Text: Romy Villiger
Es vergeht kaum ein Wochenende ohne Schlagzeilen zu Jugendgewalt. Zahlen von Bund und Polizeien bestätigen, dass Jugendliche in der Schweiz - nach einem kontinuierlichen Rückgang - seit 2015 wieder mehr Gewalt erfahren, aber auch mehr Gewalttaten verüben. Wobei der Kanton Luzern laut einer Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW etwas aufatmen kann.
Vandalismus, Raub, Körperverletzung, Drohungen in den sozialen Medien - Meldungen über Jugendliche, die Opfer von Straftaten wurden oder selber Delikte verübten, machen betroffen. Sie beschäftigen die Polizei ebenso wie Schulpersonal und Eltern. Eine nationale Studie zum Thema Jugenddelinquenz zeigt nun: Der Kanton Luzern steht diesbezüglich im Vergleich zur gesamten Schweiz gut da. Ob Opfer oder Täter/in - die Raten in unserem Kanton sind praktisch in allen Bereichen tiefer, teilweise sogar deutlich. Ebenfalls erfreulich: Luzerner Jugendliche schwänzen den Schulunterricht weniger oft, als ihre Kolleginnen und Kollegen in den anderen Kantonen.
Signifikant tiefer sind die Opferraten im Kanton Luzern gemäss Studie bei Körperverletzungen, Drohungen in den sozialen Medien und schwerer elterlicher Misshandlung. Auch bei der sogenannt selbstberichteten Delinquenz, das heisst bei den Delikten, über welche Täterinnen und Täter von sich aus berichten, finden sich im Kanton Luzern durchgehend tiefere Raten als in der gesamten Schweiz. Signifikant ist dieser Unterschied beispielsweise bei den Delikten Graffiti und Gruppenschlägereien. Verglichen mit den Ergebnissen für die gesamte Schweiz, ist die Quote im Kanton Luzern in beiden Bereichen knapp halb so hoch. Die Aussagen zur Studie gelten für den Zeitraum Frühling 2020 bis Frühling 2021.
In Luzern wird auch weniger die Schule geschwänzt
Zudem gehen Luzerner Jugendliche scheinbar lieber zur Schule als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Kantonen. 11.8% der befragten Luzerner Jugendlichen gaben an, in den letzten zwölf Monaten einen ganzen Tag oder mehr die Schule geschwänzt zu haben. Bezogen auf die gesamte Schweiz sind es signifikant mehr, nämlich 16.9%. Bei den schulbezogenen Fragen fällt ausserdem auf, dass den Aussagen «Wenn ich umziehen müsste, würde ich meine Schule vermissen» und «die meisten Tage gehe ich gern zur Schule» in Luzern klar häufiger zugestimmt wird als in der übrigen Schweiz. Auf der anderen Seite erhält die Aussage «In meiner Schule werden viele Drogen konsumiert» im Kanton Luzern bedeutend mehr Ablehnung.
Präventionsarbeit der Luzerner Polizei zahlt sich aus
Die positiven Ergebnisse der Studie freuen und überraschen gleichermassen. Erwin Gräni, Chef Prävention der Luzerner Polizei, ordnet ein und meint dazu: «Aus polizeilicher Sicht steht als Massnahme gegen die Jugendkriminalität neben der Repression die Prävention im Vordergrund. Die Luzerner Polizei unterrichtet auf allen Stufen der Sekundarstufe flächendeckend zu den Themen Umgang mit Sozialen Medien, Alkohol/Drogen und Gewalt. Die Studie bestätigt, dass sich die umfangreichen Investitionen von Polizei und Schule in die Präventionsarbeit bei den Jugendlichen im Kanton Luzern positiv auf deren Delinquenz auswirken».
Über 500 Luzerner Jugendliche nahmen an Studie teil
Die Studie «Jugenddelinquenz in der Schweiz» ist eine vom Schweizer Nationalfonds geförderte Studie und Teil der weltweit grössten internationalen Umfrage zur selbstberichteten Delinquenz (International Self-Reported Delinquency Survey, ISRD). Es handelt sich dabei um ein fortlaufendes Projekt, welches derzeit mit der vierten Erhebungswelle in Umsetzung ist. Mehr als 50 Länder nehmen daran teil. In der Schweiz wird die Studie von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) durchgeführt. An der letzten Befragung im Frühling 2021 nahmen rund 11'000 Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren aus 24 Kantonen in allen Sprachregionen teil. Sie bearbeiteten die Online-Befragung im Zeitraum zwischen Februar und Mitte Juli 2021. Erstmals wurden auch online verübte Taten erhoben.
Die Dienststelle Volksschulbildung unterstützte die Teilnahme der Sekundarschulen an der Studie. Die Auswahl der Klassen im Kanton Luzern erfolgte zufällig und durch die Studienleitung. Die einzelnen Klassen mit insgesamt 511 Jugendlichen nahmen selbstständig, zu einem von den Klassenlehrpersonen frei gewählten Zeitpunkt, unter der Aufsicht der Lehrperson an der Befragung teil.
Die Befragung war in drei Teile gegliedert:
1. Viktimisierungserfahrungen:
Hier berichteten die Jugendlichen über ihre Opfererfahrungen. Sie gaben an, ob sie schon einmal Opfer von Raub, Körperverletzung, Diebstahl, Hasskriminalität oder elterlicher Gewalt wurden. Gefragt wurden sie in dieser Rubrik auch nach Drohungen in den sozialen Medien und sexueller Belästigung im Netz.
2. Selbstberichtete Delinquenz:
In diesem Bereich gaben die Jugendlichen an, ob sie selber bereits Delikte begangen haben. Gefragt wurden sie nach Graffiti, Vandalismus, Ladendiebstahl, Einbruch, Raub, Waffe tragen, Gruppenschlägerei, Körperverletzung, Drogenhandel, sexueller Belästigung online etc.
3. Aussagen zur Schule:
Im dritten Teil der Befragung konnten sich die Jugendlichen dazu äussern, wie stark sie mit ihrer Schule verbunden sind und wie sie die Probleme in der Schule wahrnehmen. Zuletzt mussten sie die Frage beantworten: «Hast du in den letzten 12 Monaten für einen ganzen Tag oder länger unerlaubt die Schule geschwänzt?».
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