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BBZN: Milch erlebt ein Comeback und die Ausbildung zieht mit

Interview/Bilder: Anita Lustenberger

Milch und Milchprodukte erleben eine Renaissance, auch wenn der öffentliche Fokus zeitweise auf pflanzliche Alternativen gerichtet war. Proteinpudding, Kefir, Skyr und Co. rücken wieder verstärkt ins Bewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten. Treiber dieses aktuellen Wandels sind Herkunft und Inhalt der Produkte sowie Gesundheit und Funktionalität. Das Berufsbildungszentrum Natur & Ernährung BBZN als Kompetenzzentrum der Milchwirtschaft in Sursee beobachtet diese Entwicklungen aufmerksam. Daraus ergeben sich Anpassungen in der Aus- und Weiterbildung.


In Kürze:

  • Milch und Milchprodukte erleben ein Comeback.
  • Viele Menschen achten stärker auf Herkunft, Transparenz und natürliche Inhaltsstoffe. Das stärkt die Schweizer Milchwirtschaft.
  • Laktosefreie und eiweissreiche Produkte sprechen neue Kundinnen und Kunden an.
  • Das Berufsbildungszentrum Natur & Ernährung BBZN reagiert auf Marktveränderungen mit praxisnaher Aus- und Weiterbildung, modernem Unterricht und aktuellen Fachinhalten.
  • Der Vorbereitungskurs zur Berufsprüfung Milchtechnologe/-in (Fachschule 1) kann nun auch berufsbegleitend absolviert werden. Ab Sommer 2027 dann ebenso die Vorbereitung auf die Meisterprüfung

Philipp Ruckli ist seit 2008 Prorektor am Berufsbildungszentrum Natur & Ernährung. (Bild: zVg)
Philipp Ruckli ist seit 2008 Prorektor am Berufsbildungszentrum Natur & Ernährung. (Bild: zVg)

Philipp Ruckli, sind Sie als Prorektor am BBZN in Sursee und Leiter des Berufsfeldes Milchwirtschaft mit der Aussage einverstanden, dass Milch Teil eines gesunden Lebensstils ist?

Ja, tatsächlich (schmunzelt). Diese Aussage freut mich, denn Milchprodukte sind gemäss aktuellen Statistikzahlen im Aufwind. Besonders gefragt sind Erzeugnisse mit hohem Proteingehalt und funktionellem Mehrwert, die zur bewussten Ernährung und zum Fitness-Lifestyle passen. Gleichzeitig gewinnen die natürlichen Inhaltsstoffe der Milch, wie Kalzium, Magnesium und Vitamine, an Bedeutung.

 

Kommt das einer Trendwende gleich?

Für die Schweizer Milchbranche ist das eine Bestätigung ihrer Qualitätsstrategie und ein Signal, dass Konsumentinnen und Konsumenten vermehrt auf regionale und wertvolle Produkte setzen. Das Bedürfnis nach Transparenz und Rückverfolgbarkeit bei Lebensmitteln ist gestiegen. Diese Werte fliessen zunehmend in die Kaufentscheidungen ein.

Ist die aktuelle Nachfrage nach Milch nachhaltig?

Ich hoffe es. Laktosefreie Innovationen eröffnen neue Märkte. Die Vielfalt an laktosefreien und -reduzierten Milchprodukten wächst. Das spricht neue Konsumentengruppen an, etwa Menschen mit Laktoseintoleranz, die bisher auf pflanzliche Alternativen ausgewichen sind. Ich denke, pflanzliche Alternativen ergänzen, ersetzen aber nicht. Feststeht, dass der einstige Hype um vegane Ersatzprodukte sich derzeit abschwächt.

Wie trainiert das BBZN Lernende und Weiterbildungswillige im Bereich Milchwirtschaft in Zeiten sich verändernder Konsumgewohnheiten?

Die Anpassung der milchwirtschaftlichen Praktiken auf die Gegebenheiten in der Gesellschaft ist bei uns zentral. So werden neue Milchalternativen im Unterricht thematisiert und ihre Entwicklung beobachtet. Auf alle Markttrends muss auch die Aus- und Weiterbildung am BBZN eine Antwort finden. Da setzen wir an! Als Dozierende mit spezialisiertem Fachwissen bieten wir praxisorientierten Unterricht. Zusammen mit der BBZN-Infrastruktur, die einen Modellbetrieb und ein Labor umfasst, gewährleisten wir so einen nachhaltigen Lernerfolg.


