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Die höchste Denkmalpflegerin kommt für zwei Jahre aus Luzern

Interview: Vera Bergen 

Bilder: Denkmalpflege Luzern 

Menschen brauchen Geschichte als Fundament ihrer Herkunft - seien es Familiengeschichte(n) oder auch Kulturgeschichte. Die Kantonale Denkmalpflege kümmert sich um die Kulturgeschichte, um unsere geistig-kulturelle Vergangenheit. Ihre Leiterin Cony Grünenfelder engagiert sich in den nächsten zwei Jahren über den Kanton Luzern hinaus. Neu ist sie Präsidentin der Schweizer Konferenz der Denkmalpflegerinnen und Denkmalpfleger KSD. Was das bedeutet, erklärt Cony Grünenfelder im Interview.

Cony Grünenfelder mit weisser Bluse vor einem gelben Gestell in ihrem Büro.
Die kantonale Denkmalpflegerin Cony Grünenfelder in ihrem Büro. Als Denkmalpflegerin ist sie jedoch auch oft unterwegs.

Cony Grünenfelder, herzliche Gratulation zu Ihrer Wahl als Präsidentin der Konferenz der Schweizer Denkmalpflegerinnen und Denkmalpfleger KSD. Was bedeutet es dieses Amt innezuhaben und warum ist es wichtig für Sie und den Kanton Luzern?

Ich trage die Haltung der Konferenz der Schweizer Denkmalpflegerinnen und Denkmalpfleger KSD einerseits nach aussen und andererseits bin ich Ansprechperson sowohl gegenüber den Mitgliedern als auch gegenüber verschiedensten Gremien auf nationaler Ebene. Durch dieses Amt ist es möglich, die Tätigkeit der kantonalen Fachstelle auf nationaler Ebene sichtbar werden zu lassen.

Inwiefern ist Ihre Wahl auch eine Würdigung für die Luzerner Denkmalpflege, deren Leiterin Sie sind und welche Themen werden auf Sie als KSD-Präsidentin zukommen? 

Als Präsidentin vertrete ich die gemeinsame Haltung der kantonalen Denkmalpflege-Fachstellen in der Schweiz. Mir wird einerseits das Vertrauen geschenkt und andererseits die fachliche Kompetenz zugeschrieben, dass ich dieses Amt zu nutzen weiss, um unsere Interessen auf nationaler Ebene einzubringen. In den nächsten Monaten wird insbesondere die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Kultur BAK im Hinblick auf die nächste Kulturbotschaft 2025-2028 wichtig sein. Diese Botschaft wird die Finanzhilfen an die Kantone im Bereich Baukultur regeln. Zudem hat der Bund 2020 die Strategie Baukultur verabschiedet, welche eine umfassende Baukulturpolitik formuliert. Aktuell geht es darum zu klären, welche Rolle den Kantonen dabei zukommt. 

 

Stanislas Rück und Cony Grünenfelder vor einer Türe im Regen.
Stanislas Rück, Dienstchef des Amtes für Kulturgüter des Kantons Freiburg, im November 2022 bei der Übergabe des Präsidiums der KSD an Cony Grünenfelder.

Neben Ihrer Arbeit als Präsidentin der Schweizer Denkmalpflege-Konferenz sind Sie weiterhin als kantonale Denkmalpflegerin tätig. Wie sieht ein normaler Tag bei Ihnen aus?

Als Kantonale Denkmalpflegerin bin ich im direkten Gespräch mit Eigentümern, Planern und Gemeindebehörden, wenn es darum geht Massnahmen an Denkmälern zu planen und zu begleiten. Das heisst, ich bin sehr viel vor Ort, um die Auswirkungen der konkreten Massnahmen auf das historische Objekt beurteilen zu können. Gleichzeitig führe ich unsere Fachstelle mit Mitarbeitenden im Bereich Bauberatung, Inventar, Archiv und Administration.

Bild der Restaurierungsarbeiten innerhalb der Villa Senar in Hertenstein.
Die Restaurierungsarbeiten in der Villa Senar in Hertenstein sind auf Kurs.

Was haben wir im Kanton Luzern aktuell für denkmalpflegerische Themen?

Eine grosse Zahl von historischen Gebäuden wird fachgerecht restauriert und umgebaut. Ein Highlight ist dabei sicherlich die Restaurierung der Villa Senar in Hertenstein. Der Kanton Luzern hat die Villa des Komponisten Sergei Rachmaninoff gekauft und macht sie für die Öffentlichkeit zugänglich. Die erste Etappe der Restaurierungsarbeiten wird im Frühling 2023 abgeschlossen sein. 

 

Anfang November hat die Luzerner Regierung Anpassungen im Denkmalschutzrecht beschlossen. Diese umfassen auch eine Überarbeitung des Kantonalen Bauinventars. Was heisst das für die Denkmalpflege? 

Das Bauinventar ist ein flächendeckendes Hinweisinventar, das den gesamten Gebäudebestand des Kantons auf seinen kulturgeschichtlichen Stellenwert prüft und bewertet. Mit Abschluss der Erstinventarisation Ende 2021 können wir nun unseren Baubestand als Ganzes beurteilen. Systematisch durchgeführte Quervergleiche der Inventarobjekte (z.B. Vergleich aller Schulhäuser im Kanton) haben ergeben, dass einzelne Objekte den Qualitätskriterien nicht genügen und im Rahmen der periodischen Aktualisierung aus dem Bauinventar entlassen werden können. Ausserdem haben seit der Erstinventarisation der ersten Gemeinden vor 15 Jahren zahlreiche Renovationen und Umbauten von inventarisierten Objekte stattgefunden. Es ist davon auszugehen, dass eine gewisse Anzahl von Objekten nach erfolgten Umbauarbeiten den Kriterien des Bauinventars nicht mehr genügen und tiefer einzustufen oder zu entlassen sind. Es handelt sich also nicht um eine generelle Streichung oder Kürzung, sondern um eine fachliche Justierung und Schärfung.

 

Die Anpassungen im Denkmalschutzrecht umfassen auch eine Überarbeitung des Denkmal-Verzeichnisses.  Was hat das für Folgen für Sie und Ihr Team? 

Besonders schutzwürdige Kulturdenkmäler, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, werden in das Kantonale Denkmalverzeichnis (KDV) eingetragen und sind damit eigentümerverbindlich geschützt. Im gesamtschweizerischen Vergleich weist der Kanton Luzern eine sehr geringe Zahl geschützter Objekte auf. Die Analyse durch die kantonale Denkmalpflege zeigte, dass unter den 1'003 im KDV verzeichneten Objekten (Stand Ende 2020) einige Baugattungen wie Kirchen und Kapellen sowie Kornspeicher sehr zahlreich vertreten, andere Baugattungen hingegen nicht oder deutlich untervertreten sind. Im Quervergleich gibt es zudem einzelne Objekte, v.a. aus den ersten beiden Jahrzehnten der Denkmalpraxis, die hinsichtlich der Kriterien heute nicht mehr aufgenommen würden. Hier ist fachlich und rechtlich zu prüfen, ob diese Objekte aus dem Denkmalverzeichnis entlassen werden können. 

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