Text: Blogredaktion
Die Maturaarbeiten von fünf Gymnasiastinnen und Gymnasiasten aus der Zentralschweiz sind mit dem Preis «Fokus Maturaarbeit» 2025 ausgezeichnet worden. Der Wettbewerb, der bereits zum 14. Mal stattgefunden hat, würdigt herausragende Maturaarbeiten und fördert den Austausch zwischen den Gymnasien der Region – in diesem Jahr erstmals mit Beteiligung des Kantons Zug.
In Kürze:
- Bereits zum 14. Mal wurden bei «Fokus Maturaarbeit» besonders gute Maturaarbeiten aus der Zentralschweiz ausgezeichnet – dieses Jahr erstmals auch mit Arbeiten aus dem Kanton Zug.
- «Fokus Maturaarbeit» würdigt kreative, forschungsstarke Arbeiten und fördert den Austausch zwischen Gymnasien in der Region.
- Fünf Gymnasiastinnen und Gymnasiasten haben in fünf verschiedenen Fachbereichen gewonnen. Sie erhielten eine Urkunde und 500 Franken Preisgeld. Die prämierten Arbeiten behandelten Themen wie Künstliche Intelligenz bei Drohnen, Blockchain im Kanton Zug, Rassismus in der Kunst, Verschwörungstheorien und Mikroplastik im Abwasser.

Bereits zum 14. Mal zeichnete der Wettbewerb «Fokus Maturaarbeit» 2025 herausragende Abschlussarbeiten von Gymnasiastinnen und Gymnasiasten aus der Zentralschweiz aus. Die 44 eingereichten Arbeiten stammen aus den Kantonen Luzern, Obwalden, Nidwalden, Schwyz, Uri – und neu auch Zug.
Gabrijela Pejic-Glisic, Leiterin der Luzerner Dienststelle Gymnasialbildung, würdigte die Preisträgerinnen und Preisträger mit folgenden Worten: «Wir sind zusammengekommen, um die besten Maturaarbeiten der Zentralschweizer Gymnasien auszuzeichnen. Ein Abend, der dem Denken, dem Fragen, dem Forschen gewidmet ist. Und vor allem: dem Mut, eigene Wege zu gehen. Wir feiern junge Menschen, die sich mit Neugier, Ausdauer und Leidenschaft einem Thema gewidmet haben – und daraus etwas geschaffen haben, das weit über eine gute schulische Leistung hinausgeht: eine Maturaarbeit, die berührt, herausfordert, begeistert und inspiriert.»
Die Gewinnerinnen und Gewinner im Überblick

Eine Jury aus Wissenschaft, Kultur, Bildung und Wirtschaft kürte in fünf Kategorien je eine Gewinnerin oder einen Gewinner. Sie erhalten neben einer Urkunde ein Preisgeld von 500 Franken.
Kategorie «Physik, Mathematik, Informatik und Technik»: Maurice Zemp, Kollegium St. Fidelis Stans

Maurice Zemp hat in seiner Maturaarbeit «Reinforcement Learning basiertes Drohnenracing – Entwicklung einer Simulationsumgebung und Anwendung auf Nanocopter mittels selbst entwickeltem Motion-Capture-System» eine eigene Trainingsumgebung für Drohnen entwickelt. In dieser lernen die Drohnen mithilfe künstlicher Intelligenz (Reinforcement Learning) selbstständig das Fliegen. Zusätzlich baute er ein günstiges Kamerasystem, das die Drohne in Echtzeit sehr genau verfolgen kann. Beides wurde so kombiniert, dass die Drohne das Gelernte aus der Simulation erfolgreich in der echten Welt anwenden konnte – und dabei fast doppelt so schnell flog wie mit herkömmlichen Methoden. Die Maturaarbeit wurde von Urs Zellweger betreut.
Kategorie «Sozialwissenschaften»: Jan Carl Peter Krolzig, Kantonsschule Alpenquai Luzern

Jan Carl Peter Krolzig untersuchte in seiner englischsprachigen Maturaarbeit «FinTech and Blockchain in Canton Zug - The display of a dynamic ecosystem: Insights into the economic structure, its history and interconnections» den Standort Zug als Zentrum für Finanz- und Blockchain-Unternehmen. Er analysierte Erfolgsfaktoren, Akteure und deren Zusammenspiel im Crypto Valley. Durch kombinierte quantitative und qualitative Methoden lieferte er fundierte Einblicke in die Entwicklung der Branche. Die Arbeit überzeugte durch sorgfältige Datenerhebung, präzise Analyse und verständliche Darstellung wirtschaftlicher Zusammenhänge. Die Maturaarbeit wurde von Kerstin Herbst betreut.
Kategorie «Bildende Künste, Musik und Theater»: Jenny Tu, Kantonsschule Reussbühl Luzern

