Text: Blogredaktion
Die Luzerner Regierung will den Lehrberuf attraktiver gestalten und so den Fachkräftemangel an Schulen auffangen. Unter anderem sollen die Arbeitsbedingungen beim Berufseinstieg und bei schwierigem Verhalten von Lernenden verbessert werden. Weiter sollen ab Schuljahr 2025/2026 die Löhne von Lehr- und Fachpersonen aller Schulstufen und Musikschulen an die ursprünglich vorgesehene Lohnentwicklung angeglichen werden. Als nächstes kommen Gemeinden und Verbände zu Wort. Im Herbst entscheidet der Kantonsrat über die Finanzierung der insgesamt sechs Massnahmen.
Für eilige Leser und Leserinnen:
- Im Kanton Luzern soll der Mangel von Lehrpersonen durch sechs Massnahmen zur Attraktivierung des Lehrberufs angegangen werden.
- Zwei Massnahmen betreffen Lehrpersonen aller Stufen, vier Massnahmen betreffen die Volksschule.
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Für alle Schulstufen sollen die Löhne ab Schuljahr 2025/26 an die ursprünglich vorgesehene Lohnentwicklung angeglichen werden.
- Weitere Massnahmen umfassen unter anderem Unterstützung beim Berufseinstieg sowie bei herausforderndem Schülerverhalten. Zudem sollen Fachkarrieren ermöglicht werden und mittelfristig soll das Lohnsystems für Lehrkräfte überarbeitet werden.
- Als nächstes können sich Gemeinden und Verbände zu diesen Massnahmen, insbesondere zu deren Finanzierung, äussern.
- Voraussichtlich im Oktober 2024 entscheidet der Kantonsrat via Aufgaben- und Finanzplan über die Kosten.
Im Kanton Luzern ist der Fachkräftemangel im Lehrberuf weiterhin eine grosse Herausforderung. Die steigenden Lernendenzahlen und die bevorstehende Pensionierung vieler Lehrkräfte verschärfen das Problem zusätzlich. Besonders davon betroffen ist die Volksschule. Darum präsentiert der Regierungsrat ein Massnahmenpaket, um den Lehrberuf attraktiver zu machen. «Damit wollen wir dem Fachkräftemangel im Schulbereich mit konkreten und wirkungsvollen Massnahmen entgegentreten», erklärt Bildungs- und Kulturdirektor Dr. Armin Hartmann. «Die ersten Massnahmen sollen bereits ab dem Schuljahr 2025/2026 erfolgen», so der Regierungsrat weiter. Bereits heute unterrichten über 60 Personen in Schulklassen, die über keine Lehrausbildung verfügen. «Dies wird längerfristig nicht nur die Qualität der Bildung, sondern den eigentlichen Betrieb der Volksschule gefährden, Abwanderungen von Lehrpersonen in andere Kantone oder Branchen sind folgenschwer. Hier müssen wir Gegensteuer geben», so Hartmann.
Zwei Massnahmen rund um den Lohn
Die von der Regierung vorgestellten Massnahmen umfassen verschiedene Aspekte des Lehrberufs - zwei davon beziehen sich auf den Lohn. Für alle Lehr- und Fachpersonen aller Schulstufen und Musikschulen sollen die Löhne ab Schuljahr 2025/26 an die ursprünglich vorgesehene Lohnentwicklung angeglichen werden. Aufgrund früherer Konsolidierungspakete konnten die Stufenanstiege der Löhne nicht voll gesprochen werden. Mittelfristig soll ausserdem das Lehrpersonalrecht für alle Schulstufen überprüft und überarbeitet werden. Bildungsdirektor Armin Hartmann erklärt: «Dazu gehört die Überarbeitung des Lohnsystems, welche die Lohneinstufung vereinfachen wird». Ein entsprechender Projektauftrag in Zusammenarbeit mit der Dienststelle Personal wird aktuell erarbeitet.
Bildungsdirektor Armin Hartmann zu den Massnahmen
Armin Hartmann, die Luzerner Regierung präsentiert sechs Massnahmen im Kampf gegen den Mangel an Lehrpersonen. Wie wurden diese Massnahmen erarbeitet?
Es wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche die Situation aufgrund der statistischen Daten analysiert und daraufhin eine umfassende Umfrage bei Lehrpersonen durchgeführt hat. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgte in einer Arbeitsgruppe mit Vertretenden der Personalverbände. Ein erstes Massnahmenpaket wurde an der Regionalkonferenz mit Schulleitenden zur Diskussion gestellt. Das nun vorliegende Massnahmenpaket ist das Ergebnis einer partizipativen Konzipierung mit der grösstmöglichen Passung an die Anliegen eines attraktiven Lehrberufs.
