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«Ateliers de français»: Abwechslung für den Französisch-Unterricht ist nun für Schulen kostenlos

Interview: Vera Bergen

Bilder: Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz BKZ

Schach spielen? Roboter programmieren? Turnen? Und das alles auf Französisch! Bei den «ateliers de français» übernehmen französischsprachige Personen inner- und ausserhalb des Schulzimmers für eine bis drei Lektionen den Unterricht und die Schülerinnen und Schüler lernen die französische Sprache ganz neu kennen. Seit Sommer 2024 sind die Ateliers für Schulen kostenlos.


Für eilige Leserinnen und Leser: 

  • Seit dem Schuljahr 2024/25 können Schulen in der Zentralschweiz kostenlose Französisch-Ateliers buchen. Diese bieten Abwechslung zum normalen Unterricht und werden von Französisch sprechenden Personen geleitet.
  • Die insgesamt 29 Ateliers bieten verschiedene Themen wie Sport, Musik, Theater oder Kulinarik an und dauern zwischen einer und drei Lektionen. Sie richten sich an Schüler ab der 5. Klasse bis zur Sekundarstufe.
  • Die Ateliers sollen die Sprachfähigkeiten der Schüler, vor allem Hören und Sprechen, verbessern und ihre Angst vor dem Sprechen auf Französisch abbauen.
  • Lehrpersonen können die Ateliers über die Website www.allons-y-parlons.ch buchen.
  • Viele Lehrpersonen empfehlen die Ateliers weiter, da sie den Lernenden helfen, sich beim Sprechen der französischen Sprache wohler zu fühlen.

Monika Bucher ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Geschäftsstelle der Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz BKZ. (Bild: zVg)
Monika Bucher ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Geschäftsstelle der Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz BKZ. (Bild: zVg)

Monika Bucher, was genau sind die «ateliers de français»? 

Die Französisch-Ateliers richten sich an Lehrpersonen, welche Französisch in den Schulklassen ab der 5. Klasse bis Ende der Volksschule (3. Sekundarklasse) unterrichten. Auch die Klassen der Untergymnasien können das Angebot in Anspruch nehmen. Aktuell werden 29 Französischateliers zu 13 unterschiedlichen Themen angeboten. Diese reichen von Bewegung und Sport, Musik/Tanz und Geschichten/Theater/Rollenspiele, NMG-Themen (Natur, Mensch, Gesellschaft) zu Kunst, Museumsbesuche und Kulinarik. Die Ateliers dauern je nach Angebot zwischen einer und maximal drei Lektionen. 

 

Mit den Französisch-Ateliers werden aus dem Lehrplan 21 insbesondere Kompetenzen im Bereich Hören, Sprechen und Kulturen im Fokus abgedeckt. Schülerinnen und Schüler berichten z.B., dass sie sich im Französisch-Atelier getraut haben, zu sprechen, auch wenn sie dabei Fehler gemacht haben. 

 

Wie entstand die Idee für die Französisch-Ateliers?

Die Idee für die Französisch-Ateliers entstand im Nachgang einer Auswertung der Fremdsprachenkompetenzen der Schülerinnen und Schüler in den Zentralschweizer Kantonen. Während die Ergebnisse im Englisch erfreulich ausfielen, waren sie im Französisch unbefriedigend. Darum lancierte die Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz BKZ im Sommer 2019 Französisch-Ateliers, um das Französisch zu stärken und die Motivation und Kompetenzen in Französisch im Volksschulbereich zu verbessern. Die Ateliers werden von französischsprachigen Personen oder Personen mit sehr guten Französischkenntnissen durchgeführt und ermöglichen den Schülerinnen und Schülern authentische Begegnungen mit der französischen Sprache und frankophonen Kulturen, sei dies beim Schachspielen mit einem französischen Grossmeister, bei einer virtuellen Reise in die Bretagne oder beim Sport und Musizieren.

«Die Schülerinnen und Schüler erleben einen Motivations-Push. Sie versuchen, sich mit Händen und Füssen in der Zielsprache auszudrücken und da sie dabei auch auf anderen Ebenen gefordert sind, vergessen sie ihre Hemmungen, Fehler zu machen».

Seit diesem Sommer bezahlen Schulen nichts mehr für eine Atelierbuchung. Warum?

Die Kostenbeteiligung der Schulen stellt einen zusätzlichen administrativen Aufwand dar. Die Mitglieder des Netzwerks Französisch haben darum einen entsprechenden Antrag an die BKZ gestellt, die Kosten von 50 Franken pro Atelierbuchung für die Schulen zu streichen. Die BKZ hat den Antrag gutgeheissen und entschieden, ab Sommer 2024 auf die Kostenbeteiligung der Schulen zu verzichten.

Impression aus dem Atelier «Je veux être «FIT»!».
Deutschschschweizer Lernende turnen auf Französisch: Impression aus dem Atelier «Je veux être «FIT»!».

