Text und Bilder: Elisa Müri / Pro Senectute
Das Wiedersehen ist herzlich. Der ehemalige «Senior im Klassenzimmer» (SiK), Alex Schönenberger, die damalige Lehrperson Patricia Bieri und der einstige Schüler Sandro Bucher treffen sich nach knapp 20 Jahren wieder - am Ort des ursprünglichen Geschehens: Im Klassenzimmer B1 im Schulhaus Grossfeld in Kriens.
In Kürze:
- Im Kanton Luzern engagieren sich Pensionierte seit 20 Jahren im Projekt «Seniorinnen und Senioren im Klassenzimmer» SiK.
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Sie unterstützen in allen Fächern und beim Weiterentwickeln der Sozial- und Methodenkompetenzen. Dabei schenken sie den Lernenden Zeit, Geduld und Lebenserfahrung.
- SiK wurde 2005 von Pro Senectute Kanton Luzern und der Dienststelle Volksschulbildung DVS ins Leben gerufen.
- Für die Schulen sind die Seniorinnen und Senioren eine wertvolle Ergänzung: Sie entlasten Lehrpersonen und fördern ein freundliches Miteinander im Klassenzimmer.
Sandro Bucher, angehender Rechtsanwalt und Mitglied des Krienser Einwohnerrates, strahlt, als er Alex Schönenberger die Hand reicht. Er kann sich noch lebhaft an den interessierten und zugewandten Pensionär erinnern, der die Schulklasse mit viel Wissen, Können und Freude begleitet hat. Alex Schönenberger bringt das Gesicht des kräftigen Mannes nicht mehr zusammen mit dem 5. Klässler von damals. Umso vertrauter ist die Beziehung zur Lehrperson. «Zwischen uns hat sich eine Freundschaft entwickelt», sagt Patricia Bieri, die heute als Schulleiterin der Schuleinheit Gabeldingen (Kriens) tätig ist. Im Jahr 2005, als sich die ersten Seniorinnen und Senioren, die im Klassenzimmer aktiv werden wollten, in Kriens eingefunden haben, um die Lehrpersonen kennen zu lernen, wussten die beiden: «Das passt und kommt gut. Es hat sofort gefunkt zwischen uns.»

Zusammen unterwegs
Während rund fünf Jahren haben die beiden zusammengearbeitet. Vom Natur-Mensch-Gesellschaft-Unterricht, über Französisch- Lektionen bis zum Klassenlager hat der heute 86-Jährige die Schülerinnen und Schüler der 5./6. Klasse begleitet. «Uff, die Wanderungen waren anstrengend! Aber spannend, unvergesslich und schön», lässt Bucher in seine Erinnerungen blicken. Plötzlich schmunzelt er und berichtet: «Sogar den Aufklärungsunterricht hat er souverän begleitet!» Alex Schönenberger quittiert die Erinnerungen mit einem sanften Lächeln. Er habe sich Herausforderungen schon immer gerne angenommen.
Patricia Bieri denkt freudvoll an die gemeinsamen Jahre zurück. Sie hat die Unterstützung des ehemaligen Geografie- und Sportlehrers sehr geschätzt. «Alex ist den Schülerinnen und Schülern interessiert und herzlich begegnet. Er hat den Unterricht mit seinem wertvollen Wissen und seiner angenehmen, offenen Art von Anfang an bereichert.» Das Zusammenfinden beschreiben beide als Glücksfall. Der Senior hatte keine Schwierigkeiten, seine Rolle als Fachlehrperson abzulegen und Patricia Bieri im Unterricht zu begleiten. «Im Gegenteil. Ich habe es genossen, die grosse Verantwortung abzulegen und mich den Fragen und Interessen der Kinder mit Zeit und Ruhe hinzugeben.»
Die ehemalige Lehrerin betont die Bedeutung der Zeit. Oft fehle den Lehrpersonen im Schulalltag die Zeit, sich den Anliegen einzelner Schülerinnen und Schüler zu widmen. «Alex hatte Zeit für uns. Wir Kinder pflegten eine kollegiale Beziehung zu ihm und mochten ihn», so Bucher. Alex Schönenberger hat den Schülerinnen und Schülern Geschichten erzählt, sich vorlesen lassen, die damalige Junglehrperson Patricia Bieri bei der Wissensvermittlung unterstützt und Wanderungen geplant, um nur einige seiner damaligen Aufgaben zu nennen.
23 Schulklassen von der 2. bis zur 6. Klasse
Alex Schönenberger hat in seinen knapp 20 Jahren Tätigkeit als «Senior im Klassenzimmer» nicht nur Patricia Bieris Klasse, sondern rund 16 weitere Schulklassen begleitet - in Kriens und später in Luzern. Rund 400 Kinder kamen durch ihn in Kontakt mit dem generationenübergreifenden Erleben und Lernen, dem Kernanliegen von SiK.
«Für Kinder, deren Grosseltern im Ausland verblieben oder bereits gestorben sind, war ich oft die einzige Kontaktperson der dritten Generationen. Ich glaube, sie haben diese Begegnungen geschätzt.» Bestimmt. Die Empathie, die Alex Schönenberger den Mitmenschen entgegenbringt, ist berührend. «Wenn man diese Aufgabe macht, muss man die Kinder gerne haben.» Den Schülerinnen und Schülern auf Augenhöhe zu begegnen, war das Wichtigste für den Pensionär. Er realisierte im Laufe seiner Tätigkeit als Lehrperson sowie in den vielen Jahren als «Senior im Klassenzimmer», dass das Menschliche an erster Stelle steht. Es ist fühlbar, dass diese Erkenntnis weit über das blosse Wissen hinausreicht: Der Senior begegnet seinen Mitmenschen zugewandt und liebevoll. «Erst an zweiter Stelle steht die Erziehung und an dritter Stelle die Vermittlung von fachlichen Inhalten», ist Alex Schönenberger überzeugt. Patricia Bieri pflichtet ihm bei und auch Sandro Bucher ist davon überzeugt: «Alex konnte es mit allen Schülerinnen und Schülern gut. Er war interessiert an unseren Fragen und hat uns gerne gehabt. Wir haben viel von und mit ihm gelernt.»
Infobox: 20 Jahre Seniorinnen und Senioren im Klassenzimmer

