Text: Blog-Redaktion
Bilder: Projekt für ein Neues Luzerner Theater / Ilg Santer Architekten
Nun steht das Siegerprojekt fest: Das Zürcher Architekturbüro ilg santer hat den Wettbewerb für den Bau des neuen Luzerner Theaters mit seinem Projekt «überall» gewonnen. Die Besonderheit von «überall» liegt darin, dass das alte Theatergebäude bestehen bleibt und durch einen modernen Anbau ergänzt wird.
«Vielleicht gibt es eine Mischvariante: Es entsteht etwas betrieblich vollkommen Neues, gleichzeitig bleibt die Nordfassade erhalten». So wurde der Luzerner Bildungs- und Kulturdirektor Marcel Schwerzmann 2019 in der Luzerner Zeitung zitiert. Es ging um das künftige Ortsbild rund um das neue Luzerner Theater. Nun steht das Siegerprojekt für das neue Luzerner Theater fest und es zeigt sich, Marcel Schwerzmanns Aussage war unerwartet prophetisch.
Denn das Siegerprojekt mit dem Namen «überall» der Zürcher Architekten ilg santer verbindet das alte Theatergebäude von 1839 mit einem Anbau in Richtung Jesuitenkirche. Die moderne Erweiterung beherbergt verschiedene Säle, im Altbau sind künftig die Publikumsbereiche untergebracht. Die neuen Bauteile schlagen damit eine Brücke zwischen dem Kirchenbau aus dem 17. und dem Theaterbau aus dem 19. Jahrhundert.
Blick in die Zukunft: So soll «überall» aussehen
Der Entscheid zum Erhalt des alten Theatergebäudes führt im Innern zu einer kompletten Neu-Organisation (siehe Bild unten). Im Erdgeschoss öffnet sich das bestehende Haus neu nach allen Seiten und im sogenannten Foyer public entsteht ein Stadtcafé mit Aussenplätzen. Das Foyer im ehemaligen Zuschauerraum ist mehrgeschossig und dient als Auftakt des Theatererlebnisses und als Zugangsraum zu Sälen. Angrenzend an das Foyer befindet sich im Erdgeschoss auch der Haupttheaterraum mit 600 Plätzen (siehe Bild rechts).
Mithilfe eines mechanischen Saalkonvertierungssystems lässt sich der rechteckige Zuschauerraum mit den Hinter- und Seitenbühnen und dem Foyer zu einer multifunktional bespielbaren Fläche verändern. Dies ermöglicht Nutzungen über den klassischen Theaterbetrieb hinaus. Weiter wird die ehemalige Theaterbühne im Altbau zu einer experimentellen Studiobühne ausgebaut.
Auf der obersten Foyer-Ebene gelangt man in den alles überragenden Mittleren Saal mit Blick auf Reuss und Stadt, zudem ist im Dachgeschoss auch das Theater-Restaurant mit Dachterrasse und ebenfalls einem spektakulären Blick untergebracht.
Die Fassade des Neubaus ist wegen der Theater-Nutzung mehrheitlich geschlossen. Einzelne grosse «Stadt-Fenster» geben jedoch Einblick in das Innere des neuen Theater-Gebäudes. Die Fassade besteht aus einer weissen, geschindelten Verkleidung aus unterschiedlich reflektierenden Metallplättchen und fügt sich dank dem hellen Farbton perfekt in das heutige Ortsbild ein.
«Dem Siegerprojekt ist es gelungen, das heutige Theatergebäude inmitten des geschützten Ortsbildes weiterzuentwickeln und eine stimmige Nachbarschaft zur Jesuitenkirche zu gestalten – was ein wichtiges Anliegen in diesem Wettbewerb war», sagt Bildungs- und Kulturdirektor Marcel Schwerzmann. «Gleichzeitig werden auch die betrieblichen Ansprüche des Theaters aufgenommen. Ich bin überzeugt, dass dieses Projekt auf den ganzen Kanton und darüber hinaus ausstrahlen kann und einen wichtigen Entwicklungsschritt für die kulturelle Vielfalt und Strahlkraft bedeutet».
Der Weg zum neuen Luzerner Theater führte über einen zweistufigen Wettbewerb
Schon länger ist klar, dass das 200-jährige Luzerner Theater am Ende seines Lebenszyklus angekommen ist und keinen zeitgemässen Theaterbetrieb mehr erlaubt. Der Luzerner Stadtrat und das Luzerner Stadtparlament haben sich darum 2021 für einen zweistufigen Architektur-Wettbewerb entschieden, der zu einem neuen Luzerner Theater führen soll. Im Oktober 2021 wurde der Projektwettbewerb als offenes, zweistufiges, anonymes Verfahren für Generalplanerteams gestartet. Insgesamt wurden 128 Projekte aus Luzern, aus dem In- und Ausland eingereicht, welche im Oktober 2022 von einem Preisgericht – bestehend aus Fach- und Sachjuroren und –jurorinnen und Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Theater und Politik – bewertet wurden. Zwölf Projekte davon wurden für die zweite Wettbewerbsstufe ausgewählt. Erfreulicherweise stammten vier davon, ohne dass dies dem Preisgericht bekannt war, von Architekturbüros aus Luzern.