Wie kommen Schulen bzw. Lehrpersonen zu einem Atelier-Termin? 

Der Buchungsprozess läuft über die Website www.allons-y-parlons.ch ab. Die Lehrperson kann direkt eine Buchungsanfrage für das Atelier, welches sie interessiert, stellen. Dabei ist wichtig, dass sie möglichst viele verfügbare Termine angibt, sodass die Atelier-Leiterin oder der Atelier-Leiter eine möglichst grosse Auswahl hat. Wer zum Buchungsvorgang Hilfe braucht, kann auf der Website die Informationen anklicken oder ein Anleitungsvideo schauen. Falls die angegebenen Termine der Atelier-Leitung nicht passen, wird diese versuchen, mit der Lehrperson einen anderen Termin zu vereinbaren. Ausser der Terminvereinbarung ist der Aufwand für die Lehrperson gering. Es kann sein, dass sie zur Vorbereitung des Themas mit den Schülerinnen und Schülern ein bestimmtes Vocabulaire übt. 

Wie wird sichergestellt, dass die Schüler und Schülerinnen durch die Ateliers motiviert werden und positive Erlebnisse mit der französischen Sprache haben?

Für die Schülerinnen und Schüler stellt ein Französisch-Atelier eine Abwechslung zum regulären Unterricht dar. Damit will ich aber nicht sagen, dass der schulische Französischunterricht nicht auch abwechslungsreich sein kann. Die Atelier-Leitenden sind begeistert von der französischen Sprache und der frankophonen Kultur. Diese Begeisterung kann sich auf die Schülerinnen und Schüler übertragen.

 

Eine Lehrerin hat uns zurückgemeldet, dass sie den Gewinn vor allem darin sieht, dass die Schülerinnen und Schüler einen Motivations-Push erleben. Sie versuchen, sich mit Händen und Füssen in der Zielsprache auszudrücken und da sie dabei auch auf anderen Ebenen gefordert sind, vergessen sie ihre Hemmungen, Fehler zu machen. Und wer weiss, vielleicht wecken solche Erlebnisse den Ehrgeiz, sich noch besser in Französisch ausdrücken zu wollen. Bei den älteren Schülerinnen und Schülern könnte daraus ein Nachdenken über Zweck und Nutzen des Lernens der Fremdsprache Französisch folgen.  

«Die Atelier-Leitenden sind begeistert von der französischen Sprache und der frankophonen Kultur. Diese Begeisterung kann sich auf die Schülerinnen und Schüler übertragen».

Nach der Durchführung eines Französisch-Ateliers bitten wir jeweils die Lehrperson, uns anhand von wenigen Fragen ein Feedback zu geben. Gefragt wird zum Beispiel, ob das Atelier methodisch-didaktisch gut geleitet wurde, oder ob sie das Atelier weiterempfehlen würden.  93% der Lehrpersonen sind mit der methodisch-didaktischen Aufbereitung zufrieden, 7% zeigen sich `teilweise` zufrieden. Eine Weiterempfehlung wollen gut 91% abgeben, gerade mal 7% antworten hier mit `bedingt`. Die Rückmeldequote ist mit knapp 60% beziehungsweise 374 Rückmeldungen seit Lancierung des Angebots im Schuljahr 2019/2020 hoch. 

 

Das Feedback der Lehrpersonen wird auch der jeweiligen Atelier-Leiterin oder dem Atelier-Leiter zugestellt und halbjährlich ausgewertet. Sollte eine Atelier-Leitung gehäuft negative Rückmeldungen erhalten (was in den letzten Jahren nicht vorkam), nehmen wir mit dieser Person Kontakt auf. Weiter organisieren wir Treffen mit den Atelierleitenden und den Mitgliedern des Netzwerks Französisch. Dieser Austausch wird sehr geschätzt und bietet Gelegenheit, sich von anderen Tipps geben zu lassen. 

Welche Rückmeldungen haben Sie von Lernenden und Lehrpersonen bisher erhalten?

Rückmeldungen von Lernenden erheben wir nicht. Wir fragen aber die Lehrpersonen, ob die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler positiv waren. 84% der Lehrpersonen, die uns ein Feedback gegeben haben, geben an, dass dies zu 84% zutrifft bzw. zu gut 15% teilweise zutrifft. Da die Rückmeldungen allgemein sehr positiv sind, kann ich nicht von besonders erfolgreichen oder bemerkenswerten Ateliers erzählen. Ich kann aber einzelne Rückmeldungen von Lehrpersonen zitieren: «Die Atelierleitenden kommen mit einer solch freudigen und motivierenden Einstellung in den Unterricht, dass sich dieser fast niemand entziehen kann. Somit ist das Ziel, der Sprache gegenüber ein positives Gefühl zu entwickeln, schon einmal erfüllt.» «Die Schülerinnen und Schüler trauen sich, ihr Französisch anzuwenden, zu sprechen. Es ist endlich mal ein natürlicher Rahmen. Sie merken, dass Französisch viel mehr ist als Grammatik und auswendig lernen im Schulzimmer. Der Aufwand für mich als Lehrperson ist nicht gross: Ich buche ein Atelier, gebe an, zu welchen Zeiten, an welchen Tagen es besonders gut passen würde, und bin selbstverständlich dabei, wenn das Atelier durchgeführt wird».

