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Direktorin Grüner macht aus der Corona-Krise eine Ausstellung

Normalerweise schauen historische Museen zurück in die Vergangenheit. Das Historische Museum Luzern dagegen schaut derzeit voraus auf die Zeit nach der Corona-Krise und fragt: Woran werden sich die Menschen im Kanton Luzern später einmal erinnern? Dem Aufruf des Museums das Leben mit Corona festzuhalten sind viele Menschen aus der ganzen Schweiz gefolgt.

Kinderzeichnungen - Coronavisrus und das Gute
Kinder besiegen künstlerisch das Coronavisrus - Eine Bilderwand aus Kriens eingesendet von Sandrine Zilber

Mit den kantonalen Museen – also dem Historischen und dem Natur-Museum Luzern – in eine neue Zukunft starten, das war mein Auftrag, als ich Anfang Februar meine neue Stelle als Direktorin der Museen antrat. Ich ging mit viel Begeisterung an die Sache, hatte ein tolles Team um mich rum, viele interessante und fordernde Aufgaben… und sechs Wochen später eine weltweise Krise, die durch alles einen Strich machte.

 

Wie so viele andere sass dann also auch die frischgebackene Museumsdirektorin zuhause fest. Auch wir Museumsleute arbeiten viel am Computer, diskutieren über Projekte und jammern über fehlende Gelder. Was unsere Jobs etwas anders macht, ist, dass wir professionelle Sammler sind.

 

Anders gesagt: Wir Museumsleute schauen die Welt danach an, was sie für unsere Sammlungen hergibt, frei nach dem Motto «heute ist morgen schon Geschichte». Wenn die kantonalen Museen 2050 eine Ausstellung machen wollten über die Corona-Krise, was würden die Besucher dort sehen können? Erklärungen zum Virus, Statistiken, Fotos… aber Fotos wovon? Und was für Gegenstände aus dem Jahr 2020 müsste es dann noch geben, um das Besondere der Corona-Krise fühlbar und verständlich machen zu können? Genau diese Fragen haben wir kurzerhand der Öffentlichkeit gestellt und die Menschen gebeten, uns Fotos davon zu schicken, was aus der Corona-Zeit für die Nachwelt erhalten werden soll. 


Grosseltern Elisabeth und Fred Stettler ttreffen im Treppenhaus ihre Enkelkinder. Bild: Elisabeth und Fred Stettler
Grosseltern Elisabeth und Fred Stettler ttreffen im Treppenhaus ihre Enkelkinder. Bild: Elisabeth und Fred Stettler

Ds Stägehuus-Träffe: Lichtblick der Woche

Jeden Freitagabend erwarten wir gespannt unsere Enkel. Ab und zu werden sie auch von ihrer Mutter, unserer Tochter, begleitet. Sie bringen uns eine mit Lebensmitteln gefüllte Tasche - unsere Wochenration. So halten wir Distanz. Sie blicken zu uns hinauf, wir blicken auf sie hinab. Meistens haben wir es richtig lustig zusammen. Für uns ist es die Aufheiterung der Woche. 

 

Weitere Bilder und Videos unter Luzern sammelt Corona 


Wir waren von den Einsendungen überwältigt! Wir bekamen über 200 Fotos, Videos und Objekte zugeschickt, die das Leben unter den Corona-Einschränkungen sehr eindrücklich erlebbar machen. Und wir haben dabei offensichtlich einen Nerv getroffen. Vom Tessin über Zürich bis nach Biel schickten uns Leute ihre Fotos. Zweimal waren wir mit dem Aufruf im Fernsehen.

 

Viele Einsender haben uns geschrieben, wie wichtig sie es finden, dass ihre Fotos, Erinnerungen und Gefühle für die Nachwelt erhalten bleiben: Leere Litfass-Säulen sprechen vom Ausfallen aller Kulturveranstaltungen; Bilder von Familientreffen durch dickes Glas berühren uns, weil sie auf so einfache Weise so viel sagen. Daneben Toilettenpapier und Schutzmasken, im Alltag, künstlerisch verwertet, zu Osterhasen verbastelt und als Geburtstagsgeschenk. Immer wieder leere Innenstädte und klarer blauer Himmel ganz ohne Kondensstreifen.  


Bild von Otto Emmenegger
Bild von Otto Emmenegger

"Bitte halten Sie 2 Meter Abstand" - steht auf dem Schild in einem WC-Raum eines Gasthaus 10 Tage nach der vom Bundesrat beschlossenen Lockerungen und der Wiederaufnahme des Restaurantsbetriebs. 

Das Foto «Roter Löwen» ist von Otto Emmenegger, datiert 21. Mai 2020 mit dem Titel «Distanz mit Anziehungskraft» und aus dem Gasthaus Roter Löwen in Hildisrieden.

 

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Luzern sammelt Corona 


Auf unserer Webseite haben wir eine Auswahl der Fotos und Geschichten in einer digitalen Ausstellung zusammengestellt. Wir sind dabei, Gegenstände für unsere Sammlung auszuwählen, die auf den Fotos und in den Videos zu sehen sind. Wir wollen auch Firmen anschreiben und sie um bestimmte Dinge bitten, die es nur in der Corona-Zeit gibt. Wir sammeln zusätzlich Berichte aus den Medien, zum Beispiel Voraussagen, wie es weitergeht, oder Erklär-Videos, wie der Virus sich verbreitet. 

 

Und dazwischen denke ich immer wieder: Wenn es die Museen nicht geben würde, wer würde diese Erinnerungen bewahren?

Historisches Museum Luzern 

 

Das Bild auf der Frontseite des Blog-Beitrags kommt von Denis Limacher (Signfactory) und trägt den Titel Abstandsmarkierung Corona.

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