Einige der vorgeschlagenen Massnahmen sollen bereits per 2025/2026 umgesetzt werden. Warum ist das nun so dringend?
Die Lohnkurve führt zu Abgängen von routinierten Lehrpersonen. Das müssen wir unbedingt vermeiden. Die Angleichung des Lohns auf die ursprünglich vorgesehene Lohnentwicklung ist daher dringend nötig. Wenn die Analyse des Lehrpersonalrechts vorliegt, wird die Regierung wohl auch über eine Marktlohnangleichung diskutieren. Zudem benötigen wir Massnahmen, die Luzern einzigartig machen, so dass PH-Studierende unbedingt hier bleiben wollen.
Welches ist in Ihren Augen die wichtigste Massnahme?
Es handelt sich hier um ein Paket, das auf die dringendsten Aspekte der Attraktivierung des Lehrberufs zielt. Ich würde auf keine der Massnahmen verzichten wollen.
Vier Massnahmen im Volksschulbereich
Die weiteren vier Massnahmen betreffen ausschliesslich die Volksschule. Diese sollen ebenfalls ab dem Schuljahr 2025/2026 umgesetzt werden. Die Regierung schlägt vor, dass Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen mit einem Pensum von mindestens 80 Prozent, während den ersten zwei Jahren, um bis zu zwei Unterrichtsstunden entlastet werden sollen. Davon müssen sie eine Stunde für regelmässiges Coaching verwenden. «Mit der Entlastung und dem Coaching wollen wir sicherstellen, dass der Berufseinstieg auch in einem hohen Arbeitspensum positiv erlebt wird. Berufseinsteigende, aber auch Wieder- und Quereinsteigende sollen sich ab dem ersten Arbeitstag gut begleitet fühlen und eine Anlaufstelle in herausfordernden Situationen haben», erläutert Martina Krieg, Leiterin der Dienststelle Volksschulbildung.
Bisher wurde das Fehlen beruflicher Entwicklungsmöglichkeiten oft als Grund genannt, warum der Beruf langfristig unattraktiv bleibt. Deshalb sollen als eine weitere Massnahme, Lehrpersonen Fachkarrieren ermöglicht werden. Diese Fachkräfte bringen zusätzliches Wissen und Fähigkeiten ins Schulsystem ein. Beispielsweise im Bereich Begabungs- und Begabtenförderung oder ICT, auch das Coaching von Berufseinsteigenden gilt als Fachkarriere.
Mit dem «Projekt Verhalten» als dritte Massnahme sollen konkrete Angebote geschaffen werden, die Lehrpersonen und Schulteams im Umgang mit herausforderndem Verhalten von Lernenden unterstützen. Dieses Thema zählt ebenfalls zu denjenigen Faktoren, welche die Berufszufriedenheit der Lehrpersonen negativ beeinflussen. Eine vierte Massnahme betrifft die Mitfinanzierung der Ausbildung von schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen über einen Zeitraum von sechs Jahren. Martina Krieg erklärt: «Es ist wichtig, dass schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen angemessen qualifiziert sind. Dies ist derzeit nicht überall an den Luzerner Schulen der Fall. Um bereits angestellten Lehrkräften im Kanton Luzern die Möglichkeit zu geben, die Ausbildung nachzuholen, werden Personen mit familiären und finanziellen Verpflichtungen während der Ausbildung finanziell unterstützt».
Martina Krieg, Leiterin der Dienststelle Volksschulbildung, zu den Massnahmen
Martina Krieg, die Volksschule ist am stärksten vom Lehrpersonenmangel betroffen. Daher betreffen auch vier von sechs Massnahmen die Volksschule. Darunter ist auch eine Massnahme zu herausforderndem Verhalten von Lernenden. Warum ist dies ein Schwerpunkt?
Herausfordernde Situationen mit Lernenden sind der Belastungsfaktor Nr. 1 für Lehrpersonen. In den letzten Jahren ist eine grosse Zunahme von Lernenden mit Beeinträchtigungen im Bereich Verhalten und sozio-emotionale Entwicklung festzustellen. Seit 2018 hat sich die Zahl der Fälle verdoppelt. Hier braucht es Massnahmen, damit das Schulfeld professionell und kompetent mit solchen Situationen umgehen kann.
Warum wurde auch spezifisch auf den heilpädagogischen Bereich fokussiert?
Im Kanton Luzern benötigen wir mehr sehr gut ausgebildete schulische Heilpädagogen und Heilpädagoginnen, darum soll es für Personen mit finanziellen und familiären Verpflichtung eine Ausbildungsunterstützung geben.
