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Stefan Sägesser nach dem Rücktritt: Von Grosskindern, Geburtstag & Geheimnissen

Interview: Vera Bergen 

Nach acht Jahren hat Stefan Sägesser Ende März 2023 seinen letzten Arbeitstag als kantonaler Kulturbeauftragter. Zum Abschied blickt er auf die bewegte Zeit zurück und gibt Einblick in seine Zukunft, die unter anderem mit Tennis, Politik und - wie könnte es anders sein - Kultur zu tun hat.

Porträt des kantonalen Kulturbeauftragten Stefan Sägesser
Stefan Sägesser hat die kantonale Kulturförderung im Mai 2015 übernommen. (Quelle: Stefan Sägesser).

Stefan Sägesser, Sie haben acht Jahre lang die Kulturabteilung des Kantons Luzern als Kulturbeauftragter geführt. Eine bewegte Zeit. Was wird Ihnen in Erinnerung bleiben?

Vieles. Ich könnte jetzt stundenlang erzählen: Sicher die Geschichten über die «Salle Modulable» hin zu einem «Neuen Luzerner Theater», über Sparmassnahmen und die Reaktionen der Kulturszene – Gewisse erinnern sich vielleicht noch an die aus der Reuss steigenden Kulturschaffenden – bis hin zur Implementierung der regionalen Kulturförderung (auf Gesuch hin) oder der selektiven Produktions- und Werkförderung. In Erinnerung bleiben mir sicher die Verhandlungen, die Gespräche und damit natürlich die Begegnungen, welche sich über die Pandemie-Jahre intensiviert haben. Hätte ich Grosskinder, so könnte ich ihnen alles erzählen, so muss ich wohl doch noch ein Buch schreiben.

Wie hat sich die Kulturlandschaft in den Jahren Ihrer Tätigkeit als Kulturförderer verändert?

Schmunzelnd müsste ich hier sagen: Positiv. Und ernsthaft anfügen, wie toll es ist, dass sich die Kulturlandschaft in den bewegten Pandemie-Jahren hat halten können. Diese Jahre haben die vielen Kulturveranstaltenden auf der Landschaft und in der Stadt näher zusammenrücken lassen und ich hoffe, dass sich dieser Spirit halten mag und nicht – bei steigenden Kulturbesuchen – auseinanderfällt. Die Kulturszene muss sich ihren Platz zurück erkämpfen und dies geht gemeinsam besser. 

Konzertpublikum mit erhobenen Händen und Handys Richtung rot, gelb, orange erleuchtete Bühne.
Nach den Pandemiejahren haben Luzerner Kulturbetriebe wieder mehr Publikum. (Quelle: Anna-M.W./Pexels).

Stichwort Corona: Wie geht’s den Luzerner Kulturbetrieben aktuell?

Aufsteigende Tendenz. Die Museen haben einen tollen Steigerungslauf hingelegt: Bereits 2022 haben sie – im Kanton Luzern und schweizweit gesehen – ein starkes Besucheraufkommen erreicht. In der Musik und den Theaterbetrieben ist es immer noch volatil. Die Besucherinnen und Besucher sind sicher selektiver und deutlich kurzfristiger im Ausgehverhalten. Zudem legen sie einen starken Fokus auf Meet & Greet, weswegen auch Festivals gut funktionieren. Die Kantone werden zusammen mit dem Bund eine neue Studie zum Verhalten des Publikums lancieren, so dass auf die neue Saison hin eine Tendenz abschätzbar ist. 

Welche «Learnings» aus ihrer Zeit als Kulturbeauftragter werden Sie auch nach ihrem Rücktritt noch im Kopf behalten?  

Schwierige Frage. Ich habe viel gelernt in den acht Jahren und den Jahren zuvor als Präsident der Kulturförderungskommission und nehme viel mit, vor allem aus dem gemeinsam Erreichten. Das ist eine Stärke in Luzern, dass der Wille für gemeinsames Entwickeln vorhanden ist und die Türen offen stehen, auch in der Verwaltung. 

 

Was war das Schönste, das Sie in all diesen Jahren erlebt haben?

Also DAS Schönste ist irgendwie nicht fassbar. Fassbar hingegen – und das beantwortet vielleicht die Frage – sind die Menschen in der Abteilung Kulturförderung, welche über die (ich muss es nochmals erwähnen, sorry) Pandemie-Jahre einen unglaublichen Effort geleistet haben und «nebenbei» ihre angestammten Aktivitäten und Aufgaben seriös, kreativ und meist in guter Stimmung gemeistert haben. In diesem Sinne war dies das Schönste in all den Jahren und ich bin unglaublich glücklich darüber solche Kollegen und Kolleginnen wie Ursula, Albin, Silja, Elena und Markus gehabt zu haben. 

 

Worauf könnten Sie rückblickend verzichten?

Na ja, es gab immer wieder Momente, die mich etwas verzweifeln liessen. Aber auch diese, zum Glück, kurzen Momente gehören am Schluss zum Wohlbefinden dazu. Mein Naturell sucht die Herausforderung und sofern ich von einer Sache überzeugt bin, sind Widerstände durchaus motivierend. Das Selbstverständnis eines Kulturförderers –  da bin ich ja nicht alleine und war immer wieder froh um meine Kolleginnen und Kollegen – ist die eines Vermittlers zwischen Kultur und Politik, also zwischen zweier Systeme, welche sich zwar bedingen, aber nicht nur kompatibel sind.

