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Sozialraumorientierte Schule - Lernen mit und von der Gemeinschaft

Das Interview mit Urs Amstutz führte Romy Villiger / Bilder: Dienststelle Volksschulbildung

Das Projekt «Sozialraumorientierte Schulen», das mittlerweile an sechs Volksschulen erfolgreich praktiziert wird, wurde Ende 2019 mit dem Luzerner Kinder- und Jugendaward ausgezeichnet. Der Leiter des Projekts, Urs Amstutz von der Dienststelle Volksschulbildung, erklärt im Gespräch das Projekt, erläutert die Ziele und bisher Erreichtes.

«Sozialraumorientierte Schulen gewinnen Kinder- und Jugendaward 2019» - so lautete die Schlagzeile im Dezember 2019. Was muss man sich denn unter sozialraumorientierten Schulen vorstellen?

(Urs Amstutz): Das sind Schulen, die mit Bildungspartnern aus dem Quartier bzw. aus der näheren Umgebung der Schule gewinnbringende Kooperationen in den Bereichen Freizeit, Kultur und schulergänzende Betreuung eingehen. Beispielsweise hat eine Schule auf ihrem Areal Platz für die Ludothek zur Verfügung gestellt. Die Ludothek «rückt» damit näher zur Schule. Sie organisiert am Mittwochnachmittag Angebote auf dem Pausenplatz. Die Schule wiederum kann die Angebote der Ludothek auch in den Schulbetrieb und in den Unterricht integrieren - eine klare Win-win-Situation.

Kinder in der Freizeit auf dem Schulhof.
Schule ist, wenn Kinder sich ausserhalb des Unterrichts im Spiel begegnen.

Die Schule arbeitet also vermehrt mit Personen und Organisationen ausserhalb des Schulbetriebs zusammen und vergrössert damit den Raum für soziale Kontakte. Welche weiteren Ziele verfolgt das Projekt?

Die Schule ist einer der wenigen Orte, wo viele Bevölkerungsgruppen zusammenkommen. Diese Vielfalt an Kulturen und Lebensformen gilt es zu nutzen. Die Schule soll zu einem Begegnungszentrum werden. Sie soll ihre Räume öffnen und nicht nur auf die formale Schulbildung, sondern auf eine umfassende Bildung fokussieren. Kinder lernen bekanntlich nicht nur in der Schule.

Schulhof Weidenbogenbau
Schule ist, wenn Schulkinder, Geschwister, Eltern und Lehrpersonen gemeinsam einen Weidenbogen bauen.

Seit wann gibt es «Sozialraumorientierte Schulen» und wer macht mit?

Das Projekt wurde 2012 initiiert. Heute, im Jahr 2020, machen sechs Schulen mit: zwei Schulen der Stadt Luzern (Littau und St. Karli), Nebikon, das Schulhaus Meierhöfli in Emmenbrücke, Wauwil und das Schulhaus Kotten in Sursee.

Diese Schulen sind also bereits einige Jahre «sozialraumorientiert» unterwegs. Ist das im Alltag spürbar bzw. was läuft anders bei ihnen? 

Die Schulen haben ein Netzwerk aufgebaut, das weit über das schulische Umfeld hinausreicht und ihren Sozialraum um ein Vielfaches erweitert. Es trägt Lernende, Eltern bzw. Erziehungsberechtigte und Lehrpersonen. Das Vertrauen in die Schule wächst. Die Kommunikation - gerade mit Fremdsprachigen - funktioniert besser. Die Übergänge wie Kindertagesstätte - Schule, Freizeit - Schule, Schule - Berufslehre usw. verlaufen harmonischer, weil die Partner den Dialog pflegen und miteinander in Kontakt sind: Man spricht miteinander! Die Schule wird für die Eltern zu einem sicheren Ort, gerade auch ausserhalb der Unterrichtszeit. Treten Probleme auf wie z.B. Sucht, Gewalt, Mobbing usw., können rasch entsprechende Fachstellen kontaktiert werden. Insofern leisten sozialraumorientierte Schulen auch wichtige Präventionsarbeit.

Schulkinder im Gespräch mit einem Müllabfuhrmitarbeiter am Müllauto
Schule ist, wissen, wie die Fahrerkabine der Müllabfuhr von innen aussieht und wie technisch modern der Müllwagen funktioniert.

Das klingt vielversprechend. Wie geht es nun weiter?

Die sechs Schulen werden aktuell vom Projekt- in den so genannten Regelbetrieb übergeführt und erhalten von der Dienststelle Volksschulbildung das Label Schule mit besonderem Profil «Sozialraumorientiere Schule». Damit verbunden sind für die nächsten Jahre auch finanzielle Beiträge. Bereits haben weitere Schulen ihr Interesse am Modell bekundet. Sie möchten ihre Schule auch so gestalten. 

Nun hat das Projekt den kantonalen Kinder- und Jugendaward 2019 erhalten. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

Primär natürlich Freude und Anerkennung für die grosse Arbeit und das enorme Engagement, das die Schulen geleistet haben. Und ebenfalls wichtig: Der Bekanntheitsgrad für dieses zukunftsträchtige Modell der sozialraumorientieren Schulen oder der «Bildungslandschaften», wie solche Schulen in anderen Kantonen genannt werden, wird gesteigert und gestärkt. 

Neben Ruhm und Ehre bringt der Award auch Geld. Wofür setzt ihr das Preisgeld ein?

Wir werden einen Imagefilm produzieren, der konkret zeigt, was sozialraumorientierte Schulen machen und was sie bewirken.



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