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Atelier LU Couture: Dank «Corona» zu neuen Näh-Aufträgen

Interview: Sandra Kilchmann

Fotos: LU Couture

Statt die Werkstätten wegen mangelnder Aufträge zu schliessen, produziert das Bekleidungsatelier LU Couture mit seinem Lernenden-Team Schutzmasken. Guter Nebeneffekt: Trotz Corona können die Finanzziele des Unternehmens per Ende Juli erreicht werden. Rufina Hümmer, Geschäftsleiterin von LU Couture, erklärt den neuen Geschäftszweig.

Corona Masken Lu Couture
Masken statt Massanzüge: das Lernenden-Team im Atelier Willisau an der Arbeit
Rufina Hümmer, Geschäftsleiterin LU Couture
Rufina Hümmer, Geschäftsleiterin LU Couture

Rufina Hümmer, wie kamen Sie auf die Idee, Hygienemasken herzustellen?

Kunden und Projektpartner haben uns angefragt, ob wir Textilmasken für SpitexmitarbeiterInnen und auch für den Alltagsgebrauch unserer Privatkundschaft nähen können. Es bestand ja ein grosser Mangel an medizinischen Einwegmasken. Die Einfuhr aus den Beschaffungsländern in Asien war blockiert. Es gab nicht genügend Masken-Vorräte und wir hatten aufgrund Corona-bedingter Auftragslücken genügend Zeit und viel kreative Energie.

Ehrlich: Wer hatte die Idee? Die Chefin oder die Lernenden?

Es kam bereits Anfang März eine Projektanfrage von einem Geschäftskollegen, der vor 15 Jahren in der Vogelgrippe-Zeit bereits ein Masken-Projekt gestartet hatte. Ein Lernenden-Team hat sich mit dem Thema befasst und ein paar Modelle umgesetzt, jedoch wurde das gestalterische Projekt aufgrund Lockdown und Kurzarbeit gestoppt. Wir haben uns dann auf die sehr dringend gebrauchte Entwicklung von funktionalen Masken konzentriert. Diese Textilmasken wurden bei uns in grossen Mengen bestellt, die wir dann in Willisau mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen zusammen mit unseren Lernenden produziert haben. Wir wurden förmlich überrannt mit Aufträgen, innerhalb von vier Wochen wurden fast 35’000 Masken verkauft. (SRF 1 berichtete über unseren Einsatz)

Gab es kritische Stimmen zu den Masken? 

Da vom Maskentragen anfänglich auch von Seiten des Bundesrates eher abgeraten wurde, waren wir auch etwas kritisch. Aber wir befassten uns dennoch intensiv mit dem Thema. Innerhalb kurzer Zeit haben wir im Leitungsteam die Initiative ergriffen und an der funktionalen Textil-Maske getüftelt, da es bisher nur Einweg-Synthetik-Masken auf dem Markt gab. Wir setzten damit auch ein Zeichen für die Nachhaltigkeit - durch wieder verwendbare, lokal produzierte Produkte. 

Corona Masken LU Couture
Half mit bei der Maskenproduktion: Lena Jakubowski - angehende Bekleidungsgestalterin im 2. Lehrjahr

Sind Ihre Masken auch «virusdicht»?

Wir arbeiten mit innovativen Stofflieferanten zusammen. Zum Beispiel hat die Firma WEBA aus dem Appenzell einen Stoff entwickelt, der EMPA-geprüft ist und einen antiviralen Effekt hat. Diesen Stoff setzen wir für unsere Masken ein. Aber auch normale Baumwollstoffe sind geeignet, wenn sie bei mindestens 70 Grad waschbar sind somit steril werden und dadurch wieder verwendbar sind. Eine richtige Handhabung der Maske muss jedoch gesichert sein, hierzu liefern wir eine ausführliche Anleitung mit. 

Bleiben die Masken «nach Corona» im Sortiment?

Wir sind aktiv am Weiterentwickeln von neuen Produkten - die Masken bleiben vorläufig im Sortiment. Wir haben nun ein Business- und Event-Maskenset entwickelt und es kommen diverse Reise- und Veranstaltungsunternehmen auf uns zu, die diese Produkte mit eigenem Firmenlogo bestellen möchten. Für uns ist das eine weitere Chance, am Markt auch online interessant zu bleiben. Alle Produkte sind übrigens im Onlineshop erhältlich.  

Corona Masken Lu Couture
Produktion der Masken im Atelier Willisau
Corona Masken LU Couture
Chic mit Maske made by LU Couture

LU Couture ist ein wirtschaftlich geführtes Unternehmen. Sie haben in Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand jährlich einen bestimmten Umsatz zu erreichen. Wie sieht's dieses Jahr finanziell aus?

Dieses Jahr konnten wir uns mit dem Maskennähen durch die Krise retten. Das Geschäftsjahr wird keine Verluste aufzeichnen. Wir werden jedoch für das nächste Jahr sehr gefordert sein, der Modemarkt verändert sich. Wir kommen durch unseren Innovationsgeist mit neuen Ideen auf den Markt, die den veränderten Bedürfnissen unserer Kunden gerecht werden. Wir freuen uns, durch lokal produzierte Kleidung und textile Produkte eine starke Anerkennung bei der Privatkundschaft zu erhalten, die uns auch weiterhin unterstützen wird – da bin ich sicher. Unser erfolgreiches Engagement in der Nachwuchsförderung und auch im nachhaltigem Denken und Handeln bestärkt uns weiterhin, mit frischen Ideen in die Zukunft zu investieren.

LU Couture – 30 Ausbildungsplätze für  BekleidungsgestalterInnen in Luzern und Willisau

Ausbildungsplätze für Bekleidungsgestalter/-in sind rar – auch im Kanton Luzern. Mit der Gründung des Bekleidungsateliers LU Couture vor acht Jahren änderte sich das. Das Atelier wurde als Verbundlösung von öffentlicher Hand und privatrechtlichem Unternehmen geschaffen und hat zum Ziel, Mode nach Mass zu nähen und die lange Handwerkstradition aufrecht zu erhalten. Ein zentrales Element ist die Nachwuchsarbeit. Gab es zuvor im Kanton Luzern noch gerade mal drei gewerbliche Ausbildungsplätze, bietet LU Couture an den Standorten Willisau und Luzern heute 30 jungen Menschen die Möglichkeit für eine berufliche Grundbildung. Die angehenden Bekleidungsgestalter/innen EFZ arbeiten sehr schnell produktiv mit, entwerfen und produzieren auf Kundenwunsch exklusive Kleidungsstücke und Modeaccessoires – vom einfachen Seidenschal über das Business-Outfit bis zum Hochzeitskleid. Seit fünf Jahren führt LU Couture im KKL in Luzern den «Fashion Day for Generations» durch, der in der Modebranche bereits ein grosses Ansehen geniesst.  

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