Text: Vera Bergen
Bilder: Luzerner Polizei
Alle Jahre wieder: Seit 1965 treten die Schülerinnen und Schüler der Volksschulen im Frühling zur Veloprüfung an. Was einst mit einem einzelnen Polizisten begann, ist heute Teil des Lehrplans und sorgt seit Generationen für mehr Sicherheit, Stolz und bleibende Erinnerungen. Immer wieder hat sich die Prüfung dem veränderten Verkehrsaufkommen angepasst, und mittlerweile sind auch digitale Inhalte fester Bestandteil des Verkehrs-Unterrichts.
In Kürze:
- Die Veloprüfung und Verkehrserziehung generell hilft Kindern und Jugendlichen, sicher mit dem Velo im Strassenverkehr unterwegs zu sein.
- Die Luzerner Polizei und die Lehrpersonen bereiten die Kinder gemeinsam vor. Sie üben mit ihnen das Verhalten im Verkehr – sowohl theoretisch als auch praktisch.
- Die erste Veloprüfung im Kanton Luzern fand 1965 statt. Seitdem ist sie ein fester Bestandteil des Verkehrskundeunterrichts und findet meistens in der 5. oder 6. Klasse statt.
- Verkehrserziehung wirkt. Auch dank der Verkehrserziehung gibt es heute viel weniger schwere Unfälle mit Kindern im Kanton Luzern.
- Heute helfen digitale Lernmittel wie Radfahrertest.ch und der Unterricht berücksichtigt auch neue Verkehrsmittel wie E-Bikes und Gefahren wie Handys.
Jedes Jahr im Mai und Juni ist in der ganzen Schweiz Veloprüfungszeit: Kinder und Jugendliche mit gelben oder orangen Westen fahren mit dem Velo auf der Strasse von Kontrollpunkt zu Kontrollpunkt. Der Blick ist konzentriert und manchmal zittert es noch etwas, wenn der Arm zum Zeichen des Abbiegens herausgestreckt wird.

Erinnerungswürdige Momente
Viele von uns versetzt dieser Anblick sofort zurück in die eigene Schulzeit: Fast jede und jeder hat die Veloprüfung gemacht – und viele erinnern sich noch Jahre später daran. Wird sie angesprochen, geht oft ein Leuchten über die Gesichter und schnell wird die Nervosität vor der Prüfung, der Nervenkitzel beim Linksabbiegen oder der Stolz über null Fehler zum Gesprächsthema. Denn wer hätte vor 60 Jahren geahnt, dass die Veloprüfung und Verkehrserziehung zu solch einem prägenden Erfolgsmodell werden würden?

Wie damals ist die Motivation auch heute noch gross, die Prüfungsstrecke ohne Fehler zu schaffen. Denn dann winkt zur Belohnung eine goldene Auszeichnung. Von einem bis zu fünf Fehlern gibt es ein silbernes Zertifikat. Aber auch Kinder, die mehr als fünf Fehler haben, werden zur Motivation ausgezeichnet. «In erster Linie geht es bei der Veloprüfung darum, dass alle Kinder im Kanton Luzern lernen, sich sicher und selbständig im Verkehr zu bewegen», sagt Erwin Gräni, Chef Prävention bei der Luzerner Polizei.
Wie alles begann: Die ersten Veloprüfungen im Kanton Luzern
Doch seit wann lernen Schülerinnen und Schüler im Kanton Luzern das korrekte Velofahren in der Schule? Im 200-Jahre-Jubiläumsbuch der Kantonspolizei Luzern heisst es: «Im Dezember 1941 erklärte die Kantonspolizei ihre Bereitschaft zur Erteilung von Verkehrsunterricht. Nach dem Krieg wurde dann das Vorhaben tatsächlich in die Tat umgesetzt, und zwar vorerst in der Stadt Luzern und in der Agglomeration.» Als offiziell erstes Jahr, in dem die Stadtpolizei Luzern praktische Veloprüfungen durchführte, wird das Jahr 1965 genannt. Die Stadt Luzern war damit im Kanton Luzern eine Vorreiterin. Die Landgemeinden folgten später.
Auch auf Seiten der Kantonspolizei entwickelte sich ab 1965 die Verkehrserziehung kontinuierlich weiter. In diesem Jahr wurde «erstmals ein Polizeibeamter bestimmt, welcher die Tätigkeit der Verkehrsinstruktion aufnahm. Zu dieser Zeit wurde die Verkehrsinstruktion noch grösstenteils sporadisch durchgeführt», heisst es in einer Abschlussarbeit über die Geschichte der Verkehrserziehung der Kantonspolizei Luzern – geschrieben von einem ehemaligen Mitarbeiter der Kantonspolizei im Jahr 1998.
Verkehrserziehung nimmt Fahrt auf
Ab dann ging es aber Schlag auf Schlag mit der Institutionalisierung der schulischen Verkehrserziehung. 1966 wurde ein zweiter Polizeibeamter bestimmt, der insbesondere Schulen in verkehrsreichen Gemeinden regelmässig besuchte. Mit dem Bevölkerungswachstum kam 1967 ein dritter Beamter dazu, 1969 ein vierter, die alle gezielt als Verkehrserzieher eingesetzt wurden. Das Jahr 1970 bildet einen weiteren Meilenstein: Zum ersten Mal führten Kantonspolizisten in den Schulen Veloprüfungen durch, bei denen Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klasse theoretisch und praktisch auf ein sicheres Verhalten im Strassenverkehr vorbereitet wurden. Kurz danach wurde die Veloprüfung im Kanton Luzern flächendeckend eingeführt.