Seniorinnen und Senioren im Klassenzimmer (SiK) ist ein gemeinsames Angebot von Pro Senectute Kanton Luzern und der Dienststelle Volksschulbildung. Im Jahr 2005 wurde SiK ins Leben gerufen. Auch nach 20 Jahren ist das Angebot, welches generationenübergreifende Begegnungen ins Zentrum stellt, ein grosser Erfolg. Weitere Informationen unter lu.prosenectute.ch/SiK
Bei Pro Senectute Kanton Luzern sind über 1300 Freiwillige in unterschiedlichen Bereichen engagiert.
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Ruhestand, Wünsche und Dank
Der Senior ist heute nicht mehr im Klassenzimmer tätig. Obwohl er die zahlreichen Treppenstufen zum Schulzimmer zu Fuss überwindet, fühlt er sich körperlich nicht mehr fit genug für den turbulenten Schulalltag. Zukünftigen SiK wünscht Alex Schönenberger Offenheit und Liebe für die Lernenden. Er ermutigt die Seniorinnen und Senioren im Klassenzimmer, Neues anzunehmen, den stetigen Wandel zu akzeptieren und den Schülerinnen und Schülern Zeit und Interesse zu schenken. Patricia Bieri nickt dem Pensionär zu. Sandro Bucher hat das generationenübergreifende Lernen als durchwegs positiv erlebt: «Das ist eine gute Sache.»
Bleibende Erinnerungen
Alex Schönenberger blickt erfüllt und auch ein bisschen wehmütig zurück. «Ich war gerne SiK. Es hat mich sehr bereichert in meinem Leben, und ich konnte die Kinder auf einem Stück ihres Lebensweges begleiten.» Bestimmt geht es vielen ehemaligen Schülerinnen und Schülern so wie Sandro Bucher. Sie erinnern sich mit einem Lächeln zurück an die wohlwollende Begleitung durch Alex Schönenberger - oder durch eine andere ältere Person, die mit ebenso viel Hingabe als SiK mitwirkt, um kleine und grosse Lernschritte zu unterstützen.
Gerührt nimmt der Senior die dankenden Worte seitens Pro Senectute Kanton Luzern und der Dienststelle Volksschulbildung entgegen.
Beide Partner des Angebots SiK wünschen Alex Schönenberger, Patricia Bieri und Sandro Bucher sowie allen weiteren ehemaligen und aktiven Beteiligten das Allerbeste auf ihrem weiteren Lebensweg.

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