Interview: Anita Lustenberger / Blogredaktion
Bilder: BBZN Sursee
Das Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung BBZN thematisiert in Aus- und Weiterbildungen aktuelle Herausforderungen rund um den Klimawandel. Arbeiten Landwirtschaft und Konsumentinnen und Konsumenten zusammen, lassen sich Anbaumethoden umweltfreundlicher gestalten und regionale, saisonale Produkte stärker nutzen. Renato Isella, Rektor des BBZN, über Böden, Bildung und bewussten Konsum.
In Kürze:
- Das BBZN zeigt in seinen Aus- und Weiterbildungen, wie Landwirtschaft trotz Klimawandel zukunftsfähig bleibt.
- Der Klimawandel belastet die Landwirtschaft: Hitze, Dürre, Starkregen und Schädlinge erschweren die Lebensmittelproduktion.
- Bäuerinnen und Bauern setzen bereits Massnahmen um: Zum Beispiel durch weniger Tierhaltung, klimaschonende Anbaumethoden und erneuerbare Energien.

Renato Isella, als Rektor des Berufsbildungszentrums Natur und Ernährung BBZN begleiten Sie angehende Landwirtinnen und Landwirte während ihrer Ausbildung. Welche Herausforderungen bringt der Klimawandel für die Landwirtschaft und die Nahrungsmittelproduktion mit sich?
Der Klimawandel wirkt sich stark auf die Landwirtschaft und das gesamte Ernährungssystem aus. Bei der Herstellung, Verarbeitung und dem Konsum von Lebensmitteln entstehen Treibhausgase wie CO₂, Methan und Lachgas, die den Treibhauseffekt verstärken und die Erderwärmung beschleunigen.
Dies hat weitreichende Folgen für die landwirtschaftliche Produktion: Höhere Temperaturen, häufigere Hitzewellen und Dürren sowie stärkere Niederschläge setzen Böden, Pflanzen und Tieren zu. Wasserknappheit, Bodenerosion und die Zunahme von Schädlingen erschweren die Versorgung mit Lebensmitteln zusätzlich. In bestimmten Regionen wird es dadurch immer schwieriger, eine stabile und sichere Nahrungsmittelproduktion aufrechtzuerhalten.
Wie vermittelt das BBZN Lernenden und Weiterbildungsteilnehmenden Kompetenzen im Umgang mit dem Klimawandel in der Landwirtschaft?
Die Anpassung landwirtschaftlicher Praktiken an den Klimawandel ist eine zentrale Aufgabe. Genau hier setzt das BBZN an – sowohl in der Ausbildung von Lernenden als auch in der Weiterbildung von Landwirtinnen, Landwirten und Bäuerinnen. Dazu gehören z.B. Kurse und Beratungen zu humuserhaltenden Bodenbearbeitungstechniken, zum Humusaufbau oder die Förderung von sogenannten Key Line Produktionsverfahren, was die Wasserspeicherungsfähigkeiten der Böden verbessert. Der Ausbau von Mischkulturen oder Agroforst-Produktionssystemen trägt ebenfalls zur Klimaresilienz bei.
Die Umstellung auf eine klimafreundlichere Landwirtschaft bringt jedoch auch wirtschaftliche Herausforderungen mit sich. Deshalb ist es entscheidend, diesen Wandel gut zu planen, sozialverträglich zu gestalten und die Betriebe bei der Umsetzung gezielt zu unterstützen.
Welchen Wandel braucht unser Ernährungssystem, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen?
Das Ernährungssystem muss klimafreundlicher und widerstandsfähiger gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels gestaltet werden. Eine zentrale Rolle kommt dabei einer veränderten Ernährung zu – insbesondere einem höheren Konsum von pflanzlichen Lebensmitteln wie Hülsenfrüchten und einem geringeren Fleischkonsum.
Für die Landwirtschaft bedeutet das, bei sinkendem Fleischkonsum die Tierbestände entsprechend anzupassen und den Import von Futtermitteln zu reduzieren. Dadurch werden Flächen für den Anbau von Lebensmitteln frei und es gibt zugleich weniger klimaschädliche Emissionen. Weitere wichtige Schritte sind der gezielte und effiziente Einsatz von Düngemitteln, die Erhaltung des Kohlenstoffs im Boden sowie die Nutzung erneuerbarer Energien. Zahlreiche Betriebe setzen solche Massnahmen bereits um. Auch der Handel und die Konsumentinnen und Konsumenten zeigen zunehmend Bereitschaft, ihren Beitrag zu leisten.

Es werden bereits Massnahmen umgesetzt. Was sollte darüber hinaus gemacht werden?
Darüber hinaus sind vielfältige Massnahmen in der Land- und Ernährungswirtschaft nötig: Grundsätzlich sollten Produzierende, Konsumenten und Konsumentinnen und die Gesellschaft im Allgemeinen mehr zusammenrücken.
Zudem braucht es robuste Pflanzen- und Tierrassen, wie z.B. trockenheits- und hitzetolerante Kulturen wie Sorghum, Quinoa oder Hülsenfrüchte (z.B. Erbsen), gesunde Böden, Hecken und Bäume helfen Wasser zu speichern. Nützlinge wie Laufkäfer, Schlupfwespen und Co helfen dabei schädliche Insekten in Schach zu halten. All das leistet einen wichtigen Beitrag. Viele Betriebe, Händler und Konsumierende sind bereits auf diesem Weg – doch es braucht weiterhin gemeinsames Handeln und gegenseitige Unterstützung.

Inwiefern können Konsumentinnen und Konsumenten ihren Anteil daran leisten?
Auch das Konsumverhalten muss sich verändern, um eine klimafreundlichere Ernährung zu ermöglichen. Dabei spielt Information eine zentrale Rolle: Konsumentinnen und Konsumenten sollten über die Auswirkungen ihrer Ernährungsweise aufgeklärt und zu einem bewussteren Verhalten motiviert werden.
Der Kauf von saisonalen und regionalen Produkten etwa verkürzt Transportwege und senkt dadurch die damit verbundenen Emissionen. Zudem sind Lebensmittelabfälle nicht nur eine Verschwendung wertvoller Ressourcen, sondern verursachen auch Treibhausgase – bei Produktion, Verarbeitung und Entsorgung. Ihre Reduktion ist daher ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz.
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