Text: Urban Sager, Dozent PH Luzern und Lehrer am FMZ
Auf der online-Plattform ORBIT werden digitale Lerneinheiten entwickelt, welche die klassische Lehrmethode des Leitprogramms sowohl für die Berufsmaturität als auch für den Berufsschulunterricht ins digitale Zeitalter führen. ORBIT ist ein Kooperationsprojekt der Dienststelle Berufs- und Weiterbildung (DBW), dem Fach- & Wirtschaftsmittelschulzentrum (FMZ) und der Pädagogischen Hochschule Luzern (PHLU).
2016 wurde an allen Berufsschulen und Gymnasien im Kanton Luzern die Infrastruktur so angepasst, dass sämtliche Lernende auf der Sekundarstufe II ihren eigenen Laptop in den Unterricht mitbringen können. Dies stellt die Lehrpersonen vor die Herausforderung, die neuen Technologien und digitale Lernformate in ihrem Unterricht sinnvoll einzusetzen. Das Kooperationsprojekt ORBIT unterstützt die Schulen mit einer digitalen Lernplattform – bis 2022 sollen 12 Leitprogramme in den Fachbereichen Wirtschaft & Recht, Geschichte & Politik sowie Technik & Umwelt zur Verfügung stehen.
Plattform in der Freizeit entwickelt
Die Entstehungsgeschichte von ORBIT beginnt 2018: Am FMZ Luzern hat Jan Siegwart, Lehrer für Wirtschaft und Recht, nach neuen Unterrichtsmethoden gesucht und in seiner Freizeit eine digitale Lernplattform programmiert. Auf dieser Plattform können sich seither die Schülerinnen und Schüler mit einem Laptop, Tablet oder Smartphone einloggen und in Form von digitalen Leitprogrammen individuell Kompetenzen aufbauen. Ein Leitprogramm dauert 15 bis 30 Minuten und besteht aus durchstrukturierten Lerneinheiten, welche die Unterrichtinhalte schrittweise vermitteln und durch Übungen und Kontrollfragen festigen. Auch die Lehrperson ist auf der Plattform eingeloggt und sieht bei allen Lernenden in Echtzeit, an welcher Aufgabe sie gerade arbeiten. Dadurch kann sie auf die individuellen Lernfortschritte der Klasse eingehen, direkt Feedback geben und dort unterstützen, wo jemand Hilfe benötigt.
«Das Portal ist für alle ein grosser Gewinn. Die Lernenden können in ihrem eigenen Tempo arbeiten und ihre Resultate jederzeit übersichtlich abrufen. Die Lehrpersonen können viel individualisierter auf die Lernenden eingehen, Resultate in Echtzeit einsehen und direkt Feedback geben.»
Jan Siegwart, Lehrer Wirtschaft & Recht am FMZ Luzern
Wie ORBIT in seinen Grundzügen funktioniert, erklären die Lernenden des Fach- und Wirtschafts-Mittelzentrums FMZ Luzern im Video gleich selber:
Erfolgreiche Zusammenarbeit der Luzerner Bildungsinstitutionen
Jan Siegwart setzt seine digitale Lernplattform seit Schuljahr 2018/2019 ergänzend im eigenen Unterricht am FMZ ein. Im Rahmen der ICT Projektförderung der DBW kam bald darauf eine Zusammenarbeit zwischen dem FMZ, der DBW und der PH Luzern zustande. Alle drei Institutionen sehen im Portal grosses Potential. Weil es sich dabei um eine Eigenentwicklung handelt, kann die Plattform unabhängig von bestehenden Softwarelösungen und ohne teure Lizenzgebühren den individuellen Bedürfnissen entsprechend weiter ausgebaut werden. Um das Entwicklungspotential der Plattform zu überprüfen, haben die DBW und die PH Luzern im September 2019 gemeinsam das Pilotprojekt «ORBIT» gestartet.
«Bei ORBIT werden alle Inhalte von aktiven Lehrpersonen entwickelt, getestet und evaluiert. Diese Entwicklung der Lernmedien von «unten nach oben» durch Praktikerinnen und Praktikern in den Schulzimmern garantiert einen maximalen Bezug zum konkreten Unterricht.»
Urban Sager, Lehrer Geschichte & Politik am FMZ Luzern, Dozent PH-Luzern
Unterstützung mit Bundesgeldern
2020 trat ORBIT dank finanzieller Unterstützung durch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) in eine neue, zweijährige Projektphase ein. Dabei soll nachgewiesen werden, dass sich die Lernplattform auf Stufe Berufsmaturität auch in anderen Fachbereichen sinnvoll einsetzen lässt. Um das Portal in verschiedenen Fächern zu testen, werden bis 2022 insgesamt bis zu 12 digitale Leitprogramme in den Fachbereichen Wirtschaft & Recht, Geschichte & Politik sowie Technik & Umwelt erarbeitet. Lehrpersonen schreiben diese in Autorenteams selbst und testen sie direkt mit ihren eigenen Klassen. Auf der Website «Welt von morgen» finden sich detailliertere Informationen zu den bereits erreichten Meilensteinen.
Sehr gute Evaluationsergebnisse
Dadurch, dass die Autorinnen und Autoren die selbst erstellten Module mit eigenen Klassen testen und anschliessend zwei weitere Lehrpersonen die Lerneinheiten in ihrem Unterricht einsetzen, erfolgt eine umfassende Evaluation im praktischen Unterricht durch pädagogisch-didaktische Fachpersonen.
Und auch die Lernenden werden bei jedem der drei Evaluationseinsätze nach ihrem Feedback gefragt. Die Resultate sind sehr positiv. Die Lehrpersonen loben die intuitive und bedienerfreundliche Anwendung von ORBIT, die Übersicht über den Lernstand jedes einzelnen Lernenden und die Möglichkeit, individuell Feedback geben zu können. Die Lernenden geben an, mit der ORBIT-Einheit viel gelernt zu haben und beurteilen den Unterricht in dieser digitalen Form als sinnvoll und abwechslungsreich. Spannend dabei ist, dass oft die «Abwechslung» gelobt, aber gleichzeitig bemerkt wird, dass auch weiterhin analoger Unterricht gewünscht wird. Ein Anzeichen dafür, dass die Digitalisierung von Unterricht ausgewählt, didaktisch sinnvoll und nicht als Selbstzweck erfolgen darf.
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