Infobox: Bildungsangebote im Fachbereich Milchwirtschaft am BBZN

BBZN-Ausbildung:

  • Milchpraktiker/in EBA: Milchpraktiker/innen arbeiten in Käsereien und Molkereien. Sie stellen aus dem natürlichen Rohstoff Milch viele Käsesorten, Butter, Konsummilch und Rahm sowie Jogurt, Quark, Glace, Dessertprodukte oder Milchpulver her.
  • Milchtechnologe/in EFZ: Milchtechnologinnen und Milchtechnologen steht eine Berufsausbildung zur Verfügung, die eine enorme Breite von Tätigkeiten und Produkten umfasst - von der Arbeit an den Käsefertigern, Jogurtfermentern über die Tätigkeiten in Labors bis hin zu den Verpackungsmaschinen. Die Berufsleute stellen aus dem natürlichen Rohstoff Milch viele Käsesorten, Butter, Konsummilch und Rahm sowie Jogurt, Quark, Glace, Dessertprodukte oder Milchpulver her.

BBZN-Weiterbildung:

  • Milchtechnologe/in eidg. Fachausweis (Fachschule 1): In der Fachschule 1 wird die höhere Berufsbildung im Bereich Milchwirtschaft vermittelt. Die Fachschule ist für Milchtechnologen/loginnen mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis und für Fachhörer/innen offen. Sie bereitet auf die eidgenössische Berufsprüfung (BP) als Milchtechnologe vor. Die nächste Infoveranstaltung für die Fachschule 1 findet am 10. März 2026 statt.
  • Käser-/Molkereimeister/in (Fachschule 2): Die Fachschule 2 ermöglicht es, sich das betriebswirtschaft­liche Know-how der höheren Berufsbildung als Milchtechno­login oder Milchtechnologe anzueignen. Unternehmerisches und marktorientiertes Denken, problemorientiertes Handeln und die Team- und Inno­vationsfähigkeit stehen im Fokus. 


Worauf kommt es Ihnen bei der Vermittlung von Wissen an die Lernenden in der Grundbildung an?

Uns ist wichtig, den Lernenden zu vermitteln, wie vielseitig und bedeutend ihr Beruf ist. Milchtechnologinnen und Milchtechnologen sowie Milchpraktikerinnen und Milchpraktiker produzieren Genuss und leisten täglich einen Beitrag zu einer gesunden Ernährung. Sie sollen verstehen, wie traditionelles Wissen und neue Erkenntnisse zusammenwirken: von alten Rezepturen bis zu modernen Produktionsverfahren. So entstehen Produkte wie Milchdrinks, Käse, Joghurt, Quark oder Desserts und die Lernenden erfahren, dass ihr Beruf nicht nur Handwerk, sondern auch Leidenschaft und Verantwortung für Qualität ist.

Gehört zum Berufsalltag einer Milchtechnologin: Käsemasse aus den Formen entnehmen.
Gehört zum Berufsalltag einer Milchtechnologin: Käsemasse aus den Formen entnehmen.

Welche Botschaft haben Sie für Berufsleute, die sich in der Milchwirtschaft weiterentwickeln wollen?

Wer sich in der Milchwirtschaft weiterentwickeln möchte, soll dies mit der Praxis vereinbaren können. Darum wurde der Vorbereitungskurs zur eidgenössischen Berufsprüfung Milchtechnologe/-in (Fachschule 1) am BBZN in Sursee neu konzipiert und kann nun auch berufsbegleitend besucht werden. Die Unterrichtsinhalte werden über einen Zeitraum von zwei Jahren vermittelt. Dieses neue Modell ist in die bestehende Vollzeitausbildung integriert. Es eignet sich für Berufsleute, die aus betrieblichen Überlegungen nicht während der gesamten Arbeitswoche abkömmlich sein können oder auf ein Einkommen während der Weiterbildung angewiesen sind. Ab Sommer 2027 wird es auch möglich sein, den Vorbereitungskurs auf die Meisterprüfung berufsbegleitend zu absolvieren.


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