Jenny Tu untersuchte in ihrer Maturaarbeit «Schwebebereiche zwischen Harmonie und Provokation» rassistische Stereotypen über Chinesen in westlicher Kunst. Sie erfragte, warum solche Stereotypen entstanden sind und was sie über Vorurteile und Identität aussagen. Inspiriert von bekannten Künstlern verbindet sie in ihren eigenen Bildern traditionelle chinesische Motive mit kritischen Inhalten. Ihre Werke wirken zuerst vertraut, zeigen aber bei genauem Hinsehen versteckte Kritik an Rassismus und Klischees. Die Maturaarbeit wurde von Nicole Niederberger betreut.
Kategorie «Naturwissenschaften»: Jael Gürber, Kantonsschule Musegg Luzern

Mikroplastik gelangt über Abwasser in die Umwelt. Jael Gürber untersuchte in ihrer Maturaarbeit «Mikroplastik im Abwasser», wie effektiv Kläranlagen Mikroplastik entfernen und ob Mikroplastikfasern abgebaut werden können. Sie stellte fest, dass Kläranlagen einen Grossteil entfernen, manche Fasern sogar abbauen, und dass Mikroplastikkugeln seit 2016 stark abgenommen haben. Ihre Arbeit liefert neue, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zum Abbau von Mikroplastik in der Schweiz. Die Maturaarbeit wurde von Franziska Schönborn betreut.
Kategorie «Geisteswissenschaften, Literatur und Linguistik»: Lana Kronenberg, Kantonsschule Alpenquai Luzern

Lana Kronenberg untersuchte in ihrer Maturaarbeit «Im Bann der Illusion» die Ursachen und Auswirkungen von Verschwörungserzählungen aus sozialpsychologischer, religionswissenschaftlicher und philosophischer Sicht. Sie analysierte deren Merkmale und gesellschaftliche Folgen kritisch und differenziert, gestützt auf Fachliteratur und Experteninterviews. Ein Fallbeispiel das verdeutlicht, wie Verschwörungsdenken Identität stiften, aber auch demokratiefeindlich wirken kann. Die Maturaarbeit wurde von Patricia Kurt betreut.
Jael Gürber und ihre Maturaarbeit im Fokus

Jael Gürber, herzliche Gratulation zu Ihrem Sieg bei Fokus Maturaarbeit 2025. Sie haben mit Ihrer Maturaarbeit «Mikroplastik im Abwasser» in der Kategorie «Naturwissenschaften» gewonnen. Was hat Ihr Interesse für das Thema Mikroplastik im Abwasser geweckt?
Für mich war von Anfang an klar, dass ich eine naturwissenschaftliche Arbeit schreiben möchte, die sich mit einer aktuellen Thematik befasst. In Zeitungen oder auch online bin ich immer wieder auf das Mikroplastikproblem gestossen. Gemeinsam mit meiner Betreuungslehrperson kam ich dann auf die Idee, das Vorkommen von Mikroplastik im Abwasser zu untersuchen.
Was haben Sie genau untersucht und wie sind Sie bei der Untersuchung vorgegangen?
Ich habe das Abwasser auf Mikroplastik untersucht und dabei das Abwasser vor und nach der Klärung miteinander verglichen. Zudem habe ich untersucht, ob eine Art des Mikroplastiks – die Mikroplastikfasern – in der Abwasserreinigungsanlage nicht nur entfernt, sondern auch abgebaut werden. Für meine Untersuchungen konnte ich ungeklärtes und geklärtes Abwasser sowie auch Frisch-Schlammproben von der ARA Rontal beziehen. Die Proben habe ich anschliessend mit Schwefelsäure behandelt, um lebendes Material zu zersetzen. Daraufhin habe ich die Proben zentrifugiert, um das Mikroplastik vom anorganischen Material zu trennen. Der Überstand wurde dann abgefiltert, und der Filter unter dem Mikroskop ausgezählt. Die Ergebnisse habe ich in Excel analysiert und konnte so zeigen, dass ein Grossteil des Mikroplastiks im Abwasser in Kläranlagen entfernt werden kann und dass ein Teil der Mikroplastikfasern tatsächlich abgebaut wird.
Welchen Schwierigkeiten sind Sie während Ihrer Arbeit begegnet und wie konnten Sie diese lösen?
Zu Beginn war es schwierig, die richtige Methode für die Experimente zu finden. Durch mehrfaches Ausprobieren verschiedener Methoden habe ich dann die richtige gefunden.
Welche Ergebnisse haben Sie besonders überrascht und warum?
Besonders überrascht hat mich, dass der Anteil an Mikroplastikkugeln seit 2016 stark zurückgegangen ist. Mikroplastikkugeln sind sogenanntes primäres Mikroplastik, das gezielt hergestellt wird. Dieses primäre Mikroplastik wird beispielsweise Kosmetikprodukten beigefügt. Die deutliche Abnahme von Mikroplastikkugeln im Abwasser zeigt, dass zunehmend auf primäres Mikroplastik verzichtet wird, was ich als eine sehr positive Entwicklung empfinde.
Was empfehlen Sie anderen Gymnasiastinnen und Gymnasiasten, die sich in Ihrer Maturaarbeit mit einem naturwissenschaftlichen Thema befassen möchten?
Ich denke, am wichtigsten ist es, ein Thema zu wählen, das einen wirklich interessiert. Man investiert viel Zeit, und wenn man begeistert ist, fällt einem die Arbeit um einiges leichter. Ausserdem fand ich es sehr sinnvoll, eine praktische Arbeit zu machen, bei der ich im Labor tätig sein konnte. Das brachte Abwechslung, und ich konnte dadurch wertvolle Erfahrungen sammeln.
Jenny Tu und ihre Maturaarbeit im Fokus