Die Veloprüfung heute: fixer Bestandteil des Schuljahrs
Heute ist die Veloprüfung fester Bestandteil des Lehrplans. Im Kanton Luzern absolvieren sie rund 4'000 Kinder pro Jahr – normalerweise in der 5. oder 6. Primarklasse. Die Ausbildung umfasst Theorie, praktische Übungen und einen abschliessenden Test. «Verkehrsbildung durch die Luzerner Polizei leistet einen entscheidenden Beitrag zur Sicherheit unserer Kinder - was lebensrettend sein kann», sagt Erwin Gräni.
In der Vorbereitung auf die Veloprüfung spielen neben der Polizei auch die Lehrpersonen an den Volksschulen eine tragende Rolle. Das Üben auf der Strasse – oft in Begleitung – ist zeitintensiv und verlangt viel Engagement. Weil viele Kinder im Umgang mit dem Velo unsicher sind, werden teilweise bereits in der 3. und 4. Primarklasse Geschicklichkeitsparcours in den Verkehrs-Unterricht integriert, heisst es von Seiten der zuständigen Dienststelle Volksschulbildung.
Auch das Velo selbst wird geprüft: Ist es nicht verkehrstauglich, führt das zu Fehlerpunkten. Und nicht jedes Kind besitzt ein eigenes Velo – manche müssen sich eigens für die Prüfung eines ausleihen. All das zeigt: Hinter jeder bestandenen Veloprüfung stehen nicht nur individuelle Fähigkeiten, sondern auch viel schulische Vorbereitung und der Einsatz von Lehrpersonen und Polizei.

Wirkung bestätigt
Der Aufwand lohnt sich aber. Wie wirksam die Verkehrserziehung ist, zeigen Studien der Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU sowie statistische Auswertungen: Während 1971 noch 26 Kinder im Kanton Luzern bei Verkehrsunfällen ums Leben kamen, war 2023 kein Todesfall zu verzeichnen. Auch die Zahl der Schwerverletzten ist deutlich zurückgegangen. «Verkehrsunfälle mit Kindern im Kanton Luzern bewegen sich auf einem konstant tiefen Niveau», sagt Erwin Gräni. «Das ist sicher auch auf die konsequente Verkehrsinstruktion, den praktischen Unterricht zum Beispiel bei der Veloprüfung sowie die erhöhte Sensibilisierung von Eltern und anderen Verkehrsteilnehmenden zurückzuführen.»

Die Verkehrserziehung geht mit der Zeit
Seit ihren Anfängen im Jahr 1965 haben sich nicht nur Umfang, sondern auch die Ansprüche an die Verkehrserziehung grundlegend verändert. Bereits Ende der 1960er Jahre wurde die Verkehrskunde in den offiziellen Lehrplan aufgenommen und mit der Digitalisierung wurden neue Lernformen möglich. Ein «entscheidender Wendepunkt» sei laut Gräni die Einführung von digitalen Lernmaterialien wie Radfahrertest.ch zur Verkehrsbildung. «Diese unterstützen die Kinder bei der theoretischen Vorbereitung und machen das Lernen interaktiver und praxisnaher.»
Aber nicht nur die Lernformen haben sich verändert, auch die Inhalte sind mit dem Verkehrsaufkommen mitgewachsen: «Früher lag der Fokus auf einfachen Verkehrsregeln, heute geht es um komplexes Verkehrsverhalten und die Förderung eines Sicherheitsbewusstseins auf allen Stufen», erklärt Gräni. Und die stetige Anpassung an neue Herausforderungen nimmt kein Ende. So fordern aktuell die Zunahme von digitalen Ablenkungen, dichtem Verkehr in Städten und neue Mobilitätsformen wie E-Bikes oder E-Trottinette neue Herangehensweisen im Unterricht. Und die Rolle der Eltern bleibt weiterhin entscheidend: «Es gibt Unterschiede in der Unterstützung durch die Eltern, was sich auf die Vorbereitung der Kinder auswirken kann», sagt Gräni.
Damit ist die Veloprüfung im Kanton Luzern 60 Jahre nach ihrer ersten Durchführung weit mehr als schulisches Pflichtprogramm: Sie ist ein Gemeinschafts-Projekt von Schule, Polizei und Eltern - und vielleicht sogar ein kleines Initiationsritual auf zwei Rädern.
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Anna Maria Piani (Montag, 14 April 2025 17:07)
Das war aber lange her als ich die Fahrrad Prüfung gemacht habe! Auf den ersten Anhieb bekam ich Fändchen Blau Weiß, dass würde beim Lenkrad angebunden.
Meine Fahrrad Prüfung habe ich in Sursee gemacht.
Wenn man heute den Fahrrad Lenker zuschaut bekommt man Bauchweh ��. Macht weiter so, toll
Einen schönen Gruß aus dem Süd Tirol