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An der Informatikmittelschule Gelerntes in die Praxis umsetzen

Interview: Lea Gnos / Bilder: zVg.

Als Antwort auf den Fachkräftemangel in der IT bildet der Kanton Luzern seit August 2017 Informatiker/innen EFZ Fachrichtung Applikationsentwicklung mit Berufsmaturität an der Informatikmittelschule IMS Luzern aus. Hier werden Lernende auf eine vielfältige Berufstätigkeit in der Applikationsentwicklung  bzw. auf ein Studium an der Hochschule vorbereitet. Der Wissenstransfer von der Schule in die Praxis erfolgt während eines praktischen Jahres im Unternehmen. Dass die Verknüpfung von Theorie und Praxis gelingt, zeigen die IMS-Schülerin Valerie Bachmann und Ihr Praxisbildner Martin Jonen im Interview.

Valerie Bachmann ist Lernende der Informatikmittelschule Luzern. Martin Jonen und sein Team betreuen die SAP-Anwendung für das Rechnungswesen und den Zahlungsverkehr der CSS Versicherung.

 

Lea Gnos, Leiterin Berufsmaturität der Dienststelle Berufs- und Weiterbildung, traf Valerie Bachmann und Martin Jonen Mitte September am Hauptsitz der CSS Versicherung in der Stadt Luzern. Valerie Bachmann absolviert dort ihr Praktikumsjahr im Rahmen ihrer Ausbildung zur Informatikerin EFZ Applikationsentwicklung an der Informatikmittelschule Luzern. Bereits im Jahr zuvor hat sie einen Nachmittag pro Woche im Betrieb gearbeitet.

Eingang der Bildungsinstitution Fach- und Wirtschaftsmittelschulzentrum am Hirschengraben 10 in Luzern
Der allgemeinbildende Unterricht der IMS findet hier am Fach- und Wirtschaftsmittelschulzentrum in Luzern statt. Der Berufskundeunterricht hingegen wird am BBZW-Sursee besucht.

 

Weshalb haben Sie sich für den Beruf Informatikerin Applikationsentwicklung entschieden? Und warum für die Informatikmittelschule IMS?

Valerie Bachmann (VB): Dass ich den Beruf Informatikerin Applikationsentwicklung lernen wollte, war für mich relativ früh klar. Durch meinen Vater, der selber Wirtschaftsinformatiker ist, wusste ich, dass der Beruf sehr vielfältig und anspruchsvoll ist und zudem viele Weitentwicklungsmöglichkeiten bietet. Ich weiss auch, dass er sehr zukunftsträchtig ist.

 

Ich habe bei verschiedenen Lehrbetrieben geschnuppert und mich auch über die Informatikmittelschule informiert. Die IMS hat mich überzeugt, weil ich gerne zur Schule ging und mir den Schritt in die Berufswelt zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorstellen konnte. Und es war von Beginn weg klar, dass ich die Berufsmaturität machen wollte. 

Martin Jonen, CSS, begleitet Valerie Bachmann von der Informatikmittelschule in ihrem praktischen Jahr
Martin Jonen, Leiter des Teams SAP-Anwendung Rechnungswesen und Zahlungsverkehr im Gespräch mit Valerie Bachmann

 

Martin Jonen, wie haben Sie resp. Ihr Betrieb die CSS von der Informatikmittelschule

erfahren?

Martin Jonen (lacht.): Unser Team hat die IMS eigentlich erst durch Valerie kennengelernt. Wir haben uns schon länger überlegt, Lernende in unserem Team auszubilden, das aber bisher nicht umgesetzt. Als uns unsere Berufsbildungsverantwortliche dann vor etwa eineinhalb Jahren die Blindbewerbung von Valerie weitergeleitet hat, waren wir sofort interessiert. Nach einem Schnupperhalbtag haben wir uns dafür entschieden, Valerie in unser Team aufzunehmen und sie in ihrer beruflichen Ausbildung zu begleiten. Zuerst während einem Jahr im Rahmen des Schnupperpraktikums von einem Halbtag pro Woche und jetzt seit August 2020 im einjährigen Vollzeitpraktikum. 

 

Welchen Herausforderungen haben Sie sich während Ihrer bisherigen Ausbildung an der IMS gestellt? Konnten Sie sie meistern?