Jenny Tu, herzliche Gratulation zu Ihrem Sieg bei Fokus Maturaarbeit 2025. Sie haben mit Ihrer Maturaarbeit «Schwebebereiche zwischen Harmonie und Provokation» in der Kategorie «Bildende Künste, Musik und Theater» gewonnen. Worum geht es in Ihrer Maturaarbeit genau?
Meine Maturaarbeit setzt sich mit der Darstellung rassischer Stereotypen gegenüber Chinesen - die Entmenschlichung, Deformierung und Degradierung ihres Erscheinungsbildes - auseinander. Im Zentrum stehen die formalen Verzerrungen physiognomischer und körperlicher Merkmale, die tief verwurzelte Vorurteile offenlegen. Dadurch ergeben sich weiterführende Fragen nach Herkunft, Identität und Geschichtskonstruktionen, die meinen gestalterischen Entwicklungsprozess leiten. Inspirationsquellen sind die afroamerikanische Künstlerin Kara Walker und der chinesische Künstler Yang Yongliang. Ihre Werke teilen Gemeinsamkeiten, die das Fundament meiner praktischen Arbeit bilden. Somit lautet meine zentrale Fragestellung: Gelingt es mir, Bilder zu entwickeln, die an gängige Seherfahrungen anknüpfen und erst bei intensiverem Betrachten als kritische Verfremdungen wahrgenommen werden?
Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen?
Als eine in der Schweiz geborene Chinesin bin ich seit meiner Kindheit mit Stereotypen in Berührung gekommen. Besonders Rassenstereotypen sind allgegenwärtig – können oft subtil, aber dennoch eindrücklich sein. Solche Inszenierungen beschäftigen und prägen mich bis heute. Schon immer hat mich die Ästhetik der chinesischen Shan-Shui Malerei fasziniert. Insofern gab mir meine Maturaarbeit die Gelegenheit, mich mit meiner ethnischen Herkunft zu befassen und mich einer Konfrontation mit den eigenen sowie fremden Vorurteilen auszusetzen.
Welche künstlerischen Mittel haben Sie eingesetzt, um Harmonie und Provokation sichtbar zu machen?
Mit Pinsel und Tusche auf Reispapier entstanden erste traditionelle chinesische Bildmotive und ästhetische Stilmerkmale sowie stereotypische Stilfiguren (analog zur afroamerikanischen Künstlerin Kara Walker), welche durch Abpause-Technik und Bleistiftvorskizzen präzise ausgearbeitet wurden. Im digitalen Teil meiner Arbeit habe ich die auf der Reispapierrolle entstandenen Bildmotive eingescannt und in Photoshop weiterbearbeitet. Durch die digitale Bearbeitung (analog zum chinesischen Künstler Yang Yongliang) konnte ich Bildelemente bewegen, kombinieren, verzerren, wiederverwenden und so völlig neue Formstrukturen entwickeln. Dieser Prozess eröffnete mir die Möglichkeit, klassische Motive weiter zu verfremden und sie in einem neuen Kontext zu präsentieren. Durch Verfremdungstechniken und Abstraktionsformen wie das Silhouettieren und die farbliche Reduktion auf Schwarz-Weiss wird es möglich auf subtile Weise verstörende Inhalte hinter einer scheinbaren Ästhetik zu verschleiern, die wir auf den ersten flüchtigen Blick wahrnehmen. Aufgrund der Bilder, die an feinsinnige Seherfahrungen anknüpfen, wird der Betrachter bei intensiverem Betrachten mit Irritation konfrontiert. Das Zusammenspiel von lieblichen, traditionellen Motiven und irritierenden Inhalten schafft einen Schwebebereich zwischen vertrauter Harmonie und fremder Provokation, erzeugt nicht nur eine ambivalente Wirkungsweise, sondern bricht mit konventionellen Bilderwartungen.
Welche Momente im Maturaarbeits-Prozess haben Sie besonders herausgefordert und wie haben Sie diese Momente bewältigt?
Der theoretische Teil dieser Arbeit behandelt neben dem Hauptthema der Rassenstereotypen u. a. kulturelle, historische und künstlerische Aspekte. So war es besonders wichtig, dass ein roter Faden zur Eingrenzung meines Themas ersichtlich ist. Der Schreibprozess stellte aufgrund der mangelnden Erfahrung im Umgang mit wissenschaftlichem Fachvokabular eine grosse Herausforderung dar. Ich musste mir ein eigenes Fachvokabular erarbeiten. Beim Überarbeiten der Texte habe ich Stunden damit verbracht, an Wörtern und Sätzen zu schleifen. Wegen der Auseinandersetzung mit meinem kulturellen Erbe entwickelte sich eine Faszination für das Themengebiet. Deshalb war es mir möglich, meine Disziplin zu bewahren und meine inneren Unsicherheiten in Bezug zum hohen Aufwand zu überwinden. Allerdings brachte die Auseinandersetzung mit einem selbst gewählten Themengebiet viel Freude mit sich.
Was bedeutet Ihnen die Anerkennung bei Fokus Maturaarbeit persönlich?
Fokus Maturaarbeit wird für immer ein Teil von mir sein. Innerhalb eines Abends ist so viel geschehen und ich habe weit mehr bekommen, als ich verdient habe: Wertvolle Erinnerungen und unvergessliche Momente wie die Würdigung und der Anblick von Freude und Stolz auf den Gesichtern meiner Mitmenschen – all dies berührt mich emotional. Die Anerkennung meiner Maturaarbeit bedeutet mir unfassbar viel, da das ausgewählte Thema mir persönlich nahesteht. Durch Fokus Maturaarbeit erhielt ich die Möglichkeit meine Maturaarbeit und meine Botschaften einem breiteren Publikum zu vermitteln. So wurde mir klar, dass alles möglich und erdenkbar ist. Die eigene Arbeit kann unbegrenzte Macht und Einfluss haben. Auch der eigene Aufwand zahlt sich in der Regel aus.

