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Berufsschulabschlüsse 2020: Erfolgreicher Verlauf – trotz Corona

Interview: Sandra Kilchmann

Das diesjährige Qualifikationsverfahren (QV) im Berufsbildungsbereich verlief wegen Corona ausserordentlich und kam trotz den speziellen Umständen zum guten Abschluss. Roger Maurer, Prüfungsleiter Kanton Luzern beim Kompetenzzentrum Qualifikationsverfahren, hat sich in der nationalen Arbeitsgruppe dafür eingesetzt, dass die Lehrabschlussprüfungen gut über die Bühne gingen.

Kinderbetreuerin mit Kleinkindern
Wer den Lehrabschluss als Fachfrau/Fachmann Betreuung dieses Jahr machte, musste keine praktische Abschlussprüfung absolvieren.
angehender Polymechaniker mit Lehrmeister
Im Bereich der Polymechanik wurde die praktische Abschlussprüfung im Lehrbetrieb abgelegt. Bilder: Dienststelle Berufs- und Weiterbildung

Herr Maurer, Sie waren dieses Jahr Mitglied der Nationalen Arbeitsgruppe Qualifikationsverfahren 2020, die aufgrund der ausserordentlichen Lage einberufen wurde. Welche konkreten Aufgaben galt es zu lösen? 

Roger Maurer: Das neue Coronavirus wirkte sich stark auf die Qualifikationsverfahren (Lehrabschlussprüfungen) der beruflichen Grundbildung aus, was zu zahlreichen Fragen bezüglich der Durchführung führte. Wie können die Lehrabschlüsse in ihrer Gesamtheit stattfinden? Welche Prüfungen können durchgeführt werden und welche bergen Risiken für eventuelle Ansteckungen? Das oberste Ziel der nationalen Arbeitsgruppe war es, einen geordneten Lehrabschluss für die Berufslernenden zu ermöglichen. Gleichzeitig standen die Gesundheit und der Schutz vor dem Virus für alle beteiligten Personen immer an oberster Stelle. 

 

Die umfangreichen Arbeiten für ein national abgestimmtes und auf die gegebenen Umstände angepasstes Qualifikationsverfahren hat alle Mitglieder dieser nationalen Arbeitsgruppe gefordert. Ich habe auf nationaler Ebene die Haltung des Kantons Luzern einbringen können - wir wollten möglichst praxisorientierte und umsetzbare Qualifikationsverfahren ermöglichen. Von der Luzerner Teilnahme an der nationalen Arbeitsgruppe profitierten schliesslich auch die übrigen Zentralschweizer Kantone - durch die gemeinsamen Absprachen und die zeitnahen Informationen über die aktuellen Entscheide.

Sind für Sie als Kantonaler Prüfungsleiter aufgrund der Coronalage zusätzliche Aufgaben entstanden?

Um die Prüfungen trotz der Corona-Pandemie durchführen zu können, war ein koordiniertes Vorgehen enorm wichtig. Als Mitglied einer weiteren Arbeitsgruppe - der nationalen Expertengruppe KQV - galt es verbundpartnerschaftlich zu entscheiden, wie in jeder Branche und eben bei jedem der rund 250 zu prüfenden Berufe, das Qualifikationsverfahren umzusetzen war.

 

Die Vorgaben aus den nationalen Gremien haben wir auf die Gegebenheiten des Kantons Luzern adaptiert und in der kantonalen Task Force QV LU sowie durch die Chefexpertinnen und Chefexperten weiterbearbeitet. Ich fungierte dabei als Drehscheibe zwischen all den Gruppen. 

Welche war die grösste "Knacknuss" unter diesen Corona-Bedingungen?

Nach den stürmischen Monaten, die sich mit dem Ausdruck umschreiben lassen "Wo morgen nicht mehr gelten wird, was heute ist", stelle ich fest, die eine grosse Knacknuss gab es so nicht. Im Gegenteil, es waren deren viele kleine - sei es die Durchführung der Prüfungen oder die Anpassung aller digitaler Systeme, was das Qualitätsverfahren 2020 immer wieder an seine Grenzen brachte. Am Ende hat jedoch alles geklappt und das zählt: 3937 Lernende in 301 Berufen konnten ihren Lehrabschluss machen. 

 

Innerhalb der Berufsfelder gab es unzählige Sonderfälle, welche geregelt werden mussten. Es kam erschwerend dazu, dass viele Berufsbildnerinnen und Berufsbildner in den letzten Wochen und Monaten um die Existenz ihres Betriebes gebangt und gekämpft haben. Dass all diese Personen in die Ausbildung der Lernenden weiterhin Zeit investierten und sich darüber hinaus als Expertin oder Experte beim Qualifikationsverfahren engagiert haben, verdient grosse Anerkennung.  

Würden sie aufgrund der diesjährigen Erfahrungen im Nachhinein etwas anders machen, wenn wieder eine ausserordentliche Lage in der QV Zeit eintreten würde?

Nein, ich denke nicht. Aber "erstens kommt es anders und zweitens als man denkt". Doch etwas würde ich auf jeden Fall ändern - ich würde mir mehr Schlaf und Ruhephasen gönnen!

Nach dem Abschluss der Qualifikationsverfahren 2020 werden wir in den verschiedenen Arbeitsgruppen die Umstände und das Vorgehen reflektieren. Dabei erwarte ich durchaus die eine oder andere Kursanpassung für zukünftige Qualifikationsverfahren - mit oder ohne Corona-Pandemie.

 

Mein grösster Wunsch ist es, dass es eine solche ausserordentliche Lage natürlich kein zweites Mal geben wird. Wir alle können etwas dazu beitragen!

Was wird Ihnen aus QV 2020 am meisten in Erinnerung bleiben?

Die tolle Zusammenarbeit mit allen Beteiligten - und insbesondere die immer vorhandene Unterstützung durch der Dienststelle Berufs- und Weiterbildung.

 

Dank einem hohen Mass an Bereitschaft und Flexibilität unserer Chefexpertinnen und Chefexperten erhielten wir rechtzeitig die Noten der durchgeführten Prüfungen. Meine Mitarbeiterinnen im Kompetenzzentrum Qualifikationsverfahren haben die Noten - beinahe Tag und Nacht - eingepflegt. So haben wir es geschafft, alle Prüfungsergebnisse an die Prüfungsabsolventinnen und Prüfungsabsolventen bereits per Mitte Juli zu übermitteln. Darauf dürfen wir stolz sein. 

 

Für die Lernenden war es sicherlich schade, die hart erarbeiteten eidg. Dokumente nicht auf einer Bühne überreicht zu erhalten und damit diejenige Wertschätzung zu erhalten, welche sie absolut verdienen. Trotzdem - für die Lernenden ist das Qualifikationsverfahren und die Ausbildung abgeschlossen.

 

Für uns bleibt die Hoffnung, nach den Sommerferien, langsam wieder zu einem geregelten Arbeitsalltag übergehen zu können. 



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