Im Atelier «Voyage en Romandie» lernen die Schülerinnen und Schüler spielerisch die Westschweiz besser kennen.
Im Atelier «Voyage en Romandie» lernen die Schülerinnen und Schüler spielerisch die Westschweiz besser kennen.

Wie werden Schüler und Schülerinnen mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen und kulturellen Hintergründen in die Ateliers integriert?

Die Atelier-Leitenden werden gebeten, bei unterschiedlichen Sprachkenntnissen der Schülerinnen und Schüler, das Gesagte zusätzlich nochmals in einer einfacheren Art und Weise zu formulieren. Der unterschiedliche kulturelle Hintergrund verursacht keine Probleme. Kinder und Jugendliche mit einem anderen kulturellen Hintergrund sind bereits gewohnt, in eine andere Kultur einzutauchen. Die Französisch-Ateliers bieten für alle Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der eigenen und der frankophonen Kultur zu entdecken. 

Welche Kriterien müssen die Anbieterinnen und Anbieter der Ateliers erfüllen, insbesondere in Bezug auf ihre Sprachkenntnisse? 

Atelier-Leitende müssen entweder französischsprachige Personen oder Personen mit sehr guten Französischkenntnissen sein. Ideal ist, wenn sie bereits mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet haben. Sie müssen weiter bereit sein, in die Schulen aller Zentralschweizer Kantone zu reisen. Da die Atelier-Leitenden nicht zwingend Lehrpersonen sein müssen, erhalten sie von uns Hilfestellung in Form von Tipps zur Vorbereitung und Durchführung der Ateliers, z.B. dass sie langsam sprechen und Sätze wiederholen, oder die Schülerinnen und Schüler ermutigen sollen, auf Französisch zu sprechen bzw. zu antworten. 

 

Inwiefern hängt das Angebot der Themenbereiche mit den Anbieterinnen und Anbietern zusammen?

Das Angebot der Themenbereiche hängt zum grössten Teil mit dem Angebot der Anbieterinnen und Anbieter zusammen. Vereinzelt werden Ateliers-Leitende gezielt nach Thema gesucht, sei dies im sportlichen oder kulinarischen Bereich. 

Im Atelier «Le robot Thymio dans la salle de classe» nutzen Lernende die Möglichkeit des Programmierens der ETH Lausanne in Verbindung mit der französischen Sprache.
Im Atelier «Le robot Thymio dans la salle de classe» nutzen Lernende die Möglichkeit des Programmierens der ETH Lausanne in Verbindung mit der französischen Sprache.

Welche Rolle spielt die Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz in der Umsetzung des Projekts?

Die Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz hat das Angebot lanciert und unterstützt es finanziell, einerseits durch die Abdeckung der Honorare und Spesen der Ateliers-Leitenden wie andererseits durch die personellen Ressourcen bei der BKZ Geschäftsstelle, welche für die Website und die administrative Abwicklung der Französisch-Ateliers sowie die Betreuung der Atelier-Leitenden zuständig ist.  Für die Umsetzung und Weiterentwicklung des Projekts ist das Netzwerks Französisch verantwortlich. Die Mitglieder sind Personen aus den kantonalen Bildungsverwaltungen, welche sich um die Fremdsprachen kümmern. Unterstützt wird dieses Netzwerk von Dozierenden aus den Pädagogischen Hochschulen der Zentralschweiz, Luzern, Schwyz und Zug. 

«Alors, c’est à vous chères enseignantes et chers enseignants!»

Welche Pläne und Visionen haben Sie für die Zukunft der Französisch-Ateliers? 

Wir bemühen uns zusammen mit den Mitgliedern des Netzwerks Französisch das Angebot der Französisch-Ateliers noch bekannter zu machen. Unsere Vision ist, dass jede Schülerin und jeder Schüler mindestens ein Mal während der Volksschule in den Genuss eines Französisch-Ateliers kommt. Alors, c’est à vous chères enseignantes et chers enseignants! 

 

Eine Ausweitung auf andere Regionen ist nicht geplant, wir stellen aber anderen Regionen gerne die Idee und das Konzept zur Verfügung. Zusätzliche Themenbereiche ergeben sich mit neuen Atelier-Leitenden. Wir sind gespannt, wie sich das Angebot weiterentwickeln wird.


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