Was versprechen Sie sich von diesen Massnahmen?
Dass der Kanton Luzern attraktiv ist als Arbeitsort für Lehrpersonen – wir bieten Arbeitsbedingungen, die es in anderen Kantonen so nicht gibt.
Wie weiter?
Die vorgeschlagenen Massnahmen werden den Kanton im kommenden Jahr voraussichtlich etwa 10.5 Millionen Franken und die Gemeinden etwa neun Millionen Franken kosten. Danach werden die Kosten für den Kanton auf etwa 25 Millionen Franken und für die Gemeinden auf rund 21 Millionen Franken steigen. Über die Finanzierung dieser Massnahmen wird nach der Konsultation der Gemeinden sowie der schulischen Berufsverbände im ordentlichen Prozess der Aufgaben- und Finanzplanung AFP entschieden. Geplant ist, dass die Konsultationen bis Anfang Mai 2024 abgeschlossen sind. Daraufhin wird der Kantonsrat - voraussichtlich im Oktober 2024 - über den AFP beraten.
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Thomas (Samstag, 23 März 2024 08:39)
Grundsätzlich finde ich den Plan gut von Armin Hartmann, danke. Bei Frau Kriegs Aussagen werfen sich jedoch Fragen auf.
Nach einer oberflächlichen Überprüfung der Umfrageergebnisse von Econcept möchte ich betonen, dass die Belastung der Schulleitungen im Umgang mit auffälligem Verhalten um 10% höher liegt als die der Lehrpersonen. Die Anzahl der Lehrpersonen, die eine "sehr hohe Belastung" angegeben haben, beträgt 51%, während bei den Schulleitungen dieser Wert bei 84% liegt.
Ich bin der Meinung, dass die Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule grundlegend überarbeitet werden sollte, um den Lehrpersonen den angemessenen Umgang mit herausforderndem Verhalten beizubringen.
Lustig finde ich, dass hier vor Kurzem ein Blogbeitrag über Fakenews erschien.
Es wäre sehr hilfreich, eine gründliche Evaluierung durchzuführen, um die Gründe für das vermehrte Auftreten von "verhaltensauffälligen" Schülerinnen und Schülern zu verstehen. Es ist wichtig, dabei nicht voreingenommen Corona oder soziale Medien zu verdächtigen. Eine umfassende Evaluation ist unerlässlich. Möglicherweise fühlen sich die Kinder auch vernachlässigt, insbesondere angesichts des erheblichen Fachkräftemangels in der Schule. Es ist alarmierend, dass im Bereich der schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen auf der Oberstufe ein Mangel von satten 92% besteht. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Diskussion darüber, ob Vernachlässigung vorliegt. Es ist bedauerlich, dass die Unterstützung der Regierung in diesem Bereich nur für 6 Jahre geplant ist.
BKD-Blogredaktion (Montag, 25 März 2024 11:41)
Herzlichen Dank für Ihren Kommentar. In Namen von Martina Krieg, Leiterin der Dienststelle Volksschulbildung, können wir Ihnen folgende Antwort geben:
Die Überprüfung der Schulleiter/innen-Pensen gehören nicht zum Paket der Massnahmen zur Attraktivierung des Lehrberufs sondern zum Projekt «Berufsauftrag Schulleitende und shared Leadership». Die Ausbildung der Pädagogischen Hochschule PH wurde bereits in allen Modulen analysiert, inwiefern eine Verknüpfung auch mit dem Thema «Verhalten sinnvoll ist. Die PH-Ausbildung ist eine Grundausbildung und kann nicht für jede Anforderung des Berufs vertieft ausbilden. Für eine Vertiefung stehen interessante Weiterbildungsangebot zur Verfügung.
Die Zahlen zum ausgebildeten Personal im heilpädagogischen Bereich unterscheiden sich deshalb, weil sich die Zählweise nationale und kantonal unterscheidet. Im Kanton Luzern wird ein doppeltes Kompetenzprofil gefordert, d.h. ein Lehrdiplom und ein Master MA in schulischer Heilpädagogik SHP. In anderen Kantonen reicht ein MA, daher haben wir bei der kantonalen Zählweise tiefe Quoten.
Das erhöhte Auftreten der Verhaltensthematik wird schweizweit von Fachleuten diskutiert, breit anerkannte empirische Befunde gibt es noch keine, es bleibt eine vielschichtige Herausforderung.
Die Regierung muss Schwerpunkte setzen, wo sie ihre beschränkten Mittel investieren kann. Im Fall der Ausbildungsunterstützung für SHP-Studierende wird ein Versuch gestartet mit dem Zeithorizont von sechs Jahren, die Wirkung wird beobachtet werden.