Valerie Bachmann: Die grösste Herausforderung ist sicher, in der Schule gelernte Theorie in die Praxis umzusetzen. Ich hatte ziemlichen Respekt vor dem Praktikum. Das Schnupperpraktikum von einem Halbtag pro Woche im dritten Ausbildungsjahr hat mir geholfen, mich langsam anzugewöhnen und zu sehen, was ich kann. 

 

Haben Sie vor Valerie Bachmann bereits Lernende ausgebildet?

Martin Jonen: Die CSS Versicherung natürlich schon, unser Team ist aber Neuling in der Ausbildung. Wir hatten deshalb auch kaum Erwartungen oder einen vom Betrieb her fixen Erwartungshorizont. So gelingt es uns, ihre Ausbildung sehr individuell an ihre Persönlichkeit und ihre Vorkenntnisse angepasst auszugestalten. 

 

Welche Erfahrungen aus der Ausbildung von Valerie Bachmann haben sie bereits gemacht und welche Learnings daraus gewonnen ?

Martin Jonen: Die Herausforderungen der Ausbildung zur Informatikerin sind gross: der Job ist fachlich, technisch, kommunikativ und zwischenmenschlich sehr anspruchsvoll. Das Bild des Informatikers, der alleine in der Kammer etwas entwickelt, ist längst überholt. Valerie nähert sich der hohen Fachlichkeit (Rechnungswesen) und der komplexen Technik (SAP-Programmierung) mit grosser Selbstständigkeit und Gewissenhaftigkeit. Man merkt auch, dass sie das richtige Grundwerkzeug mitbringt: Eine eigenständige Denkweise und Strategien, um komplexe Sachverhalte rasch auffassen zu können. Jetzt benötigt sie Zeit, ihr Handwerk – bei uns ganz konkret die Programmiertechnik auf SAP – zu üben. Dabei erarbeitet sie vieles selbstständig, hält fest, reflektiert und präsentiert es uns dann. So lernt sie – und wir eben auch.

 

Was ich damit meine: Unser Team entwickelt sich mit Valerie weiter, was ich sehr wichtig finde. Als Betrieb und Team nehmen wir ausserdem unsere Verantwortung wahr, dringend benötigte Fachkräfte auszubilden und weiterzuentwickeln, indem wir unser Wissen weitergeben. 

Valerie Bachmann hat drei Jahre Unterricht an der IMS absolviert. Jetzt befindet sie sich im vierten praktischen Jahr in der ABteilung SAP-Programmierung an der CSS Luzern
Nach drei Jahren Schulausbildung an der IMS stellt Valerie Bachmann das Erlernte in einem Praxisjahr bei der CSS unter Beweis.

 

Werden Sie nächstes Jahr wieder eine oder einen Lernenden der IMS im Praktikum ausbilden?

Martin Jonen: Natürlich können wir uns vorstellen, wieder eine IMS-Praktikantin oder einen IMS-Praktikanten auszubilden. Wichtiger als die Schule, welche eine Bewerberin absolviert hat, ist uns aber, ob wir eine Person finden, die mit ihrer Arbeitshaltung und -weise in unser Team passt.

 

Fühlen Sie sich mit Ihrer Ausbildung an der IMS auf den Arbeitsalltag einer Informatikerin Applikationsentwicklung vorbereitet?

Valerie Bachmann: Im Moment bin ich noch nicht da. Ich möchte noch ganz viel von Martin und unserem Team lernen. Aber ich denke, dass ich das in einem Jahr sein werde.

 

Martin Jonen: Das sehe ich ebenso. 

 

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus? Wie soll es nach Abschluss der IMS für Sie weiter gehen?

Valerie Bachmann: Ich möchte nach der Ausbildung an der IMS an der Hochschule Luzern Digital Ideation oder Künstliche Intelligenz studieren gehen. Zum Thema Künstliche Intelligenz habe ich auch meine Interdisziplinäre Projektarbeit (IDPA) verfasst. Später würde ich gerne auch einmal im Ausland arbeiten. Ich denke, dass ich da mit meiner Ausbildung und meinen Sprachkenntnissen (ich bin zweisprachig mit Schweizerdeutsch und Koreanisch aufgewachsen) gute Voraussetzungen mitbringe.

 

Zu guter Letzt: Valerie Bachmann, würden Sie die Informatikmittelschule weiterempfehlen?

Valerie Bachmann: Ja, ich würde die IMS sicher weiterempfehlen. Wer sich wie ich für Informatik interessiert, gerne zur Schule geht und sich gut selber organisieren kann, ist an der Informatikmittelschule am richtigen Ort. 

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