer Hofgeschichte vorgenommen. Entstanden ist ein Buch: «sʼWaisevogte». Für sie die grösste Herausforderung war es, unter den vielen Fotos, die sie im Estrich gefunden und von ihrem Umfeld erhalten hat, eine Auswahl für das Buch zu treffen und sich damit immer wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Auch das Verfassen des Textes hat sie herausgefordert: «Ich habe mit vier Familienmitgliedern Interviews geführt. Ihre individuellen Stimmen und Sichtweisen in einen einheitlichen, geordneten und lesefreundlichen Text zu giessen, war eine Herausforderung.» Danach gefragt, was Lena Estermann heute anders machen würde, sagt sie: «Bei einem nächsten Mal würde ich früher Entscheidungen treffen und Bilder frühzeitig aussortieren, so bin ich am Schluss am etwas unter Zeitdruck geraten.»
Viel Neues gelernt und Wertvolles geschaffen
Mit ihrer Arbeit hat Lena Estermann einen wertvollen und wunderschönen Familienschatz geschaffen, der seit der Fertigstellung in der Familie und Nachbarschaft herumgereicht und bestaunt wird. «sʼWaisevogte» ist für sie auch ein Aushängeschild, das sich in ihrem Portfolio bei Bewerbungen zeigen lassen kann. Und auch auf persönlicher Ebene nimmt Lena Estermann viel Wertvolles mit, wofür sie dankbar ist: «Wegen der Arbeit stehe ich meinen beiden Grosstanten nun näher. Ich habe auch gemerkt, dass ich gut Gespräche mit Leute führen, sie zum Erzählen animieren und zuhören kann. Und für mich hat sich bestätigt: Ich liebe das Gestalten von Büchern.»
Die ausgezeichnete Note, die Lena Estermann für die Arbeit erhalten hat, und die Anerkennung von Familie und Freunden zeigen, dass es ihr ausserordentlich gelungen ist.
Jonas Ettlin hat seinen Traum vom Imkern letztes Jahr nun endlich verwirklicht. Nebst dem Preis der HSLU T&A, den er und sein Team entgegen nehmen durften, kann er bald seinen ersten Honig aus dem selbst gebauten Bienenkasten schleudern. Seine Team-Kollegin Angela Lackner-Teufer entwickelt für seinen Honig Logo und Etiketten.
Weiterlesen:
Medienmitteilung 8. Juli 2022: Vielfältige Projektarbeiten der Berufsmaturandinnen und Berufsmaturanden
Blog-Beitrag 9. Juli 2021: Interdisziplinäre Projektarbeit: Meisterstück der Berufsmaturitätsausbildung
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