Klarer Entscheid zugunsten von «überall»
Am 17. und 20. Oktober 2022 – fast auf den Tag genau ein Jahr nachdem der Projektwettbewerb gestartet wurde – fand die finale Jurierung statt, welche in einem klaren Entscheid zugunsten des Projekts «überall» der Zürcher Architekten ilg santer endete. «Wir freuen uns sehr, zusammen mit dem Luzerner Theater und der Projektierungsgesellschaft ein zukunftsweisendes, einzigartiges Theatergebäude zu realisieren und die Geschichte des Theaters weiterzuführen», sagen die Architekten Marcel Santer und Andreas Ilg nach dem gewonnenen Wettbewerb.
Das Architekturbüro ilg santer wurde von Andreas Ilg und Marcel Santer Ende 2007 in Zürich gegründet. Seither haben ilg santer eine grosse Bandbreite von Projekten vom Innenausbau bis zum städtebaulichen Massstab entworfen. Die Liste der Arbeiten umfasst Ateliers, Brückentragwerke öffentliche Gebäude.
Wie geht’s nun weiter?
Im ersten Halbjahr 2023 wird dem Grossen Stadtrat von Luzern über den Wettbewerb und dessen Ergebnis Bericht erstattet sowie ein Kredit für die weitere Projektbearbeitung vorgelegt. Diese Weiterbearbeitung – einschliesslich der notwendigen Anpassung der Bau- und Zonenordnung – wird rund drei Jahre in Anspruch nehmen. Sagen die Stadtluzerner Stimmberechtigten Ja zum Projekt und der Kostenberechnung wird voraussichtlich 2028 mit dem Bau begonnen. Auch wenn Marcel Schwerzmann dann nicht mehr als Bildungs- und Kulturdirektor amten wird, freut er sich jetzt schon auf die erste Vorstellung im neuen Theater und dass «das neue Luzerner Theater ein attraktiver Begegnungsort wird, der heute und über unsere Generation hinweg genutzt und geschätzt wird. Weil Kunst und Kultur, weil Theater und Musik unverzichtbar sind. Sie sind zentrale Ressourcen unseres Kantons, sie dienen der Bevölkerung, der Wirtschaft, dem Tourismus, der Bildung und der Gesellschaft».
Wer zahlt für das neue Luzerner Theater?
Das Luzerner Theater als professionelles Mehrspartenhaus gehört zum Zweckverband Grosse Kulturbetriebe Kanton Luzern, welcher zum Ziel hat den Bestand und die Weiterentwicklung der fünf grossen Kulturinstitutionen (Luzerner Sinfonie-Orchester LSO, Kunstmuseum Luzern, Verkehrshaus der Schweiz, Lucerne Festival und Luzerner Theater) des Kantons Luzern zu sichern. 2019 haben sich Kanton und Stadt Luzern in einer gemeinsam erarbeiteten Absichtserklärung auf einen neuen Finanzierungsschlüssel für die Betriebsbeiträge im Kulturbereich geeinigt. Im Rahmen dieser Absichtserklärung hat man sich auch über die Finanzierung von anstehenden Investitionen verständigt. So liegt die Federführung für das neue Luzerner Theater bei der Stadt, der Kanton wird beim Verkehrshaus der Schweiz zuständig sein. Die Stadt Luzern hat im Rahmen der geltenden Finanzplanung einen Betrag von 120 Millionen Franken für das Projekt «Neues Luzerner Theater» eingestellt. Für die Umsetzung des neuen Luzerner Theaters wurde eine PPP (Public Private Partnership) gegründet. Die kantonalen Interessen(Public) bringen Vertreter und Vertreterinnen der Stadt und des Kantons Luzern ein. Auf privater Seite (Private) beteiligen sich die Stiftung Luzerner Theater, das Luzerner Sinfonie-Orchester LSO, das Lucerne Festival und die 2019 gegründete Stiftung Neues Theaterhaus Luzern sowie weitere private Geldgeber.
Ausstellung des Siegerprojekts & der 11 besten Projekte
Das Siegerprojekt des Neuen Luzerner Theaters und die elf weiteren Projekte der zweiten Wettbewerbsrunde werden vom 16. Dezember 2022 bis am 29. Januar 2023 in der Luzerner Kornschütte im Rathaus öffentlich ausgestellt. Ergänzend zur Ausstellung finden verschiedene öffentliche Veranstaltungen statt (siehe unten).
Auszug aus dem Veranstaltungskalender
- 15. Dezember 2022, 18-19.30 Uhr: Vernissage
- 10. Januar 2023, 18-20 Uhr: Öffentliche Führung
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