Inwiefern wird diese Arbeit Ihren weiteren Werdegang beeinflussen?
Meine Arbeit «Schwebebereiche zwischen Harmonie und Provokation» eröffnet mir sicherlich Türen zu einem möglichen Kunststudium und einer späteren Karriere im Bereich der Kunst. Die Auseinandersetzung mit Rassenstereotypen hinsichtlich der eigenen ethnischen Herkunft trug zur persönlichen Entwicklung bei. Durch die eigenen Studien habe ich neue Einsichten gewonnen. Beispielsweise ist es mir nun möglich den Ursprung rassischer Stereotypen nachzuvollziehen, wie solche Bilder in unseren Köpfen entstehen. Es fällt mir nun leichter auch andere Perspektiven zu verstehen. Darüber hinaus konnte ich meine künstlerische Entwicklung vorantreiben und die vielfältigen Möglichkeiten des Tusche-Mediums erforschen.
Was empfehlen Sie anderen Gymnasiastinnen und Gymnasiasten, welche sich in ihrer Maturaarbeit mit Bildenden Künsten, Musik und Theater beschäftigen wollen?
Hab den Mut, dich ins Extreme zu wagen! Sei laut, frech und selbstsicher, um das auszudrücken, was dir am Herzen liegt. Denn Kunst, Musik und Theater sind kraftvolle Mitteln zur Selbstentfaltung. Durch Kunst, Musik oder Theater können wir eine Geschichte erzählen oder neukonstruieren. Wir können den Menschen die Augen öffnen, indem wir sie durch unser eigenes Schaffen auf etwas aufmerksam machen. Ausserdem können wir Kunst verwenden, um gesellschaftliche Strukturen, vergangene Ereignisse oder die gegenwärtige Realität zu thematisieren, dagegen zu rebellieren oder Kritik zu üben.
Was ist «Fokus Maturaarbeit»?
«Fokus Maturaarbeit» ist ein Projekt zur Förderung und Auszeichnung besonders gelungener Maturaarbeiten aus der Zentralschweiz. Seit 2012 werden jährlich ausgewählte Arbeiten im Universitätsgebäude Luzern präsentiert – 2025 bereits zum 14. Mal. Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit der Universität Luzern, der Pädagogischen Hochschule Luzern, verschiedenen Fachhochschulen sowie der Stiftung «Schweizer Jugend forscht» und wird von der Luzerner Dienststelle für Gymnasialbildung organisiert. Sie bietet einen schulübergreifenden Einblick in die Vielfalt und Qualität der Maturaarbeiten.
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