Text und Bilder: Gabriela Mischkale,
Redaktionelle Mitarbeit/Bilder Textilmuster: Regula Bürgi, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Dienststelle Hochschule und Kultur
Die Villa Senar ist ein Anziehungspunkt: Für Liebhaber der Musik Rachmaninoffs, für Architekturinteressierte und Kenner des Bauhausstils gleichermassen. Das private Anwesen wurde im April 2022 vom Kanton Luzern gekauft und wird zusammen mit der Rachmaninoff-Stiftung als "Kultur- und Bildungszentrum Senar" ab 2023 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Doch zunächst wird das bald 90 Jahre alte denkmalgeschützte Haus mit Park restauriert und in Stand gesetzt. Ein Ortsbesuch im Zeichen des Handwerks.
Durch die Bäume und über die Mauer der sonst so abgeschiedenen Adresse der Villa Senar auf der Halbinsel Hertenstein dringen Motor- und Klopfgeräusche auf die Landstrasse. Auf dem Grundstück vor dem Haus stapeln sich Baumaterialien, Kastenwagen stehen umher, Menschen in weissen Arbeitsanzügen und Farbtropfen in den Haaren laufen rein und raus. Seit Juli 2022 laufen in der Villa Senar die Restaurierungsarbeiten an der Aussenfassade, im Erdgeschoss und im ersten Stock. Nachdem das gesamte Inventar der Familie Rachmaninoff beschrieben, verpackt und fachgerecht eingelagert wurde, übernahmen Maler, Gipser, Holzrestauratoren, Bodenleger das Gebäude. Ein Ortsbesuch an einem verregneten Dienstag Ende November gibt einen Einblick über den Stand der Arbeiten, die heute wohl viel weiter sind.
Aussen ragt ein Gerüst in den Himmel und macht die Arbeiten auf dem Dach und an der Fassade möglich. Alle haben eine Mission: dieses Baudenkmal der 1930-er Jahre in den Ursprungszustand zu versetzen, die historische Substanz zu erhalten und so das Bildungs- und Kulturzentrum Senar pünktlich zum 150. Geburtsjahr von Rachmaninoff im Frühjahr 2023 zu eröffnen.
Als erstes fällt der Kontrast im Aussenbereich auf: der ehemals weisse Hausanstrich weicht, durch das Gerüst leuchtet die Villa im Originalfarbton in einem freundlichen Gelb hervor. Der neue bauzeitliche Anstrich entspricht einem kräftigen Ockerton.
Im Haus herrscht reges Arbeitstreiben: Wände wurden von Tapeten und orangen Farbschichten freigelegt und erhalten jetzt ihren ursprünglichen leicht marmorierten warmen beigebräunlichen Farbton zurück.
Das «Esszimmer» der Rachmaninoffs dient aktuell den Malern als Arbeitsraum zur Mischung der Farben und als Arbeitsfläche. Trotz Arbeitsutensilien wirkt der Raum leicht und voller Licht.
Bis vor wenigen Wochen schien der Raum noch recht kompakt, die Wände mit orangen Tapeten überzogen. Nur noch die Farbreste hinter der Heizung im angrenzenden Salon geben Zeugnis von der ehemals flächendeckenden Farbintensität.
In Rachmaninoffs Arbeits- und Übungszimmer sind mehrere Handwerker der Firma MVM mit unterschiedlichen Malerarbeiten beschäftigt.
Malermeister Dominik Bieri trägt gerade einen Strukturputz mit der Farbrolle auf. «Dieser Farbe auf Wasserbasis sind kleine Baumwollfasern beigemischt. Das macht eine schöne und natürliche Optik und Haptik», sagt Bieri. Mit der Glättekelle fährt er anschliessend über die Masse und streicht sie glatt. Die Wand verändert sich zügig unter seinen Händen, der Raum wird zunehmend heller.
Daniel Zocchi mischt die Komponenten für den Lack für die Storenrahmen. Im Freien streicht er dann die Metallkonstruktion der Storen an: «Damit der Lack richtig trocknet und dann optimal schützt, sind wir auch ein bisschen auf das Wetter angewiesen». Für eine gleichmässige Trocknung darf die Temperatur nicht unter null fallen. Das wird diesmal wohl gut gehen.
Restauratorin Nathalie Brun von der Firma Peter Egloff Fachbetrieb für Denkmalpflege Luzern arbeitet seit rund sieben Jahren an denkmalpflegerischen Objekten. Sie ist gerade dabei, die Holzleisten zweier Zimmer zu reinigen. Sie benutzt dafür ein weiches Schleifvlies, das sie in eine sehr schwache Lauge tunkt und damit in kreisenden Bewegungen die Oberfläche reinigt. «Die Patina dieser Eichenleisten darf nicht verletzt werden, es soll nur der Schmutz raus», sagt Brun, und nimmt anschliessend die überschüssige Feuchtigkeit mit einem saugfähigen Baumwollgarn auf. «Kunst braucht Schutz» - die Aufschrift auf Bruns T-Shirt - ist hier Programm. Vor ihr liegen rund 30 Bodenleistenstücke.
Zur gleichen Zeit sucht das für die Restaurierung zuständige Kernteam die Stoffe für verschiedene Möbel aus. Beteiligt sind die Bauherrenvertreter (Dienststelle Immobilien, Severin Elvedi), die Kantonale Denkmalpflege (Cony Grünenfelder), die Nutzungsvertretung (Dienststelle Hochschulbildung und Kultur, Regula Bürgi), der Architekt (MSA Meletta Strebel Architekten, Reto Padrutt) sowie Kunsthistoriker Heinz Horat sowie die Spezialistinnen für Polsterarbeiten von raum.bild. Es geht darum, so nah wie möglich an die Originalbezüge zu kommen, damit die Gäste, die in Zukunft darauf sitzen werden, sich zumindest für einen Moment bei Rachmaninoff zu Hause wähnen.
Draussen reisst die Wolkendecke kurzfristig auf und wirft ein paar Novemberstrahlen auf die gelbe Fassade. Für einen Moment taucht schon das Bild auf, wie schon in wenigen Monaten hier Kulturbetrieb herrschen wird.
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