Bevor Stefan Sägesser eine neue Herausforderung antritt, geht er auf Reisen und in ein Tenniscamp. (Quelle: Todd Trapani / Pexels)
Bevor Stefan Sägesser eine neue Herausforderung antritt, geht er auf Reisen und in ein Tenniscamp. (Quelle: Todd Trapani / Pexels)

Sie werden kurz nach ihrem Rücktritt 59 Jahre alt. Andere würden sich davor hüten, in diesem Alter nochmals auf Jobsuche zu gehen. Inwiefern macht Ihnen das Angst? Inwiefern freuen Sie sich darüber?

Da ist beides. Wobei nicht Angst das Thema ist, sondern mit der bewussten Leere umzugehen, weil ich dies eigentlich nicht kann. Die kommenden zwei Monate werden spannend und ich freue mich darauf. Ich bin auf mich selbst gespannt und zu welchen Übersprunghandlungen ich neigen werde.

 

Nach dieser Auszeit wollen sie sich beruflich neu orientieren. Was heisst das genau? Gibt es schon spruchreife Angebote?

Zuerst einmal gönne ich mir eine Auszeit und reise ins Ausland. Zum Schluss geht es noch in ein Tenniscamp. Bezüglich des Jobs: Ich hatte in der Tat schnell Angebote, welche aber, bis auf zwei, alle nicht befristet waren. Die beiden befristeten werde ich ab Juni bis Ende September in Angriff nehmen. Ich habe ja mittelfristig konkrete Pläne, welche aber noch nicht spruch- bzw. druckreif sind. Man(n) soll den Tag ja nicht vor dem Abend loben.

 

Ich versuche es nochmals :-) Was wird in Zukunft unter ihrem Foto auf der Social Media Plattform «Linkedin» stehen?

Alt Kulturbeauftragter… ist zwar deutlich weniger wert als Alt Bundesrat, aber immerhin.

Stefan Sägesser wird zukünftig wieder  mehr Zeit mit seinem Amt als GLP-Grossstadtrat verbringen. (Quelle: Heinz Dahinden/Stadt Luzern).
Stefan Sägesser wird zukünftig wieder mehr Zeit mit seinem Amt als GLP-Grossstadtrat verbringen. (Quelle: Heinz Dahinden/Stadt Luzern).

Sie sind neben Ihrem Amt beim Kanton Luzern auch politisch bei der GLP tätig – unter anderem als Grossstadtrat bei der Stadt Luzern – Inwiefern werden Sie in Zukunft wieder mehr Zeit/Kraft auf dieses Amt verwenden?

Ich werde sicher wieder mehr Zeit haben und könnte ja wieder das Amt des Fraktionschefs angehen. Und das Politische interessiert mich ja in der Tat, wie auch die Debatte. In einer kleinen Fraktion, und das ist die GLP, ist die Arbeit anspruchsvoll und ich werde mich nun wieder mehr den Themen ausserhalb der Baukommission, deren Vizepräsident ich bin, widmen können.

Sie kamen in den 1990er Jahren aus dem Aargau nach Luzern – und sind geblieben. Inwiefern werden wir in Luzern weiterhin von Ihnen hören?

Ich bin ein Berner, in Zürich geboren, im Aargau zur Schule gegangen und in Luzern zu Hause. Auf jeden Fall soll man mich in Luzern auch in Zukunft sehen und hören.

 

Wenn man sich Ihren Werdegang anschaut, haben sie auffallend oft mit Kultur zu tun gehabt – unter anderem waren sie auch Leiter Veranstaltungen in der Schüür (1995-1997). Inwiefern werden Sie der Luzerner Kultur erhalten bleiben?

Eines meiner Projekte hat mit Kultur zu tun, die gehört zu meinem Leben. Ich habe selber Musik gemacht, war in der Theater- und Tanzszene zu Hause, auch bei Fumetto in der Programmgruppe (hier stoppe ich die Aufzählung) und bleibe der Kultur also erhalten, wohl eher passiv als aktiv auf einer Bühne.

Stefan Sägesser als Samichlaus verkleidet.
Stefan Sägesser ist nicht nur selbst immer gut gelaunt, er sorgt auch gerne für gute Laune in seinem Umfeld. (Quelle: BKD).

Immer gut gelaunt und mit einem Sprüchlein auf den Lippen. Das Geheimnis Ihrer «good vibrations»?

Ich habe Menschen gerne und begegne grundsätzlich allen positiv. Zudem interessiert mich, was Menschen denken, was für Ziele und Visionen sie haben, wie sie handeln, wie sie es angehen und entsprechend wie es ihnen (er)geht. Ich meine, wir sind alle eine sehr beschränkte Zeit auf Erden und unser wichtigstes Gut bleibt unser Gegenüber, wie widrig die Umstände auch sein mögen. Ich habe Freude an ihnen, meiner Arbeit und auch an meinem Leben. Wir, gerade meine Generation, sind in der Schweiz ja auch unglaublich privilegiert.


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